minderjährig.
Herzlich,
Emilio De Marchi Commissario Emilio De Marchi
Von:
[email protected] Gesendet: heute 21:44
An:
[email protected] Betreff: kein Betreff
Ciao! Ich mail dir jetzt mal, das geht schneller. Heute habe ich den ganzen Tag in der Bibliothek gearbeitet, jede Menge recherchiert und sehr wenig geschrieben … Der Prof sagt, das ist wie der Teil des Eisbergs, der unter Wasser ist: man muss zehnmal mehr lesen, als am Schluss an Geschriebenem herauskommt. Nichtsdestoweniger ist es eine stressige Arbeit … außerdem muss ich bei Eisbergen immer an die Titanic denken;-)
Jetzt möchte ich wissen, wie’s dir geht - schließlich haben wir uns seit der Fasnacht praktisch nicht gesehen. Die Polizei hat mich verhört. Sie wollten wissen, was du zu mir gesagt hast und wohin wir gegangen sind. Warum, was ist los? Sie sind überzeugt, dass du was über Pellanda und Vassalli weißt, stimmt’s? Und was weißt du wirklich?
Mir ist klar, dass dich dieser Fall sehr in Anspruch nimmt, aber bitte rede mit mir! Gemeinsam stehen wir die Situation doch viel besser durch. Oje! Jetzt ist mir ein Gemeinplatz unterlaufen - entschuldige, aber ich muss dieses Mail in einem Zug schreiben, denn wenn ich es noch mal lese, trau ich mich nicht, es abzuschicken. Jedenfalls: will nur sagen, dass ich in Gedanken bei dir bin und mir eine baldige Antwort wünsche!!
Gute Nacht!
F.
Sehr geehrter Herr Porta,
Herr Rechtsanwalt Giorgio Calgari hat sich mit der von Ihnen und anderen Grundeigentümern aus der betroffenen Zone ergriffenen Einsprache gegen die Erweiterung des Wasserkraftstausees in Malvaglia befasst. Das Thema ist recht heikel.
In Ausübung des der Eidgenossenschaft gemäß Art. 22ter BV erteilten Auftrags, allgemeine Normen aufzustellen, auf deren Grundlage die Kantone eine funktionale Nutzung des Bodens zu gewährleisten haben, entstand das Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG), wonach Bund, Kantone und Gemeinden verpflichtet sind, die erforderlichen Raumplanungsmaßnahmen zu ergreifen, damit »der Boden haushälterisch genutzt wird. Sie stimmen ihre raumwirksamen Tätigkeiten aufeinander ab und verwirklichen eine auf die erwünschte Entwicklung des Landes ausgerichtete Ordnung der Besiedlung. Sie achten dabei auf die natürlichen Gegebenheiten sowie auf die Bedürfnisse von Bevölkerung und Wirtschaft« (Art 1 Abs 1 und Art 2 Abs 1 RPG). Dies sind die allgemeinen Ziele des Raumplanungsgesetzes; der Kanton Tessin gewährt den Kommunen hierbei in der Regel einen beträchtlichen Ermessensspielraum (BGE 115 1a 44). In unserem Fall ist indes der politische Ansprechpartner der Elektrizitätsgesellschaft der Kanton, der das Gemeinwohl im Auge zu behalten hat, welches also die Gesamtheit oder einen signifikanten Anteil der Bürger betrifft und welches die öffentliche Hand in der Ausübung ihrer Funktionen zu fördern hat (vgl. G. Müller, Commentaire de la Const. Féd. No. 34 ).
Um Ihre Frage zu beantworten, weise ich Sie darauf hin, dass im Fall eines von der Elektrizitätsgesellschaft errichteten Staudamms die Gemeinde sich auch dann nicht gegen das Projekt hätte stellen können, wenn sie es gewollt hätte: Tatsächlich ist das Vorhaben auf kantonaler Ebene von öffentlichem Nutzen. Eine etwaige Einsprache könnte sich auf mögliche Verfahrensfehler und vielleicht auf das Fehlen der Voraussetzungen für die Erweiterung des Stausees berufen, doch unter den gegebenen Umständen unterstützen die politischen Behörden die SET. Auch nachteilige ökologische Konsequenzen sind fraglich: Der Stausee existiert bereits, eine Erweiterung zöge keine unverhältnismäßigen Umweltschäden nach sich. Ich bitte Sie daher, auch die anderen Beschwerdewilligen zu einer erneuten Meinungsbildung aufzufordern, und gebe zu bedenken, dass die Unterstützung der Gemeinde nicht vorliegt: Herr Bürgermeister Pellanda saß im Verwaltungsrat der SET, und Herr Ingenieur Vassalli war einer der entschiedensten Befürworter des Vorhabens. Nach deren Hinscheiden werden weder die Gemeinde noch gar der Kanton eine posthume Desavouierung anstreben. Ich schreibe Ihnen im Vertrauen, damit Sie sich vor unserer für Mittwoch geplanten Besprechung ein Bild von der Sachlage machen können. In Erwartung unseres Treffens verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,
Federico Malfanti
RA Federico Malfanti
Rechtsanwälte Calgari & Partner
KANTONSPOLIZEI
An Herrn
Staatsanwalt p. p. Attilio Rodoni 6500