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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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hast sie tatsächlich gefunden?«
    Jarrah zuckte mit den Schultern und lächelte, seine Zähne so weiß wie Lampen. »Sie hat mich gefunden, hinter einem Großvater-Baum, dann hat die Wombat-Frau sie angeschrien.«
    »Sie hat Ärger bekommen?«
    Jarrah nickte. »Das ist schlechter Ort.«
    »Da hast du verdammt recht. Ich weiß nicht, wie du so Menschen finden kannst. Das ist ein richtiges Talent.«
    Jarrah zuckte mit den Schultern. »Zu viel Lärm hier drin.« Er stupste mit seinem knochigen Finger an Michaels Kopf. »Heißt, du hörst das nicht«, erklärte er und zeigte auf seinen Bauch. »Gefährlich. Hast du noch das Messer?«
    »Natürlich.« Das Messer steckte in seinem Stiefel, und er ging nirgends ohne es hin. Jarrah hatte es für ihn gemacht. Er hatte seinerzeit den einen oder anderen großen Hai gesehen, aber er hatte keine Ahnung, wie Jarrah an einen Zahn gekommen war. An der Größe des Zahnes gemessen, musste es ein gewaltiges Tier gewesen sein. Früher hatte Michael sich gefragt, was Jarrah so sehr an den Weißen interessierte, dass er für die Polizei arbeitete, aber dann hatte Calvin ihm einmal erzählt, wie sie sich begegnet waren. Jarrah war noch ein Junge gewesen, als seine Eltern von einer Handvoll junger Gendarme gejagt und abgeknallt wurden, die glaubten, das Leben eines Schwarzen sei genauso wertlos wie ihre eigenen Seelen. Als Calvin herausfand, was passiert war, brachte er die Mörder wegen eines anderen ungelösten Mordfalls vor Gericht, und man schickte sie zurück nach London, wo sie entweder in Newgate verrotteten oder vom Galgen erwartet wurden. Die Menschen hier waren an raue Justiz gewöhnt.
    Jarrah wandte sich zum Gehen. Im nächsten Augenblick würde er mit den Schatten verschmelzen.
    »Dann seh ich dich bei Sonnenaufgang in der Lagune?«, rief Michael in die Dunkelheit hinein.
    »Ja, ich werde da sein.« Jarrahs Grinsen leuchtete auf, ehe er völlig verschwand und Michael seinen Weg zu den Rocks fortsetzte. Er und Jarrah hatten einen kleinen Auftrag für Calvin zu erledigen, nämlich den verschwundenen Matrosen zu suchen, der etwas über den toten Quäker wusste.
    Maggie schien erfreut, dass er beschlossen hatte »noch ein Weilchen zu bleiben«, auch wenn sie nicht glaubte, dass es nur darum ging, noch eine weitere Flugschrift zu drucken. Sie kannte ihn gut genug, um keine Fragen zu stellen. Je weniger sie wusste, desto besser für alle Beteiligten, und sie würde noch nicht einmal ihre Mieteinnahmen verlieren, wenn Michael irgendwann ging, denn ein Schreiberling aus Belfast würde die Stanhope-Druckerpresse übernehmen. Er hatte kurze Zeit einen Schreibtisch beim Sydney Herald gehabt, bis er etwas Zynisches über den Gouverneur und den Zedernholzhandel schrieb.
    »Gut’n Abend, Michael.« Maggie hatte die Füße auf den Küchentisch gelegt, rauchte einen Zigarillo und las eine Ausgabe des Pears- Katalogs. Sie importierte ihn zur Unterhaltung und liebte es, missbilligend den Kopf über Londoner Frivolitäten zu schütteln. Gleichzeitig jedoch studierte sie jedes Detail mit intensiver Neugier, mehr als für eine Frau mit wenig Verwendung von Kleidung nötig war. Der glatte Stoff ihres Hausmantels hing ihr links und rechts der Beine herunter und entblößte ihre rosafarbenen Strümpfe und weißen Schenkel. Michael konnte seinen Blick nicht immer abwenden – seine Augen hatten ihre eigenen Interessen.
    »Guten Abend, Maggie. Was gibt’s Neues?«
    »Oh, ich hab da was, was dir gefallen wird.«
    »Ach ja?«
    Eins der Mädchen kam, nur mit einer Korsage und Rüschen besetzten Pluderhosen bekleidet, hereinspaziert. Sie goss sich eine Tasse starken Tee aus der Kanne ein und zwinkerte Michael anzüglich zu, ehe sie wieder ging. Er seufzte schwer. »Ich bin doch kein verdammter Heiliger«, rief er hinter ihr her, doch sie kicherte nur und wackelte mit dem Hintern.
    »Unten an der Kreuzung ist endlich wieder was los«, erklärte Maggie. »Einer der Smith-Jungs hat Fran hier besucht, voll mit Rum und Geschwätz. Hat gesagt, er bräuchte ’ne Extra-Ration, weil sie bald alle Nächte durcharbeiten würden, die Gott ihnen gab, und solange würde er keine Muschi mehr sehen.«
    »Wie lange?«
    »Nun, Michael, ein Junge in dem Alter könnte sich nach einer Woche schon als Heiliger fühlen, während es bei dir Jahre gedauert hat.«
    »Das ist amüsant, Maggie. Und danke für den Tipp.«
    »Das ist aber noch nicht alles. Unten am Kai hat jemand nach dir gefragt.«
    Michael war sofort hellwach.

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