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Am Grund des Sees

Titel: Am Grund des Sees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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widerlichen Flecken. Absurde Idee, rief sich Chico zur Ordnung: Porta war nicht von Grauen ergriffen, er war tot. Unrettbar verloren. Aus der rechten Seite seines Nackens quoll eine dunkle, verklumpte Substanz, die herabgeflossen war und auf der Armlehne des Sessels große Flecken gebildet hatte. Der rechte Arm hing auf den Teppich, und wenige Zentimeter neben der Hand lag eine Pistole. Chico wunderte sich, dass sie so riesig war, und wandte sich fragend an Contini. Der aber hatte bereits sein Taschentuch gezückt, um Fingerabdrücke zu vermeiden, und durchsuchte die auf dem Wohnzimmertisch verstreuten Papiere.
    »He, was tun Sie da?«, rief der Anwalt.
    »Ich schau nur«, sagte Contini, »ob er vielleicht eine Nachricht hinterlassen hat.«
    »Sie … Sie glauben, dass Porta sich selbst … ich meine …«
    »Lang kann er noch nicht tot sein«, sagte Contini und drehte sich um. »Ja, es macht durchaus den Eindruck, dass er sich umgebracht hat.«
    In diesem Moment reagierte Chicos Organismus auf den Schock. Eine Hitzewelle ließ ihm den Schweiß aus allen Poren brechen, sein Magen verkrampfte sich. Um gegenzusteuern, begann er langsam und tief zu atmen, dennoch gewann die Übelkeit die Oberhand, und er stürzte ins Freie. Er war aber geistesgegenwärtig genug, um bis zum Auto zu laufen und aus dem Handschuhfach eine Plastiktüte zu reißen.
    Wie komm ich dazu!, dachte er. Faltete die Tüte auseinander, beugte sich darüber und spie sich die Seele aus dem Leib.
    Unterdessen setzte Contini seine Durchsuchung fort. Er umrundete den Toten, ließ den Blick über ein Sideboard, über die Fächer des Bücherregals wandern. Auf dem Fernseher fand er schließlich einen mit Computer geschriebenen Brief.
    Lieber Elia, ich muss dir meine große Enttäuschung bekennen. Ich habe mich rückhaltlos für unseren Plan eingesetzt, aber jetzt sehe ich keinen Sinn mehr darin - wo soll das hinführen. Seit dem Mord am Bürgermeister Pellanda habe ich mich gefragt: Tommi, was nutzt Gewalt, wenn sich sowieso nichts ändern lässt? Das hättest du von Anfang an wissen können, wirst du mir jetzt sagen. Aber das stimmt nicht. Es musste ein Unrecht wiedergutgemacht werden, für meinen und für deinen Vater. Aber seitdem auch du den Tod suchst, begreife ich nicht mehr, was du willst. Es ist schwierig, lieber Elia, es ist enorm schwierig, etwas wieder in Ordnung zu bringen, das in einer lang vergangenen Zeit untergegangen ist. Vielleicht ist es unmöglich.
    So hörte der Brief auf, ohne Gruß, ohne Unterschrift. Vielleicht ist es unmöglich . Auch Contini, der auf das Blatt starrte, murmelte: »Natürlich ist es unmöglich.«
    Was für eine Rolle spielte er in dieser Sache? Erst das neben Desolina liegende Foto, jetzt dieser Brief. Unmöglich … Während er zwischen den Papieren auf dem Tisch kramte, entdeckte Contini auch einige Fotos, und zu seinem Entsetzen blickte ihn abermals sein Gesicht an! Hastig stopfte er Bild und Brief in die Tasche. Die übrigen Fotos zeigten Porta senior und die alte Desolina.
    »Haben Sie was gefunden?«
    Contini fuhr herum. Chico stand vor ihm, bleichen Angesichts, doch fest auf den Beinen.
    »Nichts«, antwortete Contini. »Ich frage mich, wieso Porta keinen Abschiedsbrief hinterlassen hat.«
    »Haben Sie denn überall geschaut?«, fragte Chico und betrachtete, ohne sie anzurühren, die Papiere auf dem Tisch. »Was ist das?«
    »Was?« Contini blickte ihm über die Schulter.
    »Sieht aus wie ein Rätsel …« Chico las laut vor: »›Man nehme drei Duellanten an: Herr A trifft das Ziel nur jedes dritte Mal, Herr B trifft zwei von drei Malen, und Herr C trifft immer. Beim Duell schießen sie nacheinander, beginnend mit A. Frage: Auf wen muss Herr A, wenn er gewinnen will, als Erstes schießen?‹«
    »Aber …« Contini nahm ihm das Blatt aus der Hand und betrachtete es. »Das ist ja genau der Satz, der mir als Nachricht hinterlassen wurde …«
    »Was für eine Nachricht? Wann?«
    »Direkt nach unserem Tauchgang - das hätte ich jetzt fast vergessen … Was mag das bedeuten?«
    »Nicht die leiseste Ahnung.« Chico zuckte die Achseln. »Eine mathematische Aufgabe. Lösen Sie sie, dann wissen Sie vielleicht mehr. Überhaupt war er, scheint’s, ein Freund der Mathematik - schauen Sie sich diese Blätter an, alles voll mit Gleichungen und ähnlichem Zeug.«
    »Verstehe«, sagte Contini. »Wir sollten lieber gehen.«
    »Wollen Sie nicht die Polizei verständigen?«
    »Wir haben ja keine Spuren hinterlassen. Und falls

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