Am Horizont die Freiheit
hast.«
Man nutzte die Wartezeit, um das Deck zu wischen, wofür man Meerwasser in Eimern hochholte. Als man die zwischen den Bänken festklebenden Exkremente wegschwemmte, ließ der Gestank, den man bei jedem Atemzug roch, nach. Die Brise war ein Segen, und Joan füllte begierig die Lunge.
»Einmal in vierzehn Tagen wäscht man das Deck mit Essigwasser, um Krankheiten zu verhüten«, teilte ihm Carles mit. »Im hinteren Teil der Galeere, am Heck, befindet sich der vornehme Bereich des Schiffes, den nennt man Kampanjedeck. Dort reisen die Schiffsoffiziere bequem und vor der Sonne geschützt. Sie sind nicht nur eine höhere Klasse, sondern halten sich auch für eine andere Rasse. Sie haben sogar einen Parfümeur, der ihren Geruchssinn von dem Gestank befreit, den wir verbreiten, und Musiker, die ihre Mußestunden verschönern. Der Admiral ist wie ein Gott, und wir, die Ruderknechte, sind nichts als Ratten. Die Soldaten, die wir befördern und die unter dem Befehl des Offiziers Pere Torrent stehen, fühlen sich den Matrosen überlegen, und uns verachten sie. Lieber würden sie im Kampf gegen einen übermächtigen Feind sterben, als zu rudern oder die Segel zu setzen.«
»Ja, aber wenn man sie gefangen nimmt, werden sie schließlich auch rudern müssen«, wandte Joan ein.
»Das ist ihr Berufsrisiko, und es ist keine Schande, im Kampf gefangen zu werden«, entgegnete Carles. »Dann würde man sie versklaven.«
Joan schüttelte ungläubig den Kopf. Das hier war eine fremde Welt, die sich an ihre eigenen Regeln hielt. Er begriff, dass er sich am schlimmsten Ort dieser Welt befand und dass er von Glück sagen könnte, wenn er überlebte.
Ein besonderer Duft vermischte sich mit dem üblichen Schiffsgestank: Es war der Geruch brennenden Pinienholzes und von etwas anderem, das gekocht wurde. Aus der Bankreihe, in der sich die Kombüse befand, erhob sich eine Rauchwolke. Joan stellte überrascht fest, dass er trotz der ekelerregenden Umgebung Hunger hatte. Zuerst wurden Offiziere, Soldaten und Seeleute bedient, und schließlich kamen ein paar Sträflinge, die von den Aufsehern überwacht wurden, mit großen Kesseln. Joan sah, dass die Gefangenen eilig Näpfe und Löffel hervorholten, die sie in ihrem Beutel unter der Bank verwahrt hatten. Er tat das Gleiche. Man füllte ihm den Napf mit einer Bohnensuppe und gab ihm ein paar Zwiebackstücke. Alle stürzten sich gierig auf das Essen, und Joan strengte sich an, ein Gespräch mit Amed anzuknüpfen. Doch dieser wusste kaum ein paar Worte, und diejenigen, die der Junge bei Abdalá auf Nasridisch gelernt hatte, nützten nichts, denn Amed sprach eine andere Sprache. Obwohl Joan seine Worte mit Gesten unterstrich, erlahmte das Gespräch bald.
Das Segel beschattete seine Schiffsseite, und viele Ruderknechte nahmen sich die Mütze ab. Joan stellte überrascht fest, dass Amed eine lange Haarsträhne auf seinem kahlgeschorenen Kopf zur Schau stellte.
»Die Muslime glauben, bei ihrem Tod ziehe Gott sie am Haar, um sie ins Paradies zu schaffen«, sagte Carles. »Darum lässt man das stehen. Ich nehme nicht an, dass es um religiöse Toleranz geht, vielmehr sollen sie sich in ihr Schicksal ergeben, wenn sie sterben.«
Joan schüttelte verwundert den Kopf. Hier geriet er immer wieder ins Staunen. Er biss auf den Zwieback und stellte fest, dass er sehr hart war.
»Das heißt Zwieback, weil sie ihn zweimal backen, damit er sich länger hält«, unterrichtete ihn Carles wieder. »Und es gibt nur Bohnen- oder Kichererbsensuppe. Das ist alles, was wir zweimal am Tag essen. Aber wenn wir mehr leisten sollen, zum Beispiel vor einer Schlacht, geben sie uns eine größere Gemüseration und mehr Wasser. Sogar Wein und Speck.«
Er sah, dass man Jerònim, dem hinter Carles sitzenden Ruderknecht, Essen aus einem anderen Topf gab und ihm einen Napf Wein einschenkte. Joan warf seinem Nachbarn einen fragenden Blick zu, und dieser klärte ihn sofort auf.
»Er ist ein freiwilliger Ruderer.«
Joan machte eine überraschte Geste. Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand aus freien Stücken an diesem Ort war.
»Er ist ein Verbrecher, der seine Galeerenstrafe verbüßt hat. Aber weil ihm niemand auf dem Festland eine Arbeit geben will, bietet er sich für einen Lohn freiwillig an«, erklärte er. »Sie geben ihm eine erbärmliche Summe, alle drei Monate einen Dukaten. Aber in seiner Suppe ist Speck. Er isst das Gleiche wie die Mannschaft, und sie erlauben ihm einen Nachschlag. Gib acht. Er
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