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Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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abgestumpfte Klinge. Bev war bleich, aber entschlossen. »Jarl war immer gut zu mir. Und ich werde mir das verdammte Gebet dieser Leute nicht noch einmal anhören.«
    »Zu mir war er auch gut«, sagte ein anderes Mädchen, das gegen die Tränen kämpfte.

    »Fangt nicht damit an«, warnte Daydra. »Keine Tränen! Wir werden das jetzt tun.«
    »Für Jarl«, sagte ein anderes Mädchen.
    »Für Jarl«, wiederholten die übrigen Mädchen.
    Eine Glocke läutete, die den Mädchen verriet, dass ihre Gäste kamen.
    »Ich habe auch einigen anderen Mädchen Bescheid gegeben«, berichtet Shel. »Ich hoffe, das war in Ordnung. Was mich betrifft, ich bekomme Fettarsch. Er hat meine erste Mitbewohnerin getötet.«
    »Ich bekomme Kherrick«, sagte Jilean. Unter ihrer Schminke war ihr rechtes Auge immer noch geschwollen und gelb.
    »Kleiner Schwanz gehört mir.«
    »Neddard.«
    »Mir ist es egal, wen ich bekomme«, erklärte Kaldrosa. Sie biss die Zähne so fest zusammen, dass es wehtat. »Aber ich nehme zwei. Der Erste ist für Tomman. Der Zweite für Jarl.«
    Die anderen Mädchen sahen sie an.
    »Zwei?«, fragte Daydra. »Wie willst du denn zwei schaffen?«
    »Ich werde tun, was ich tun muss. Ich bekomme zwei.«
    »Verdammt«, sagte Shel. »Ich auch, aber ich nehme Fettarsch als Ersten. Nur für den Fall des Falles.«
    »Ich bin dabei«, meldete Jilean sich zu Wort. »Jetzt seid still. Es fängt an.«
    Der erste Mann, der die Treppe herauf kam, war Hauptmann Burl Laghar. Kaldrosas Herz hörte auf zu schlagen. Sie hatte ihn nicht mehr gesehen, seit sie in den Feigen Drachen gegangen war, um ihm zu entfliehen. Wie erstarrt stand sie da, bis er vor sie hintrat.

    »Nun, wenn das nicht meine kleine Piratenhündin ist«, sagte Burl.
    Sie konnte sich nicht bewegen. Ihre Zunge war Blei in ihrem Mund.
    Burl bemerkte ihre Angst und reckte die Brust vor. »Siehst du? Ich wusste noch vor dir, dass du eine Hure bist. Ich konnte erkennen, dass es dir gefallen hat, als ich dich das erste Mal vor deinem Ehemann gebumst habe. Und jetzt bist du hier.« Er lächelte und war offenkundig enttäuscht, dass keiner seiner Speichellecker bei ihm war, um mit ihm zu lachen. »Also«, fuhr er fort. »Freust du dich, mich wiederzusehen?«
    Unerklärlicherweise verschwand die Angst. Sie war einfach weg. Kaldrosa lächelte schelmisch.
    »Ob ich mich freue?«, fragte sie und packte ihn am Hosenbund. »Oh, du hast ja keine Ahnung.« Und sie führte ihn in ihr Zimmer. Für Tomman. Für Jarl.
     
     
    In dieser Nacht kletterte ein grauhaariger Krüppel auf das Dach des Herrenhauses, das für kurze Zeit Roth Ursuul gehört hatte, das jetzt jedoch verseucht war von Hunderten von Karnickeln. Er balancierte im Mondlicht auf seiner Krücke und schrie in die Nacht hinaus: »Komm, Jarl! Komm und sieh! Komm und höre!« Während die Karnickel sich versammelten, um den Wahnsinnigen zu beobachten, kam vom Plith her Wind auf. Mit Tränen in den Augen, die wie Sterne leuchteten, begann der General eine Lobeshymne auf Hass und Verlust zu rezitieren. Er sang ein Klagelied für Jarl, einen Trauermarsch für die Hoffnung auf ein besseres Leben. Die Worte kreiselten mit dem Wind, und nicht wenige Karnickel hatten das Gefühl, dass nicht nur die Winde, sondern auch die Geister der Ermordeten sich beim Klang der Stimme
des Generals zusammenscharten, sich mit den Kadenzen der Rachsucht erhoben.
    Der bescheidene General schrie und reckte seine Krücke dem Himmel entgegen, als sei sie ein Symbol für die Ohnmacht und Verzweiflung eines jeden Karnickels. Er schrie in eben dem Augenblick, in dem die Winde verstummten.
    Das Labyrinth antwortete. Ein Schrei erhob sich. Der Schrei eines Mannes.
    Wie entfesselt durch dieses Geräusch, tosten die Winde erneut. Blitze krachten auf die im Norden aufragende Burg hinunter, und das Licht zeichnete den General schwarz gegen den Himmel ab. Schwarze Wolken bedeckten den Mond, und Regen peitschte herab.
    Die Karnickel hörten den General lachen, weinen, dem Blitz trotzen, während er mit seiner Krücke in den Himmel stach, als dirigiere er einen wilden Chor des Zorns.
     
     
    Schreie erhoben sich in jener Nacht aus dem Feigen Drachen wie nie zuvor. Frauen, die sich zuvor geweigert hatten, für ihre Kunden zu schreien, schrien jetzt laut genug, um all ihr vorangegangenes Schweigen wettzumachen. Unter diesen Schreien waren das Ächzen und Wimmern, die leisen Rufe und das Flehen sterbender Männer nicht zu hören. Vierzig Khalidori starben allein im

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