Am Rande Der Schatten
Vater, und Tränen quollen ihm aus den Augen. Schnodder tropfte auf seinen großen, buschigen Schnurrbart. Bevor er ein Wort sagen konnte, fiel Daydra in Ohnmacht. Er fing sie auf und hielt sie so mühelos wie ein Baby auf den Armen. Ein anderes Paar umarmte sich neben Kaldrosa; die beiden konnten einfach nicht voneinander lassen.
Kaldrosa versuchte, diese Frauen nicht um ihres Glückes willen zu hassen. Sie fühlte sich tatsächlich neu, anders, nachdem der Berg der Scham von ihren Schultern gerutscht war. Aber Tomman war sicher in Cenaria. Würde er ihr so schnell vergeben? Würde sie jemals wieder in seinen Armen liegen, nachdem sie sich geliebt hatten, in dieser Zeit, da alle Dinge neu geschaffen wurden?
Die Frauen, die ihre verlorenen Geliebten nicht gefunden hatten, scharten sich zusammen. Sie sahen einander an, und sie kannten einander, selbst Frauen, die sich noch nie begegnet waren. Sie waren Schwestern. Aber selbst jetzt waren sie nicht allein. Die Bordellwirtinnen, die während der Ansprache weiter hinten gestanden und gewusst hatten, dass Mädchen übrig bleiben würden, hatten sich mittlerweile durch die Reihen der
Männer gedrängt und - allesamt Fremde - fielen einander in die Arme und weinten zusammen.
Ein wenig abseits sah Kaldrosa Wyn Momma K, die das Geschehen verfolgte. In den Augen der großartigen Frau standen keine Tränen, aber obwohl sie sich stockgerade hielt, sah sie aus, als wünschte sie, es hätte einen Mann gegeben, der sich für sie durch die Menge drängte. Kaldrosa wollte gerade auf sie zugehen, wobei sie über ihre eigene Tapferkeit staunte - gehen, um Momma K zu trösten! -, als sie ihn sah.
Er trug die Uniform eines Hexenjägers General Agons: einen fremdartigen Kurzbogen in einer Hand, einen Köcher auf dem Rücken und eine Rüstung aus gekochtem Leder über einem dunkelgrünen, mit gelben Streifen durchzogenen Gewand. Aber als er die Menge absuchte, wirkte ihr grimmiger, feuriger Tomman ängstlich. Dann trafen sich ihre Blicke.
Wie eine Marionette, deren Fäden durchtrennt waren, ließ Tomman sich auf die Knie sinken. Der Bogen fiel vergessen in den Schlamm. Tommans Gesicht verzerrte sich. Er streckte die Arme aus, und in seinen Augen stiegen Tränen auf. Es war eine innigere Entschuldigung, als er sie jemals in Worte hätte fassen können.
Kaldrosa lief auf ihn zu.
»Ich fühle mich, als sei ich öfter hier gewesen als einige der Menschen, die hier leben«, erklärte Kylar.
»Still«, sagte Vi.
Als er gekommen war, um Logan zu holen, hatte Kylar ein Skiff genommen, das kaum groß genug für sie gewesen war. Obwohl recht klein, war das Boot unglaublich schnell gewesen, und es war Kylar gelungen, dem einzigen Boot auszuweichen, das vor der Insel Vos patrouilliert hatte. Jetzt waren drei
Boote auf Patrouille, daher würden sie auf die gleiche Weise auf die Insel übersetzen, wie er es getan hatte, als er zu Elenes Rettung gekommen war.
Kylar folgte Vis Beispiel, warf ein Knie über das Seil und zog sich Hand für Hand das Seil entlang, das unter der Brücke hing. Vis Schuss war perfekt gewesen, daher konnten sie das Seil viel fester anziehen, als es ihm bei seinem früheren Versuch gelungen war. Als sie an den Überresten seines Pfeils vorbeikam, der noch von seinem miserablen Schuss im Holz steckte, hielt sie inne. »Eine Legende, bei meinem Arsch«, murmelte sie.
Eine Bemerkung, die Kylars Aufmerksamkeit unweigerlich auf besagten Körperteil lenkte. Schon wieder. Obwohl ihm dazu nicht als Erstes das Wort »legendär« eingefallen wäre. Aber ihr Hintern war nett. Schön gerundet. Und kam in ihren engen, dehnbaren Roben wunderbar zur Geltung. Anders als so viele andere athletische Frauen hatte Vi Kurven. Runde Hüften und ehrfurchtgebietende Brüste.
Warum denke ich über Vis Brüste nach?
Kylar zog sich Hand über Hand weiter und runzelte finster die Stirn. Das war eine Ablenkung, die er nicht gebrauchen konnte. Wieder betrachtete er Vis Hintern. Schüttelte den Kopf. Schaute wieder hin. Warum fühle ich mich so zu ihrem Hintern hingezogen? Wie verrückt ist das denn? Warum mögen Männer überhaupt Hintern?
Vi erreichte die Burgmauer und ließ ein Seil herunter. Sie flüsterte einige Worte, und Schatten hüllten sie ein. Es war nichts Großartiges, nicht annähernd so großartig wie das, wozu Durzo fähig gewesen war oder was Kylar vermochte. Ihre Schatten waren lediglich schwarz und verhüllten die erkennbare Menschlichkeit ihrer Gestalt. Trotzdem war
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