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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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vielbeschäftigte Männer des Öfteren an ihre Versprechen erinnert werden mussten.
    Bei ihrer Ankunft trafen sie Mr Montgomery (wieder in Hemdsärmeln) und Mr Beckwith hinter der Ladentheke an. Eine Karaffe Portwein und einige Gläser mit Goldrand standen auf dem Tresen, der mit Stechpalmenzweigen sowie weißen und goldenen Bändern dekoriert war. Das war alles sehr à la mode , und Antonia fühlte sich sofort extrem unattraktiv und auch etwas müde. Wohlhabend wirkende Frauen glitten in ausladenden Krinolinen zwischen den Ausstellungsstücken umher. Eine von ihnen befragte Grace Elliot zu einem glänzenden Stoff in Myrthengrün.
    »Frohe Weihnachten, Mrs Blake, Miss Mahoney!« Mr Montgomerys Lächeln war strahlend und hob Antonias Laune sofort. »Nehmen Sie einen Aperitif?«
    »Einen kleinen«, willigte Antonia ein. Warum auch nicht? An diesen Tagen durfte man schließlich ein bisschen fröhlich sein. Sie sah zu Rhia hinüber, die wirkte, als würde sie lieber das Weite suchen, doch sie nickte ebenfalls. Sie war bei einer Dekoration nahe der Theke stehen geblieben, auf der sich Ballen mit Seidenorganza in den neuen Pastelltönen stapelten. Auch Juliette war ein Stück zurückgeblieben und hatte den Kopf gesenkt, da sie nicht wusste, wo sie hinsehen sollte. Ihr wäre es peinlich, sich unter Leute zu mischen, die sie für etwas Besseres hielt, und genau deshalb wollte Antonia, dass sie mit dazukam. Wenn der Herrgott alle seine Kinder gleichermaßen schätzte, dann gab es keinen Grund, weshalb ein Dienstmädchen nicht ein Glas mit einem Tuchhändler trinken sollte.
    »Komm, Juliette. Es ist Weihnachten.«
    Juliette trat einen Schritt vor, jedoch ohne den Blick zu heben. Dabei stieß sie aus Versehen gegen den Organzastapel, der so gefährlich hochaufgeschichtet gewesen war, dass das Streifen eines Ellbogens ausreichte, um ihn zu Fall zu bringen.
    »Du liebe Güte! Das tut mir ja so leid, Mr Montgomery, Sir!« Juliette fiel auf die Knie und versuchte, einen der Ballen aufzuheben, aber er war zu wuchtig. Sowohl Rhia und Antonia beugten sich herunter, um ihr zu helfen.
    Sofort war Mr Montgomery bei ihnen. »Aber das macht doch nichts. Machen Sie sich keine Umstände, meine Damen.« Er schob die Hemdsärmel hoch und hob zwei oder drei der Ballen auf, während Juliette immer noch auf allen vieren kniete. Antonia streckte ihr die Hand hin, um ihr aufzuhelfen. »Komm, Juliette, die sind zu schwer.« Als Juliette wieder auf den Beinen stand, war sie schneeweiß im Gesicht und wirkte völlig verängstigt. Das Mädchen war manchmal wirklich eine Last. Antonia seufzte. Die Nachsicht schien sie verlassen zu haben, zusammen mit ihrer Demut und ihrer Bescheidenheit. Sie hoffte, dass nur die Trauer daran schuld war und sie sich eines Tages wieder mit ihrem Glauben verbunden fühlen würde.
    Mr Montgomery arrangierte die Auslage neu und rollte dann seine Ärmel wieder hinunter, während Mr Beckwith mit schüchternem Lächeln jedem von ihnen ein Glas einschenkte. Rhia nahm Juliette beiseite und versicherte ihr leise, dass Organza zwar zart aussah, aber so stark wie Segeltuch war. Rhia war vorbildlich geduldig, wenn man Juliettes Unfreundlichkeit und Misstrauen ihr gegenüber in Betracht zog. Sicher war Juliette zuvor noch nie jemandem begegnet, der aussah wie ein Wechselbalg und lachte wie ein Kind.
    Antonia nahm ihr Glas von Mr Beckwith entgegen, doch er kehrte zu seinem Wirtschaftsbuch hinter der Theke zurück, ehe ihr ein Gesprächsthema einfiel. Sie vermutete, dass er einst ein Schreiber irgendeiner Art gewesen war. Außerdem nahm sie an, dass Mr Beckwiths Finanztalent dem House of Montgomery dabei half, trotz der Silberkrise, weiterhin geöffnet zu bleiben. Mr Montgomery verfügte bestimmt über ein unabhängiges Jahreseinkommen, so dass es wahrscheinlich nicht allzu sehr ins Gewicht fiel, wenn er Verlustgeschäfte machte. Sie wusste nichts über seine Familie, und es schickte sich nicht nachzufragen, aber er war offensichtlich von adliger Abstammung. Seine feine Herkunft kam durch seine gewählte Aussprache und Haltung ebenso zum Ausdruck wie durch seine Anschrift. Als er sich neben sie stellte, streifte sein Arm den ihren, und ihr Herz schlug ein wenig schneller. Plötzlich fiel ihr nichts mehr ein, was sie sagen könnte, und sie tat so, als interessiere sie sich für eine Auslage ganz in der Nähe. Dann ertappte sie Rhia dabei, wie diese den Stoffhändler mit steinerner Entschlossenheit ansah und wappnete sich.
    »Ich wüsste

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