Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis
Ende, zwei stolze Großeltern in der Reihe direkt hinter ihnen. Die Idylle trog ein wenig, denn nur die Aussicht auf Fish and Chips und Eiskrem als Belohnung für vorbildliches Verhalten beim Missionstreffen half, den Juckreiz in den Füßen und im Hintern für eine ganze Stunde in Schach zu halten.
Inzwischen mit gelichteten Haaren und einer Brille ausgestattet, wirkte der Redner weniger wie ein Jäger der Wildnis, sondern eher wie ein Akademiker. Für Angela und John war er der liebe Dad, den sie über alles verehrten. Für die drei kleinen Cousinen aus Nigeria war er der Kasper-Onkel, der spannende Geschichten erzählte und zu gelegenen wie ungelegenen Zeiten immer einen Witz auf Lager hatte. Für die Eltern William und Elsie Sperry wie auch für Bruder Roy war er der Inbegriff einer Lichtgestalt, der Star des Sperry-Clans. Für das Publikum im Gemeindehaus der »Holy Trinity Church«, in der die »Arctic Fellowship« den Vortragsnachmittag veranstaltete, war er der tapfere Pionier, der bewundernswerte Bilderbuchmissionar, der eine Menge Respekt auf sich zog.
»Schauen Sie auf diese Karte, meine Damen und Herren. Stellen Sie sich nun vor, Coppermine wäre nicht hier an der Arktisküste, sondern an der Mittelmeerküste. Wenn ich mich im Dezember oder Januar zur ersten Inlandreise aufmache, dann müssen Sie sich das so vorstellen: Ich starte hier unten am Mittelmeer und besuche eine Siedlung in Irland, dann setze ich über nach Schottland, mache einen Abstecher nach Norwegen, um dort vier oder fünf Familien zu besuchen, dann reise ich weiter nach Russland. So riesig ist die Fläche, die Sie hier sehen.«
Die Zuhörer waren bewegt. Er erzählte mit Ergriffenheit in der Stimme von den Anfängen seiner Übersetzungsarbeit.
»Damit das Evangelium als verändernder Lebensstil wirklich greift, brauchen diese Menschen ihre eigenen ausgebildeten Prediger, die sie regelmäßig in den Schriften unterrichten. Und es gibt noch einen Grund, warum mir diese Arbeit wichtig erscheint.« Sein Blick wurde ernst.
»Die Zeiten ändern sich. Moderne technische Entwicklungen sind im Begriff, auch in diesen fernen Rand der Welt vorzudringen. Der Einmarsch der zivilisierten Welt fing schon vor Jahren durch den Pelzhandel an. Die Eskimos begrüßten die Möglichkeit, ihre Jagdkünste nicht nur zum eigenen Überleben einzusetzen, sondern Fell, Speck und Fleisch für Thermosflaschen, Tee, Kerosinbrenner und anderes einzutauschen. Alles Dinge, die auch ihnen das Leben einfacher machten. Aber auf den Fersen der Händler folgten bedrohlichere Eindringlinge: Westliche Krankheiten zum Beispiel, gegen die die Eskimos keine Immunität aufgebaut haben.
Durch die Aufrüstung der Sowjetunion und der USA in den heutigen Zeiten des Kalten Krieges ist der Norden Kanadas außerdem zu einer Kriegsfront geworden, und die Augen der Regierungen sind zunehmend auf diese Front gerichtet.«
Jack nahm wieder den Zeigestab in die Hand und richtete ihn auf die Landkarte.
»Wer ist geeigneter, die Radarstützpunkte und Warnsysteme der amerikanischen Streitkräfte an diesen Stellen hier zu betreiben, wenn nicht die jungen Eskimos, die das Klima und die Bedingungen gewöhnt sind? Diese sind aber dadurch neuen Gefahren ausgesetzt, die mit der Verfügbarkeit von Alkohol, Drogen und westlichem Geld einhergehen. Wir wissen nicht, wie lange es überhaupt noch Iglusiedlungen geben wird. Ich will diese lieben Menschen, die mir wie eine Familie geworden sind, auf Zeiten des Umbruchs vorbereiten. Das Evangelium ist dazu da, um in allen Lebensumständen Halt und Kraft zu geben …«
Fünf Kinder atmeten innerlich auf und träumten von Fish and Chips, als Jack die befreienden Worte sprach: »Und jetzt zum Schluss, meine Damen und Herren …«
»Zum Glück ist er nicht einer der Redner, der eine halbe Stunde lang ständig ›zum Schluss‹ sagt, bevor wirklich Schluss ist«, flüsterte Angela ihrer Cousine Tanya zu, die schon ein paar Mal unruhig auf ihre Uhr geschaut hatte.
»Gibt es noch Fragen?«
»Das heißt, es ist wirklich Schluss«, flüsterte Angela wieder.
»Hoffentlich gibt es keine Fragen«, sagte Tanya, »jetzt hab ich wirklich Hunger.«
»Eine Frage, Sir«, kam eine Stimme aus der hinteren Reihe. Fünf Kinderherzen sanken auf den Boden.
»Sie haben noch keinen Kommentar zu den Protesten der Tierschützer in Großbritannien gegen die Robbenjagd abgegeben. Das Jagen dieser süßen Tiere ist unnötig und die Fallen sind grausam. Wie stehen Sie
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