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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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Angie und ihre Mutter hatten recht – ich wusste so gut wie gar nichts. Und was ich wusste, machte mir Angst. Ärzte, Babysitter, andere Hilfen, besondere Schulen, Diäten, Behandlungen. Das alles würde ein Vermögen kosten. Immerhin gab es den Treuhandfonds, aber ich fürchtete, dass wir den innerhalb von zwei Jahren durchbringen würden. Ich hatte Arbeit zu einem hohen Tagessatz in Aussicht, aber eben nur für zwei Wochen. Und dann das Problem mit der Zeit! Wie sollte ich arbeiten, wenn ich mich um das Kind kümmerte? Ich konzentrierte mich auf die Frage nach dem Geld, um alles andere ausblenden zu können. Typische Feigheit eines Ko-Abhängigen.
    In dem Augenblick, als er begriff, dass wir den Charger nicht behalten würden, fing er an zu weinen. Den ganzen Weg vom Tresen der Autovermietung bis zum Check-in-Schalter schluchzte er und hing an meinem Arm wie ein Anker. Ich beging den Fehler, ihn zu bestechen, indem ich ihm ein Eis versprach, und musste, kaum hatten wir die Sicherheitskontrolle passiert, feststellen, dass es keins gab. Als ich versuchte, ihn hochzunehmen, brüllte er, als hätte ich ihn angezündet. Und als ich ihn wieder absetzte, schlang er Arme und Beine um mein linkes Bein und setzte sich auf meinen Fuß. Ich humpelte weiter, wobei ich das Bein mit der Last in weitem Bogen über den Boden zog, um mit jedem schmerzenden Schritt möglichst viel Strecke zu machen. Den ganzen Weg bis zum Gate jammerte er unaufhörlich: »Nille. Nille.«
    Endlich im Wartebereich angelangt, ließ ich mich auf den nächsten freien Stuhl fallen. Kid kletterte auf meinen Schoß, zog eins seiner Autobücher aus der Tasche und blätterte wie besessen darin. Ich wollte mein Gewicht etwas verlagern, damit wir es beide bequemer hatten, und dabei kippte sein Kopf nach hinten, direkt auf meine Nase. Es tat höllisch weh.Am liebsten hätte ich ihn quer über den Gang geworfen. Ich tat es nicht. Ich hielt an mich.
    Dann fing das mit den Lautsprecherdurchsagen an.
    »Wir bitten die Passagiere Everett Unverständlich und Bob Murmelknatter, zu Gate B4 zu kommen. Das Boarding für Ihre Maschine ist fast abgeschlossen.« Es konnte auch Gate C-, D- oder E4 geheißen haben und statt Everett Edward. Die dröhnende Stimme war eingebettet in lautes Knistern, Quietschen und Scheppern. Mein Junge ließ sich von meinem Schoß auf den Boden gleiten, hielt sich die Ohren zu, kniff die Augen zusammen und stieß ein furchtbares, schrilles Kreischen aus. Ich strich ihm ein paarmal über den Rücken, um ihn zu beruhigen, aber die Berührung machte es nur noch schlimmer.
    »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich Sie den Sicherheitskräften gemeldet habe. Ich habe Sie beobachtet. Es ist eine Schande, wie Sie das Kind behandeln.« Eine beleibte ältere Dame in einem geblümten Sommerkleid stand vor mir und beugte sich zu mir herunter. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt. Sie sah aus wie Barbara Bush, nur bösartiger. Peinlich berührt versuchte ein Mittzwanziger in knittrigem Leinenanzug und weißen Schnürschuhen, sie am Arm von mir wegzuzerren.
    »Lass es gut sein, Großmutter. Du hast getan, was du konntest. Überlass den Rest der Polizei.«
    »Ich werde für diesen Jungen beten«, schnaubte sie. Es war eine Drohung.
    Mit einem Mal waren die verzerrten Ansagen zu Ende. Der Junge hörte auf zu schreien und setzte sich wieder hin.
    »Scheint so, als würde es helfen«, sagte ich.
    »Jesus sieht Sie.«
    Ich ließ ihr das letzte Wort.
    Das Gate-Personal rief unseren Flug auf, und wir stelltenuns mit den anderen Familien mit Kindern in eine Reihe. Aus dem Augenwinkel sah ich zwei Uniformierte näher kommen – die Sicherheitsleute. Sie sahen nicht so aus, als wären sie an langen Erklärungen interessiert.
    »Entschuldigen Sie, Sir. Ist das Ihr Kind?«
    Zwei Schritte trennten uns noch vom Boarding.
    »Würden Sie bitte aus der Reihe heraustreten?«
    Kid schlurfte mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern neben mir her. Er sah genauso aus, wie ich mir ein misshandeltes Kind vorgestellt hätte.
    »Gibt es ein Problem?« Ich bemühte mich um ein entspanntes, freundliches Lächeln. Darin bin ich nicht besonders gut.
    »Bei uns ist der Hinweis eingegangen, dass hier ein Kind körperlich misshandelt wird.«
    »Meinem Sohn geht’s gut. Schauen Sie ihn sich an.« Im Stillen verfluchte ich alle aufdringlichen Großmütter.
    Der Cop ging in die Hocke und musterte den Jungen. Der hielt dem Blick mit finsterer Miene stand.
    »Erzähl mal, Kleiner. Geht’s dir

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