Am Rande Der Schatten
»Du gefällst mir, Moulina. Ich werde dich heute nicht töten. Nicht viele Frauen würden sich auf ein Wettpinkeln mit einem König einlassen, geschweige denn mit einem Gott.«
»Ich bin anders als jede Frau, der Ihr je begegnet seid«, sagte Vi, bevor sie sich bremsen konnte.
Sein Lächeln verwelkte. »Du hast eine zu hohe Meinung von dir selbst. Dafür werde ich dich brechen. Aber nicht heute. Eure Sa’kagé machen uns Probleme. Geh zu euren kleinen Unterweltfreunden und finde heraus, wer der wahre Shinga ist. Keine Galionsfigur. Finde es heraus und töte ihn.«
Vi fühlte sich zum ersten Mal nackt. Ihre Rüstung geriet ins Wanken. Gott oder Mann, Garoth Ursuul hatte titanisches Selbstbewusstsein. Er erklärte ihr, dass er sie brechen werde, und dann zeigte er nicht die geringste Sorge, dass sie ihm den Gehorsam verweigern könnte. Es war kein Bluff. Es war keine Arroganz. Es war eine simple Ausübung der Vorrechte gewaltiger Macht. Die Höflinge beäugten sie jetzt, wie die Hunde unter dem Tisch eines Königs einen schönen Brocken Fleisch beäugten, der vielleicht auf den Boden fiel. Vi fragte sich, ob der König sie einem von ihnen geben würde - oder ihnen allen.
»Weißt du«, begann der Gottkönig, »dass du hexergeboren bist? Mit magischer Begabung, wie ihr Leute aus dem Süden sagt. Hier ist also dein Anreiz. Wenn du diesen Shinga tötest, werden wir es dein Meisterwerk nennen, und du wirst nicht nur ein Meisterblutjunge sein, sondern ich werde dich selbst ausbilden. Ich werde dir eine Macht geben, die alles, was Hu Gibbet sich jemals auch nur vorstellen könnte, um ein Vielfaches übersteigt. Macht über ihn, wenn du es wünschst. Aber wenn du mich enttäuschst - nun.« Er zeigte ein schmallippiges Lächeln. »Enttäusch mich nicht. Und nun fort mit dir.«
Sie ging mit hämmerndem Herzen. Erfolg bedeutete Verrat an ihrer Welt. Verrat an der cenarischen Sa’kagé, der meistgefürchteten Unterweltorganisation in Midcyru! Es bedeutete, dass sie ihren Anführer für eine Belohnung töten sollte, von der sie sich nicht einmal sicher war, ob sie sie wollte. Eine Ausbildung beim Gottkönig selbst, um zur Hexerin zu werden? Noch während er gesprochen hatte, hatte sie sich vorgestellt, dass seine Worte Netze seien, die sie immer fester und fester an ihn banden. Es war beinahe mit Händen zu greifen, ein Zauber, der sich wie ein Netz über sie legte und sie herausforderte, dagegen anzukämpfen. Ihr war übel. Gehorsam war die einzige Möglichkeit. Wie schlimm ein Erfolg auch wäre, Versagen war keine Möglichkeit. Sie hatte die Geschichten gehört.
»Vi!«, rief der Gottkönig. Auf halbem Weg zur Tür blieb sie stehen, und ein Schauer überlief sie, da dieser Gräuel ihren Namen benutzte. Aber der Gottkönig lächelte. Jetzt berührte sein Blick ihr nacktes Fleisch, wie der Blick eines Mannes es tun mochte. Etwas flog wie ein Schatten auf sie zu, und sie fing den Ballen Stoff instinktiv aus der Luft auf. »Nimm dein Kleid mit«, sagte er.
6
»Ich fühle mich, als hätte ich eine Woche lang Sägespäne eingeatmet«, sagte Kylar.
»Flusswasser. Fünf Minuten«, erwiderte Uly. Angespannt. Schnodderig.
Kylar bemühte sich, die Augen zu öffnen, aber als er es tat, konnte er immer noch nichts sehen. »Du hast mich also herausgezogen. Wo sind wir, Uly?«
»Schnupper mal.« Sie stellte sich hart, was bedeutete, dass er ihr wirklich höllische Angst gemacht hatte. Ist es das, was kleine Mädchen tun?
Er bekam einen halben Atemzug in die Lunge, bevor er wegen des Gestanks husten musste. Sie waren in Momma Ks Bootshaus auf dem Plith.
»Es geht doch nichts über warme Abwässer in einer kühlen Nacht, hm?«, meinte Uly.
Kylar rollte sich auf die Seite. »Ich dachte, das sei dein Atem.«
»Der so gut riecht, wie du aussiehst«, entgegnete sie.
»Du solltest respektvoll sein.«
»Du solltest tot sein. Schlaf jetzt.«
»Denkst du, Herrschsucht sei niedlich?«
»Du brauchst Schlaf. Ich weiß nicht, was Herrschsucht damit zu tun hat.«
Kylar lachte. Es tat weh.
»Siehst du?«, sagte Uly.
»Hast du den Dolch bekommen?«
»Welchen Dolch?«
Kylar packte sie an der Vorderseite ihres Gewands.
»Oh, den, den ich nur mit einem Stemmeisen aus deiner Schulter bekommen konnte?«, fragte sie. Kein Wunder, dass seine Schulter schmerzte. Er hatte Uly noch nie gar so schnodderig und zungenfertig erlebt. Wenn er nicht aufpasste, würde sie in Tränen ausbrechen. Es war eine Sache, sich wie ein Esel zu fühlen. Eine
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