Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
Vom Netzwerk:
auf der Straße eine letzte Nacht unter den Sternen. Morgen würden sie Caernarvon erreichen und damit ihr neues Leben beginnen.
    »Ich habe all meine Probleme in Cenaria gelassen. Nun, bis auf die beiden, die ich mitgeschleppt habe«, antwortete Kylar.
    »He!«, sagte Uly. Sie zeichnete sich zwar durch die gleiche beängstigende Klugheit aus wie ihre leibliche Mutter, Momma K, ließ sich mit ihren erst elf Jahren aber wesentlich leichter herausfordern.

    »Mitgeschleppt?«, wiederholte Elene und stützte sich auf einen Ellbogen. »Wenn ich mich recht erinnere, ist dies mein Wagen.« Das stimmte. Jarl hatte ihnen den Wagen gegeben, und Momma K hatte ihn mit Kräutern beladen, die Kylar benutzen konnte, um einen kleinen Heilmittelladen aufzumachen. Vielleicht mit Rücksicht auf Elenes Empfindlichkeit waren die meisten davon sogar legal. »Wenn jemand mitgeschleppt worden ist, dann warst das du.«
    »Ich?«, fragte Kylar.
    »Du hast ein solch jämmerliches Schauspiel geboten, dass es mir peinlich für dich war. Ich habe es nur getan, um deinem Gebettel ein Ende machen.«
    »Nun, und da dachte ich, du seist eine hilflose …«, begann Kylar.
    »Und jetzt weißt du es besser«, erklärte Elene selbstzufrieden, während sie sich wieder in ihre Decken hüllte.
    »In der Tat! Du hast so viele Verteidigungsmöglichkeiten, dass ein Mann sich glücklich schätzen könnte, einmal in tausend Jahren bei dir Glück zu haben«, sagte Kylar mit einem Seufzen.
    Elene sog scharf die Luft ein und richtete sich auf. »Kylar Thaddeus Stern!«
    Kylar kicherte. »Thaddeus? Der ist gut. Ich kannte mal einen Thaddeus.«
    »Ich auch. Er war ein blinder Idiot.«
    »Wirklich?«, fragte Kylar, und seine Augen tanzten. »Der, den ich kannte, war berühmt für seinen gigantischen …«
    »Kylar!«, unterbrach ihn Elene und deutete auf Uly.
    »Seinen gigantischen was?«, fragte Uly.
    »Jetzt hast du’s geschafft«, erklärte Elene. »Seinen gigantischen was, Kylar?«

    »Seine gigantischen Füße. Und du weißt ja, was man über große Füße sagt.« Er zwinkerte Elene lüstern zu.
    »Was?«, fragte Uly.
    »Große Schuhe«, antwortete Kylar. Er ließ sich in seine eigenen Decken nieder, geradeso selbstgefällig, wie Elene es Sekunden zuvor gewesen war.
    »Ich verstehe es nicht«, sagte Uly. »Was bedeutet das, Elene?«
    Kylar kicherte boshaft.
    »Ich werde es dir erklären, wenn du älter bist«, sagte Elene.
    »Ich will es nicht wissen, wenn ich älter bin. Ich will es jetzt wissen«, verlangte Uly.
    Elene gab ihr keine Antwort. Stattdessen boxte sie Kylar gegen den Arm. Er ächzte.
    »Werdet ihr jetzt miteinander ringen?«, wollte Uly wissen. Sie krabbelte aus ihren Decken und setzte sich zwischen sie. »Denn am Ende fangt ihr immer an, euch zu küssen. Es ist widerlich.« Sie verzog das Gesicht und machte schmatzende Kussgeräusche.
    »Unser kleines Verhütungsmittel«, bemerkte Kylar. So sehr er Uly liebte, Kylar war davon überzeugt, dass sie der einzige Grund war, warum er nach drei wunderbaren Wochen unterwegs mit der Frau seines Herzens immer noch Jungfrau war.
    »Machst du das noch mal?«, fragte Elene Uly lachend und lenkte so klug von der Was-ist-ein-Verhütungsmittel-Frage ab.
    Uly schnitt eine Grimasse und machte erneut Kussgeräusche, und schon bald brachen die drei in Gelächter aus, das einen heftigen Kitzelkampf nach sich zog.
    Anschließend lauschte Kylar, der vor lauter Lachen Seitenstechen hatte, dem Atem der beiden Mädchen. Elene hatte
die Gabe einzuschlafen, sobald ihr Kopf ein Kissen berührte, und Uly brauchte nicht viel länger. Heute Nacht war Kylars Schlaflosigkeit kein Fluch. Seine bloße Haut strahlte vor Liebe. Elene rollte sich herüber und schmiegte sich an seine Brust. Er sog den frischen Duft ihres Haares ein. Er konnte sich nicht daran erinnern, sich jemals in seinem Leben so gut gefühlt zu haben, so akzeptiert. Sie würde ihn vollsabbern, das wusste er, aber es spielte keine Rolle. Sabbern war irgendwie niedlich, wenn Elene es tat.
    Kein Wunder, dass Uly so angewidert war. Er war jämmerlich. Aber zum ersten Mal in seinem Leben fühlte sich Kylar wie ein guter Mann. Er hatte immer das eine oder andere gut gekonnt, er war gut darin, Schlösser aufzubrechen, gut darin zu klettern, sich zu verstecken, zu kämpfen, zu vergiften, sich zu verkleiden und zu töten. Aber bis Elene aufgetaucht war, hatte er sich niemals gut gefühlt. Wenn sie ihn anschaute, war der Kylar, den er in ihren Augen widergespiegelt sah,

Weitere Kostenlose Bücher