Am Rande Der Schatten
Spiegel geübt.
»Diese Familie«, sagte Kylar mit einer Stimme, die so seidenweich war wie eine Katze auf der Pirsch, »steht unter meinem Schutz.«
Er hob die linke Hand und bog die Finger. Mit einem Zischen glitt der Ka’kari als langer, spitzer Dolch aus einer Rauchwolke hervor. Ein sanftes, blaues Feuer loderte in Kylars Augen auf. Es war vollkommen unnötig - es verdarb seine Nachtsicht, ganz davon zu schweigen, dass es sich unangenehm anfühlte, aber die Wirkung war es wert.
Der Shinga zitterte, blieb wie angewurzelt stehen, sein Mund hing schlaff herunter, und Kylar sah, wie sich auf der Hose des Mannes ein Fleck ausbreitete und sich eine Pfütze zu seinen Füßen sammelte.
»Lauft«, sagte Kylar und ließ für einen kurzen Moment blaues Feuer in seinem Mund sehen. Ich werde eine Woche lang nichts schmecken.
Die Banditen stürzten davon und ließen ihre Waffen fallen, aber Kylar verspürte keine Befriedigung. Gerade als er dachte, er könne sich wirklich nicht noch tiefer in die Klemme bringen, hatte er genau das geschafft. Was hatte Durzo ihm vor mehr als einem Jahrzehnt gesagt? »Eine Drohung ist ein Versprechen,
Junge. Auf der Straße kannst du in Bezug auf alles lügen, nur nicht in Bezug auf deine Drohungen. Eine leere Drohung ist Kapitulation.«
Von Übelkeit erfüllt blickte Kylar in das Haus. Die Frau und ihr Ehemann knieten noch immer vor ihrem Bett und hielten einander an den Händen. Sie hatten nichts gesehen oder gehört. Als Kylar jedoch hineinschaute, drückte die Frau ihrem Mann die Hand.
»Es wird uns nichts geschehen«, sagte sie schließlich laut. »Ich kann es spüren. Ich fühle mich jetzt besser.«
Es freut mich, dass sich wenigstens einer von uns besser fühlt.
»Vor nicht allzu langer Zeit wart ihr Ehefrauen, Mütter, eine Töpferin, eine Brauerin, eine Näherin, eine Schiffskapitänin, eine Glasbläserin, eine Kauffrau, eine Geldwechslerin«, sagte Jarl.
Dies war das sechste Mal, dass Jarl predigte, und es war nicht einfacher geworden. Während er die vor ihrer Schicht versammelten Huren und Schläger des Feigen Drachen betrachtete, sah er Verlegenheit. Sie waren jetzt käuflich - und das nicht freiwillig. Die meisten gaben nicht gern zu, dass sie jemals etwas anderes gewesen waren. Es war zu hart.
»Vor nicht allzu langer Zeit«, sagte Jarl, »war ich ein Stricher.«
Bei dieser Bemerkung gingen Augenbrauen in die Höhe, obwohl Jarl gewettet hätte, dass sie bereits wussten, dass er seinen Körper verkauft hatte. Er hatte den Ausdruck mit Absicht benutzt, um zu zeigen, dass er keine Macht über ihn hatte. Selbst unter Huren waren Männer zweitklassig. Die Mädchen mochten sie bewundern, aber die Kundschaft behandelte männliche Prostituierte wie Dreck. Eine Hure - wenn auch
eine Hure - war immer noch eine Frau, aber ein Stricher war etwas Geringeres als ein Mann. Dass der neue Shinga früher ein solcher gewesen war und es nicht nur zugab, sondern offen aussprach, hatten sie nicht erwartet.
»Vor nicht allzu langer Zeit haben die Sa’kagé in erster Linie Gras, Tabak und Whiskey geschmuggelt«, fuhr er fort.
Zusammen hatten Jarl und Momma K seit der Invasion eine Menge neuer Bordelle eröffnet. Die meisten von ihnen trugen sich kaum selbst, aber darum ging es nicht. Sie hatten es getan, um so viele Frauen und Männer wie möglich zu schützen. Der Feige Drachen jedoch war eins der lukrativen Bordelle, weil er exotische Bedürfnisse bediente. Hier gab es ein Mädchen namens Daydra, das Elene Cromwylls Zwilling hätte sein können, ohne die Narben. Jungfräulichkeit war ihre Stärke. Ihre Mitbewohnerin, Kaldrosa Wyn, spielte eine sethische Piratin. Außerdem fanden sich hier in Seide gewandete Ladeshi, Modaini mit stark geschminkten Augen und gelockte ymmurische Tanzmädchen.
»Jetzt«, sagte Jarl und hielt inne, »seid ihr Huren, ich bin der Shinga, und die Sa’kagé schmuggeln noch immer die gleichen verdammten Dinge. Als hätte sich nichts geändert. Aber ich sage euch eines: Ich habe mich geändert. Ich bin da rausgekommen. Ich bin anders. Ich habe meine zweite Chance ergriffen und etwas daraus gemacht, und das könnt ihr ebenfalls.« Es war der einzige Teil der Predigt, von dem Jarl dachte, dass er vielleicht eine Lüge war.
Er hatte Momma K danach gefragt. »Warum streiten die Leute nicht darüber, ob die Erde flach ist?«, fragte sie.
Jarl zuckte die Achseln. »Es ist allgemein bekannt.«
»Genau«, sagte sie. »Die Dinge, die Leidenschaft wecken, sind
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