Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)
Gekritzel?«
»Das ist das chinesische Zeichen für Silber.«
»Verstehe.«
Sie schlenderten zum Hauptgebäude hinüber, rauchten und unterhielten sich darüber, wer mit im Kricketteam sein sollte und wer nicht. Es stand ein großes Spiel zwischen der Polizei und dem Militär an.
Der Kerl war jünger, als Michael ihn sich vorgestellt hatte, was auch erklärte, weshalb er so blöd gewesen war, wieder in der Bucht von Sydney aufzutauchen, obwohl Calvin ihm schwer davon abgeraten hatte. Mit hängendem Kopf saß er schmollend in der Ecke seiner Zelle. Als die beiden Männer eintraten, blickte er kaum auf.
»Guten Abend, mein Junge«, begrüßte Calvin ihn fröhlich. »Ich habe einen Mitarbeiter mitgebracht. Wollen wir mal sehen, ob wir dich nicht gemeinsam hier rauskriegen.« Die Miene des Matrosen war kurz voller Hoffnung, ehe sein Blick misstrauisch wurde.
»Was sollte Sie das kümmern?«
»Mich kümmert’s wenig, aber ich brauche ein paar Informationen. Wenn ich verspreche, dich gehen zu lassen, sobald ich gehört habe, worauf ich aus bin, dann werde ich das auch tun, denn ich bin ein Mann, der zu seinem Wort steht. Aber wenn du hier heute rausmarschierst, dann will ich dich nie wiedersehen. Niemals. Und diesmal mein ich’s ernst.«
Der Gefangene sah auf seine Hände. »Aber ich weiß immer noch nix.«
»Da hab ich aber ganz was anderes gehört. Nämlich, dass du jemandem erzählt hast, der Quäker, der von der Mathilda gefallen ist, hätte nichts Gutes im Sinn gehabt.«
»Nein, das hab ich nicht gesagt …« Er biss sich auf die Lippe, um nicht noch mehr zu verraten.
»Dann hast du also schon etwas gesagt?«
Schweigen. Calvin wandte sich an Michael. »Weißt du, ich habe diesem Jungen hier damals klargemacht, wenn er sich in meinem Revier noch mal blicken lässt, geht er mit ’nem Strick als Krawatte wieder raus. Steh ich zu meinem Wort, Michael?«
»Ja, das tust du, Calvin.« Michael betrachtete den jungen Matrosen. Er konnte sehen, dass er entsetzliche Angst hatte, und zwar nicht nur vor dem Galgen. »Wenn du uns erzählst, was du weißt, dann schnappen wir uns den Kopf dieser Münzer-Bande so schnell, dass er keine Zeit mehr haben wird, sich bei dir fürs Verpfeifen zu rächen.« Michael beobachtete, wie der Junge überrascht die Augen aufriss.
»Woher wissen Sie das mit den Münzen?«
»Ehe die Woche vorbei ist, wird es in den Rocks keine Münzer mehr geben und die einzige Besatzung auf der Sea Witch Soldaten sein. Also, du kannst jetzt reden oder nicht. Es ist dein Leben, mein Sohn.«
Da schien er sich zu entscheiden. Er holte tief und schicksalsergeben Luft. »Als ich den Quäker-Herrn im Basar von Kalkutta gesehen hab, da hab ich gedacht, er ist der andere: der, der Leute für eine Fahrt nach Lintin Island anheuert. Wissen Sie, ich hab die Arbeit dringend gebraucht. Also hab ich ihm gesagt, ich bin ein genauso guter Takler wie alle anderen. Er hat mich so komisch angeschaut, als tät er nicht wissen, wovon ich rede. Also hab ich zu ihm gesagt, ich wüsste ja, dass er als Quäker nicht gerade Klipper mit schwarzem Gold füllen sollte und dass ich hoffe, es macht ihm nichts aus, dass ich zu ihm gekommen bin. Das Problem war nämlich, dass niemand wirklich etwas über diese Fuhre wusste, weil die meisten der Besatzung Inder waren und das Schiff, die Mathilda , offiziell auf dem Trockendock lag.«
Michael runzelte die Stirn. Das ergab für ihn alles keinen rechten Sinn. »Also hat die Mathilda eine nicht dokumentierte Fahrt nach Lintin Island gemacht?«
Der Junge nickte.
»Du hast gesagt, du hättest gedacht, der Quäker sei der andere ?«
»Ja, ich hab mich getäuscht. Man hat mir gesagt, der Quäker, der auf der Mathilda reinkam, wäre verantwortlich für diese Fahrt nach Lintin Island, aber von den zwei mit den komischen flachen Hüten war er der falsche Quäker. Deshalb hat er mich auch so seltsam angeschaut.«
»Warum wurde dann Josiah Blake, der Quäker-Gentleman, mit dem du gesprochen hast, umgebracht?«
»Er hat angefangen Fragen zu stellen. Er ist zum Trockendock und wollte das Register sehen. Da hat er rausgefunden, dass die Mathilda gar nie dort war.«
»Und was ist mit der Falschmünzerei? Hat Josiah davon auch was gewusst?«
»Vielleicht hab ich was in der Richtung erwähnt …«
So langsam fragte sich Michael, wie der sogenannte kleine Kriminelle vor ihm je eine richtige Karriere daraus machen wollte. »Du hast vielleicht etwas erwähnt?«
»Na ja … wissen Sie, das war
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