Am Rande Der Schatten
hatte den Orden des Strumpf bandes nicht geschaffen, um Zustimmung zu gewinnen. Es war einfach etwas, das in Ordnung gebracht werden musste. Aber irgendwie sah er, wo immer er hinschaute, Gesichter voller Hoffnung.
»Vor einigen Monaten wollte ich nicht König sein«, fuhr Logan fort, »aber im Loch hat mich etwas verändert. Vor dem Loch konnte ich Euch als einen Mob sehen. Jetzt sehe ich Euch als Brüder und Schwestern. Ich kann Euch bitten, mit mir zu bluten, mit mir zu sterben, und ich tue es. Viele von uns werden morgen bluten, und einige von uns werden sterben.« Er schaute in das Loch, auf dem er stand. Ist dies Euer Ausweg, Graf Drake? Oh, Vater, würde dies dich stolz machen? »Ich kann Euch bitten zu bluten, um Eure Ketten abzuwerfen, aber ich kann Euch nicht bitten, für meinen Ehrgeiz zu bluten.«
Die Menge wurde still.
»Im Loch habe ich gelernt, dass ein Mann oder eine Frau Macht über Leben und Tod haben kann, aber es gibt keine Macht über die Liebe. Meine Freunde, ich liebe Euch und diese Nation und die Freiheit, die wir gewinnen werden. Aber ich empfinde keine Liebe für diese Frau. Ich werde Terah Graesin nicht heiraten, nicht heute und auch an keinem anderen Tag.«
»Was?«, schrie Terah Graesin. Sie trat vor. »Gebietet ihm Einhalt, Havrin!«
Aber Herzog Wesseros hielt sie zurück, und Meister Nile verstärkte ihre Stimme nicht. »Terah«, sagte der Herzog, »wenn Ihr jetzt versucht, ihm Einhalt zu gebieten, wird auf der Stelle ein Bürgerkrieg ausbrechen.«
Ein Brüllen durchlief die Menge, und Männer sahen ihre Nachbarn an, zogen ihre Waffen aus der Scheide und versuchten herauszufinden, wer sich auf welche Seite stellen würde.
»HALT!«, rief Logan, und seine Stimme dröhnte über die Menge hinweg. Er hob die Hände. »Ich will nicht, dass auch nur ein einziger Mann stirbt, um mich zum König zu machen, geschweige denn tausend.« Er drehte sich um. »Lady Graesin, werdet Ihr mir Treue schwören?«
Ihre Augen blitzten, und diesmal verstärkte Meister Nile ihre Stimme durchaus. »Nicht wenn es tausend Mal tausend Leben kostet!«
Logan hob die Hände, um dem Aufruhr Einhalt zu gebieten. »Meine Freunde, wir haben keine Hoffnung, Khalidor zu besiegen, wenn wir nicht geeint sind. Also«, er wandte sich an Terah Graesin, die mit Zornesflecken im Gesicht ganz und gar nicht mehr schön war, »versprecht mir, dass Ihr den Strumpf bandorden einrichten und meine Gefolgsleute von
allen Verbrechen bis zum heutigen Tag freisprechen werdet … Versprecht mir das, und ich werde Euch Treue schwören.«
Terah Graesin zögerte nur einen Moment lang. Ihre Augen weiteten sich vor Ungläubigkeit, aber sie erholte sich schnell, bevor auch nur ein einziger Schrei laut werden konnte. »Abgemacht«, sagte sie. »Schwört jetzt.«
Logan kniete nieder und streckte die Hand nach der Mitte des Podests aus, wo Terah stand. In der perfekten Umkehrung eines Gyre-Falken, der die Flügel über den schwarzen Kreis von Unterwerfung und Einkerkerung hinaus ausstreckte, legte er seine Hand zurück in diesen Kreis.
Manchmal ist der einzige Ausweg aus einem Loch nicht das Klettern. Er berührte ihren Fuß im Eid der Unterwerfung.
»In Anerkennung Eurer Tapferkeit«, sagte Königin Graesin mit einem Tonfall, der nur so troff vor Gift, »werdet Ihr die Ehre haben, den ersten Angriff zu führen. Eure honigsüßen Worte werden die Vürdmeister zweifellos beeindrucken.«
61
Kaldrosa Wyn stand mit Hunderten von Frauen an der Spitze der Menge, alle in verschiedenen Stadien des Schocks, der Ungläubigkeit und der Tränen. Es waren zu viele Gefühle, um sie alle im Zaum zu halten. Im Allgemeinen hasste es Kaldrosa Wyn zu weinen. Jetzt waren ihre Tränen eine Erleichterung.
Sie hatte das Gefühl, als sei ihr Herz gerade auf das Dreifache seiner Größe angeschwollen. Herzog Gyre verblüffte sie. Hier war ein Mann, der um der Liebe willen den größten
Ehrgeiz auf der Welt beiseiteschob. Er hatte die harte Schale der Bitternis aufgebrochen, die um ihr Herz herum gewachsen war. Er hatte sie von Huren in Heldinnen verwandelt. Er war ein Heiliger, und dieses Miststück würde ihn in den Tod schicken.
Dann drängte sich die Menge um sie und die anderen Frauen; die Männer suchten nach geliebten Menschen, die sie verschmäht hatten. Neben Kaldrosa stand Daydra und schluchzte. Ein Bär von einem Mann schob sich durch das Gedränge, um sie zu erreichen, und als sie ihn sah, schwoll ihr Weinen an. Er war ein älterer Mann, ihr
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