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Am Meer ist es wärmer

Titel: Am Meer ist es wärmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiromi Kawakami
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Seiji. Inzwischen wusste ich das.
    Momos Geburt war unglaublich schmerzhaft.
    Bis dahin hatte ich keine Schmerzen gekannt. Das, was ich gekannt hatte, war etwas völlig anderes gewesen. Aber die Wehen waren weder momentan noch lähmend und raubten mir auch nicht das Bewusstsein, sie waren einfach ununterbrochen da.
    Und dennoch hatte ich alles vergessen, sobald das Kind auf der Welt war. Ganz und gar, völlig vergessen.
    »Was für ein süßes Baby.« Ich fand es selbst merkwürdig, dass ich schon ein oder zwei Tage nach der Entbindung so voller Gleichmut sprechen konnte. Ungeachtet der grausamen, wütenden Schmerzen, die unaufhaltsam meinen ganzen Körper durchflutet hatten, so dass ich fast glaubte, meine menschliche Form nicht bewahren zu können, kamen mir Worte wie »mein Baby, mein liebes, kleines Baby« nun ganz leicht über die Lippen.
    Das ist gut eingerichtet, dachte ich, während wir jungen Mütter auf unseren Betten Rückbildungsübungen machten. Zu bestimmten Zeiten ertönte aus einem Lautsprecher Musik, zu der wir dann unsere Beine und Hüften bewegten.
    Auch die anderen Mütter in meinem Vierbettzimmer wunderten sich über dieses Phänomen, und während wir turnten, versuchten wir eine passende Redensart dazu zu finden.
    »›Aber hier wie überhaupt, kommt es anders als man glaubt‹ - nein, das ist was anderes, oder?«
    »›Gefahr vorüber, Gott vergessen‹ - schon eher, aber nicht ganz.«
    »›Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. ‹ Nein, das ist völlig daneben.«
    Seltsam war auch, dass wir uns gegenseitig vom Augenblick der Geburt an als »Mütter« betrachteten. Obwohl wir uns noch kurz vor der Entbindung im Kreißsaal als Einzelpersonen mit Namen gesehen hatten.
    Auch die anderen Mütter schienen etwas zu diesem seltsamen Gefühlswandel nach der Entbindung zu sagen zu haben.
    »Jedenfalls war es ganz anders, als ich es erwartet hatte.« Darin stimmten wir alle überein.
    Nicht, dass die Welt sich verändert hatte. Dennoch war ich an einem anderen Ort gewesen. Einem Ort, der sich von Stunde zu Stunde veränderte. Er änderte sich und änderte sich, unendlich, bis ich Angst bekam. Schließlich war ich wieder an den Anfang zurückgekehrt. Dennoch war ich nicht sicher, ob ich wieder ganz zurückgekehrt war.
    Der Ort war kein anderer, weil es um Leben und Tod ging. Er war einfach nur anders. Er war zwar weit entfernt vom Alltagsleben, gleichzeitig spürte ich, wie der Alltag ständig auf ihn eindrang. Während der Schmerzen. Dort, wo ich bei der Geburt die Beine hinstemmte.
    Aber auch dass ich mich mit den anderen »Müttern« gemeinsam über diese Dinge gewundert hatte, vergaß ich sofort. Nachdem ich meinem Baby einen Namen gegeben hatte, konnte ich an nichts anderes denken, als mich um Momo zu kümmern.
    Ein Ort, an dem ich eigentlich nicht sein sollte. Im Augenblick der Geburt erschrak ich. Hatte ich einen solchen Ort betreten? In welcher Beziehung stand dieser Gedanke zu dem Tagebucheintrag meines Mannes?
    Das Gefühl, nicht ganz zurückgekehrt zu sein, das ich gleich nach der Entbindung hatte, ließ mich nie wieder ganz los. Vermutlich würde es bis zu meinem Lebensende nicht vergehen. An dem Morgen, an dem Momo geboren wurde, zwitscherten die Spatzen ungewöhnlich laut.
    »Wie war die Neun-Uhr-Verabredung mit deinem Kollegen? Habt ihr viel getrunken?«, fragte ich Seiji.
    21.00. Seit ich diese Zahl in Reis Tagebuch gelesen hatte, ging sie mir nicht aus dem Kopf.
    »Wir waren in einer Bar, wo sie Tempura servieren.« Danach hatte ich doch gar nicht gefragt.
    »Irgendwas Besonderes?«
    »Ja, Weißfisch. Die Saison ist ja eigentlich im Frühling. Und jetzt haben wir bald Sommer«, sagte Seiji und lachte. »Mein Kollege hat ganz schön gebechert. Ich habe nicht zu viel und nicht zu wenig getrunken.«
    Woran denkt man denn so gegen neun Uhr abends?, fragte ich.
    Tja, ich weiß eigentlich nur, was man um drei und um vier Uhr morgens denkt, antwortete Seiji.
    Ich hob das Gesicht. Um drei und um vier Uhr morgens?
    Um drei Uhr hat man ein wenig Hoffnung. Um vier ist man ein wenig verzweifelt.
    Das hast du schön ausgedrückt.
    Jetzt findest du mich blöd, oder?
    Nein, fand ich nicht, ich fand es nur zu glatt. Hoffnung und Verzweiflung lassen sich doch nicht so sauber trennen.
    »Kei?« Seiji sprach mich ausnahmsweise mit meinem Namen an.
    »Ja?«, antwortete ich, so sanft ich konnte.
    »Lass mich nicht immer an etwas denken, das nicht da ist.«
    Wie meinst du das? Ich blickte Seiji noch

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