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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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das Symbol bekannt vor. Er hatte einen Ledergürtel um den Bauch gebunden, an dem verschiedene Scheiden hingen, und aus diesen schauten die glatten Holzgriffe seiner Kochmesser – zu kostbar, um sie unbeaufsichtigt zurückzulassen. Nachdem er Rhia einen Moment lang angesehen hatte, drehte er ihr den Rücken zu und verschwand.
    Als Rhia sich gerade dazu beglückwünschte, den Weg zum Passagierdeck gefunden zu haben, tauchte direkt vor ihr plötzlich eine schattenhafte Figur auf. Eine weitere Laterne wurde angehoben, und dieses Mal erleuchtete sie Mr Wardells Gesicht. Er wirkte nicht erfreut und sah sie einen Augenblick lang prüfend an, ehe er sie erkannte.
    »Mahoney, Sie wissen, dass es den Gefangenen nicht gestattet ist, ohne Erlaubnis ihre Unterkunft zu verlassen.«
    Rhia dachte blitzschnell nach. »Ja, ich weiß, aber Margaret Dickson ist krank und braucht den Arzt. Ich bin auf der Suche nach der Krankenstation.«
    Mr Wardells Augen wurden schmal. »Die Krankenstation ist auf der Steuerbordseite. Ich hole den Arzt selbst. Bitte gehen Sie in Ihre Kajüte zurück.« Rhia tat, wie ihr befohlen. Sie würde Laurence nicht sehen können, und Margaret würde vermutlich verleugnen, dass sie um Hilfe gebeten hatte, doch daran konnte sie nichts mehr ändern.
    Also kehrte sie in ihre Hängematte zurück, aber der Schlaf wollte nicht kommen. Schließlich setzte sie sich auf, zündete eine Kerze an und griff nach ihrem Buch. Zwischen den Seiten fand sie die Visitenkarte aus Ryans Zimmer und studierte das chinesische Schriftzeichen. Doch im Grunde wusste sie gleich, dass das Symbol, das sie auf dem Unterarm des Kochs gesehen hatte, dasselbe war wie das hinten auf der Karte. Rhia legte sie zurück in ihr Buch und holte ihren Füllhalter heraus.
    1. Mai
    Ich weiß noch aus Deinen Geschichten, dass Manannan Stürme herbeizaubern kann, die so gewaltig sind, dass Schiffe darin untergehen. Und dass er Sterbliche sicher auf seine Insel bringen kann. Wenn ich doch Angst vor Manannan habe, warum bin ich dann nach seiner Gefährtin benannt? Kann ich etwas aus diesen Feengeschichten lernen? Ich bin völlig übermüdet.
    Die Tür öffnete sich und erfüllte die Kammer mit dem rosigen Licht des frühen Morgens. Laurence stand da und lächelte sie an. Er musste gewusst haben, dass sie ihn gesucht hatte. Rhia setzte sich auf. »Ich wollte mit dir sprechen«, sagte sie.
    »Das dachte ich mir«, erwiderte er.
    »Einer der Männer auf dem Bild ist ein Mörder.«
    »Aha!«
    »Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?!«
    »Rhia … ich hatte dir helfen wollen, aber nun weiß ich nicht mehr, wie.«
    »Dann wirst du mich also nicht heiraten?«
    »Es tut mir so leid …«
    »Es macht nichts. Ich bin mir ohnehin nicht sicher, ob ich dich liebe.«
    »Ich hatte mich schon gefragt …« Er verschwand, und die Tür schloss sich. Rhia legte sich wieder hin. Wenigstens musste sie jetzt keine Entscheidung treffen.
    Margaret war nicht in ihrer Hängematte. Sie hatte also doch bei der Krankengeschichte mitgespielt. Rhia wurde zusammen mit Nora dazu eingeteilt, alles Bettzeug hinauf aufs Hüttendeck, über dem Achterdeck, zu bringen, wo einmal in der Woche die Decken ausgeschüttelt und gelüftet wurden. Nora verzog den Mund, als sie begriff, dass Rhia mit ihr arbeiten würde. Sie schleuderte ihr einen Sack voll Bettzeug entgegen, der Rhia fast umwarf, und schwang sich dann ihr eigenes Bündel auf den Rücken, als handle es sich dabei um eine Tasche Federn. Wortlos stiegen sie die Leiter hinauf.
    Auf dem Achterdeck kniete ein halbes Dutzend der jüngsten Matrosen in einer Reihe. Sie teerten und kalfaterten das Holz und sangen dabei leise ein Seemannslied, bei dem sich Soloteil und Refrain abwechselten. Die Sprache war dem Irischen ähnlich, also handelte es sich vermutlich um Walisisch oder Manx. Ein Kessel voll Pech dampfte auf einer riesigen Kohlenpfanne. Das Pech, sagte Albert, verschloss die Risse zwischen den Bohlen. Das ständige Abwaschen des Holzes, das Rhia zuerst für ungewöhnlich sauber und reinlich gehalten hatte, hatte ebenfalls einen Grund. Es verhinderte, dass sich das Holz in der Hitze der Äquatornähe zusammenzog. Wenn die See ruhig war, wurden »Lüftungen« im Rumpf, die manchmal Bullaugen und manchmal Luken genannt wurden, geöffnet, so dass die warme Luft überall zirkulieren konnte und alle feuchten, modrigen Stellen austrocknete. Den Bereich unter Deck als feucht und modrig zu bezeichnen war noch freundlich. Der Schiffsbauch war

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