Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
Vom Netzwerk:
»Wer?«
    »Laut meinem Informanten ein Schiffsjunge. Sein Name ist Albert, und er kam mit einem Transport namens Rajah .«
    Michael stand auf. »Darum muss ich mich sofort kümmern. Ich bin zurück, bevor du deine Läden dichtmachst – ich hab unten noch was zu erledigen.«
    Maggie schüttelte den Kopf und machte missbilligende Geräusche. »Ich lass den Riegel von der Hintertür offen. Aber sei vorsichtig, ja?«
    Das Portcullis am Circular Quay war die beliebteste Taverne am Hafen, weil dort als Erstes die Fässer mit jamaikanischem Rum gefüllt wurden, wenn ein Schiff von Südamerika hereinkam. Aus Gewohnheit hielt sich Michael den Kneipen entlang des Kais immer noch fern – sie hatten ihn einst zu sehr an die Freiheit erinnert.
    Der Raum war dämmrig, weil zu wenige Laternen von den Balken hingen. Und es roch so ranzig wie jeder Ort voller Seefahrer, trotz der Rumdämpfe und dem Tabakrauch. Michael bestellte ein Bier, stopfte seine Pfeife und setzte sich, um den Gesprächen zu lauschen. Hinter ihm standen einige barfüßige Jungs in Tuchhosen, die mit ihren Abenteuern auf verschiedenen Handelsschiffen und Transporten prahlten. Einer von ihnen erzählte von einer Begegnung mit chinesischen Piraten. Die Rajah war das einzige Schiff, von dem Michael wusste, dass es kürzlich eine Auseinandersetzung mit einer Dschunke hatte. Er schlenderte hinüber.
    »Abend, Jungs.«
    »Guten Abend, Sir«, sagte der einzige Junge, der mutig genug war, den Mund aufzumachen. Die anderen wirkten misstrauisch, als erwarteten sie Ärger.
    »Welcher von euch ist mit der Rajah gekommen?«
    »James hier war der Steward«, antwortete der Junge.
    Michael wandte seine Aufmerksamkeit dem älteren, sonnengebräunten Matrosen zu. »Wie ich höre, gab es Ärger auf eurem Transport.«
    »Das stimmt, aber wir haben uns drum gekümmert«, erwiderte er mit gespielter Prahlerei.
    »Ich spreche nicht von den Piraten, ich spreche von Mord.«
    Der Junge wirkte verängstigt. »Darüber weiß ich nichts.«
    »Weißt du, wo ich Albert, den Fähnrich des Schiffs, finde?«
    »Der ist Hafenarbeiter. Wird am letzten Pier sein. Da ist ein Klipper aus Ceylon reingekommen.«
    Michael verließ die Taverne und spazierte den Kai entlang. Das gelbe Gaslicht verlieh den Aktivitäten in den Werften einen unheimlichen, verbitterten Rhythmus. Außer dem gesuchten Klipper am Ende des Kais war nur ein weiteres Schiff vertäut, doch noch immer schleppten Hilfsarbeiter schwere Säcke und Kisten herum, und eine Herde Merinoschafe stand allen im Weg.
    Am letzten Pier lag ein hübscher Klipper, auf dem Bug orientalische Zeichen. Es sah aus, als sei er so gut wie entladen, da ein Grüppchen junger Hafenarbeiter am Ende des Piers hockte. Sie ließen die Beine über das tintenblaue, schaukelnde Meer baumeln und rauchten. Michael näherte sich ihnen. »Heißt irgendeiner von euch Albert?«
    Der Kleinste betrachtete Michael aus zusammengekniffenen Augen. »Wozu woll’n Sie das wissen?«
    »Ich heiße Michael Kelly. Gehst du ein Stück mit mir?« Albert sprang sofort auf und spazierte, ohne sich noch einmal nach seinen verlotterten Kumpanen umzusehen, mit Michael bis ans Ende des Piers und auf den Strand.
    Als sie sich außer Hörweite befanden, betrachtete Albert Michael wieder mit demselben halbmisstrauischen, prüfenden Blick. »Sind Sie ein Freund von Mahoney?«
    »Wenn du Rhia meinst, dann ja. Ich habe zu Hause für ihre Familie gearbeitet.«
    Albert nickte. »Das hat sie mir erzählt. Sie ist den Fluss hoch nach Parramatta.«
    »Ja, das weiß ich. Ich habe gehört, du hast nach mir gefragt.«
    Albert zögerte. »Ich hab ’nen Brief für Sie.«
    »Einen Brief? Donnerwetter. Ich schätze, er ist in deiner Unterkunft?«
    Albert schüttelte den Kopf. »Da wär er doch nich sicher, oder?« Er fasste tief in die Innentasche seines übergroßen Matrosenmantels und zog ein Stück Zeichenpapier heraus, das zu einem kleinen Rechteck zusammengefaltet und mit einem Stück Schnur verknotet war. Feierlich überreichte er es Michael. Michael knotete die Schnur auf und faltete das Papier auseinander. Sie hatte eine schöne Schrift, dachte er. Allerdings eine ungewöhnliche Tinte. Sepia sah man nicht oft. Michael verwendete für die Presse immer Schwarz.
    Lieber Mr Kelly,
ich habe Albert gebeten, zu versuchen Sie zu finden und diesen Brief zu zerstören, falls es ihm nicht gelingt. Ich vermute, Sie wissen vom Tod meines Onkels und von meiner Situation – Thomas hat mir mal erzählt, dass er

Weitere Kostenlose Bücher