Am Rande Der Schatten
und Agons Hunden, nicht seiner eigenen Stärke oder Tüchtigkeit, aber als Jenines Name über die widerwärtige Zunge der Bestie kam, verspürte Logan die Macht gerechten Zorns.
»Eure entzückende, entzückende Frau le…«
Logans Schwert blitzte auf, und er schlug den Kopf ab. Auf dem Boden zerplatzte er zu Klumpen verwesenden Fleisches.
Einen Moment lang erstarrte die Bestie. Sie bewegte keinen Muskel, und während der Moment sich in die Länge zog, jubelten die Cenarier plötzlich, weil sie dachten, Logan habe die Bestie irgendwie getötet.
Dann reckte der Troll die Arme gen Himmel und stieß ein Brüllen aus, das die Erde erbeben ließ. Zwei seiner Augen waren auf Logan gerichtet, und die riesige, beinerne Sichel wurde zurückgezogen.
71
Vi strich mit sanften Fingern über Kylars Haar. Der Ferali vor ihnen hatte sich in einen Troll verwandelt und watete durch die cenarischen Linien. Sie sah ihn kaum. Sie starrte auf Kylars totes Gesicht. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, wie jung er aussah. Kylar war heiter, friedlich. Vi hatte ihn ermordet. Sie hatte dem Gottkönig Unsterblichkeit geliefert.
Etwas spritzte auf seine Wange. Vi blinzelte. Was zur Hölle? Der Tropfen rollte an seiner Wange hinunter zu seinem Ohr. Sie blinzelte abermals, schneller diesmal, und weigerte sich zu glauben, dass sie weinte. Was hatte Schwester Ariel gesagt? Etwas darüber, dass sie ein emotionaler Krüppel sei? Vi betrachtete ihre Träne, die auf Kylars Ohr glänzte, und wischte sie weg. Dieses Miststück hat mich dumm genannt.
Und genau das war sie. Ihr Finger erstarrte.
Es traf Vi wie ein Streitross in vollem Galopp. Sie war Schwester Ariel doch nicht entkommen.
Plötzlich bekam Vi keine Luft mehr. Jetzt sah sie die Falle der Schwester, ausgelegt in jedem Wort, das Ariel gesprochen hatte. Sie sah den Köder und die Konsequenzen. Es war keine Flucht, aber es war eine Flucht vor dem Gottkönig.
Dazu musste Vi Kylar lediglich etwas antun, das schlimmer als alles war, was Hu Gibbet ihr jemals angetan hatte. Sie schob unsicher eine Hand in einen Beutel und fand das Kästchen
genau da, wo sie es hingelegt hatte. Nachdem sie das Kästchen geöffnet hatte, betrachtete sie die waeddrynischen Eheringe, die darin lagen.
Wenn sie das tat, würde es wie eine Vergewaltigung sein, und Vi wusste, was eine Vergewaltigung war.
Aber es war die einzige Möglichkeit. Schwester Ariel hatte ihr durch die Niles alle Informationen geben lassen, die Vi benötigen würde. Sie hatten ihr erklärt, dass sie »ein äußeres Zeichen für eine innere Veränderung« benötigen würde, um den Zwang zu durchbrechen. Sie hatten von der mächtigen Magie in einigen der alten Ringe gesprochen und darüber, dass sie eine Art von Zwangzauber bargen. Und das Miststück von Hexerin hatte die Karotte selbst vor ihrer Nase baumeln lassen: schnelle Beförderung, privater Unterricht, Wichtigkeit.
Vi scherte es nicht. Sie würde das nicht für sich selbst tun. Sie würde es tun, weil der Gottkönig, wenn sie es nicht tat, unsterblich werden würde. Und Vi seine handzahme Attentäterin sein würde, eine Landplage, die jeden niedermetzelte, der es wagte, ihm zu trotzen. Sie würde dies für die armen Bastarde tun, die auf dem Schlachtfeld bei lebendigem Leib gefressen wurden. Sie würde es tun, weil Kylar, wenn sie es nicht tat, wahrhaft sterben würde.
Aber er würde ihr niemals verzeihen.
Sie fuhr mit den Fingern durch Kylars Haar. Sein Gesicht sah kalt und reglos aus, verurteilend. Sie würde entfliehen; sie würde sich verändern, aber Kylar und Elene würden den Preis zahlen.
Der Ohrring durchstach ihr linkes Ohr, und der Verschluss schmolz nahtlos zusammen. Der Schmerz trieb ihr Tränen in die Augen. Im nächsten Moment rannen sie ihr
übers Gesicht, während sie den anderen Ring durch Kylars Ohr stach.
Eine Woge der Wärme entzündete sie von Kopf bis Fuß. Sie spürte, wie der Zwang verwelkte und in Stücke brach. Das war nichts verglichen mit der plötzlichen Sehnsucht, die sie verspürte. Sie schnappte nach Luft. In ihrer bloßen Haut, im Magen, im Rückgrat spürte sie Kylar. Seine Verletzungen heilten, aber er hatte solche Schmerzen, dass es ihr Qual bereitete. Ihre Finger kribbelten, wo sie sein Gesicht berührte. Er war attraktiver denn je. Sie wollte, dass er sie kannte. Sie wollte die Wahrheit gestehen und Vergebung erlangen und dass er ihre Liebe erwiderte. Sie wollte, dass er sie in den Arm nahm, dass er ihre Wange berührte, dass seine Finger
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