Am Rande Der Schatten
keuchte ohne erkennbaren Grund.
Dann ließ er sich schwer atmend zu Boden fallen.
Tenser lächelte. »Du großes tätowiertes Arschloch, niemand legt Hand an einen Prinzen des Reiches.«
»Was?«, fragte Neunfinger-Nick verwirrt.
»Ich bin ein Ursuul, und meine Zeit bei euch ist abgelaufen. Khali ist gekommen, und ich fürchte, sie wird euch alle brauchen. Das ist unser Gebet: Khali vas, Khalivos ras en me, Khali mevirtu rapt, recu virtum defite. ›Khali komm. Khali lebe in mir. Khali, nimm diese meine Opfergabe an, die Stärke jener, die sich dir widersetzen.‹ Ein Gebet, das heute erhört wird. Khali ist jetzt eine Locherin. Ihr werdet in ihrer heiligen Gegenwart leben. Es ist eine große Ehre, obwohl ich gestehe, dass sie nicht übermäßig begehrt ist.«
Von oben hörte Logan das Geräusch von etwas, das nur Wagenräder sein konnten, die das dritte Stockwerk des Schlunds erreichten.
»Warum bist du hier?«, fragte Nick.
»Das geht dich nichts an, obwohl es mein Werk ist, dass wir alle noch hier sind.« Tenser lächelte, als sei dies das Beste, was ihm je geschehen war.
»Was?«, fragte Nick.
»Du Bastard«, sagte Lilly. »Du hast dafür gesorgt, dass der Schlüssel nicht ins Schloss passte. Du hast ihn mir aus der Hand geschlagen. Du hast Gorkhy gerufen, du Scheißkerl!«
»Ja, ja, ja!« Tenser lachte. Er streckte eine Hand aus, und rotes Licht schoss daraus hervor. Die Locher wichen zurück und blinzelten mit Augen, die seit Monaten kein Licht mehr gesehen hatten. Das rote Licht schwebte durch die Gitterstäbe hoch über ihnen.
Irgendwo weit den Gang hinunter schrie jemand auf, als er das Licht sah.
Hinter Tenser griff Fin nach einer Schlinge seines Seils.
»Denk nicht einmal daran«, sagte Tenser. Er grinste gespenstisch. »Außerdem wird Khalis Anwesenheit nicht für alle von euch den Tod bedeuten. Du, Fin, du könntest dich unter Umständen sehr gut in ihrem Dienst machen. Ihr anderen tut gut daran, seinem Beispiel zu folgen.«
Ein alter Mann kam über den Gitterstäben in Sicht. Das Gitter sprang auf, und Logan erkannte Neph Dada. Bevor der Vürdmeister ihn sehen konnte, huschte Logan in seine kleine Nische.
Tenser erhob sich sachte durch die Luft, während die Magie des Vürdmeisters ihn anhob. Und den ganzen Weg über lachte er.
Das Gitter schlug krachend zu, und Logan streckte den Kopf hervor. Ein Scheinwerfer roten Lichts blendete ihn und hielt ihn an Ort und Stelle fest. »Oh«, sagte Tenser Ursuul, »und denk nicht, ich hätte dich vergessen, König. Ich kann es gar nicht erwarten, meinem Vater mitzuteilen, dass ich Logan Gyre gefunden habe, der sich in den tiefsten Tiefen seiner eigenen Kerker versteckt hält. Er wird meine Geschichte lieben.«
48
Garoth Ursuul war nicht erfreut, seinen Edeling zu sehen. Er hatte Tenser nicht rufen lassen, und trotz all der Vorsichtsmaßnahmen, die Neph Dada ergriffen hatte - er hatte Tenser zu Garoths privaten Gemächern gebracht und jedem Diener, an dem sie vorbeikamen, mit Magie die Zunge herausgerissen,
sodass sie nicht berichten konnten, was sie gesehen hatten -, besaß diese Burg trotzdem zu viele Augen. Es war nur zu wahrscheinlich, dass irgendjemand Tenser hatte kommen sehen. Gewiss hatten die Gefangenen im Schlund ihn das Gefängnis verlassen sehen.
Garoths Einschätzung nach bestand sogar die Chance, dass Tenser soeben seine Nützlichkeit zerstört hatte. Garoth mochte es nicht, wenn seine Edelinge sich Freiheiten herausnahmen. Niemand traf Entscheidungen für den Gottkönig.
Tenser sah das Missvergnügen auf Garoths Gesicht und kam eilig zum Ende seiner Geschichte.
»Ich, ich dachte, Logan könnte ein perfektes Opfer für Khali abgeben, möge ihr Name für immer verehrt werden, während sie ihr neues Heim bezieht«, sagte Tenser mit bebender Stimme. »Und ich habe mir überlegt, dass Baron Kirof inzwischen gefangen genommen worden sein muss …«
»Das hast du dir überlegt, ja?«, fragte Garoth.
»Er ist nicht gefangen genommen worden?«
»Baron Kirof ist bei einem Fluchtversuch von einem Bergpass in den Tod gestürzt«, sagte Neph. »Seinen Leichnam konnte man nicht bergen.«
Tensers Mund bewegte sich wie der eines Fisches, während er versuchte, die Neuigkeit zu verarbeiten.
»Dein Schuldspruch wird Bestand haben müssen«, sagte Garoth. »Es spielt keine Rolle. Diese Cenarier wussten meine Barmherzigkeit ohnehin nicht zu schätzen. Dies wird eine Lektion für künftige Eroberungen sein. Deine Nützlichkeit, Junge, hat sich
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