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Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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menschliches Wesen. Ulys kurzes Leben war eine Geschichte des Verlassenwerdens: ihr Vater, ihre Mutter, eine Amme nach der anderen. Sie wollte einfach etwas Unverrückbares in ihrem Leben.

    Kylar umarmte sie. »Ich werde dich nicht verlassen«, schwor er. »Niemals. Nie, niemals.«

24
    Vi ritt in Caernarvon ein, als die Sonne unterging. Während ihrer Wochen auf der Straße hatte sie ihre Strategie geändert. Gewiss würden die Sa’kagé hier Kylar kennen. Wenn er auch nur die geringste Ähnlichkeit mit Hu Gibbet hatte, würde es ihm nicht gefallen, lange auf das Töten zu verzichten. Wenn er Aufträge angenommen hatte, würde der Shinga ihn kennen. Ein solch begabter Blutjunge würde nicht unbemerkt bleiben.
    Andererseits, falls Kylar keine Aufträge angenommen hatte, standen die Chancen trotzdem gut, dass die Augen und Ohren der Sa’kagé von seinem Auftauchen in Caernarvon wissen würden. Vi hatte herzlich wenig Lob für Caernarvons Sa’kagé gehört, und falls Kylar sich ehrlich Mühe gab, sich zu verstecken, würde Vi ihn niemals finden, aber es waren drei Monate vergangen. Verbrecher kehrten immer zu ihren Verbrechen zurück, selbst wenn sie reichlich Geld hatten, und sei es nur deshalb, weil sie nicht wussten, was sie sonst mit sich anfangen sollten. Was war ein Blutjunge ohne das Töten?
    Die Läden waren alle geschlossen. Die anständigen Familien hatten sich für den Abend in ihre Häuser zurückzogen, und in den Gaststuben und Bordellen begann es gerade erst hoch herzugehen, als Vi tiefer in den südlichen Teil der Stadt vordrang. Sie trug Reithosen aus weißem Rehleder und eine
baumwollene, locker sitzende Männerrobe. Das rote Haar hatte sie sich zu einem schlichten, strammen Pferdeschwanz zurückgebunden. In Cenaria begann gerade die Regenzeit, aber hier verweilte noch der Sommer, und Vi hielt auf Reisen viel von Bequemlichkeit, und zur Hölle mit der Mode. Über Mode zerbrach sie sich nur den Kopf, wenn sie dadurch etwas zu gewinnen hatte. Trotzdem, nach zwei harten Wochen im Sattel hätte sie gegen ein Bad nichts einzuwenden gehabt.
    Sie ritt durch die vierte schlechte Straße in Folge und fragte sich, warum sie noch nicht überfallen worden war. Sie hatte all ihre Waffen versteckt, um absolut schutzlos zu wirken. Was war los mit diesen Leuten?
    Zwanzig Minuten später trat endlich jemand aus der Dunkelheit.
    »Hübscher Abend heute, hm?«, sagte der Mann. Er war schäbig, schmutzig, betrunken. Perfekt. In einer Hand hielt er einen Knüppel und in der anderen einen Weinschlauch.
    »Raubst du mich aus?«, fragte Vi.
    Ein halbes Dutzend Halbwüchsiger kam aus dem Schatten und umringte sie.
    »Nun, ich …« Der Mann grinste und entblößte dabei zwei geschwärzte Schneidezähne. »Dies hier ist eine Zollstraße, und du wirst …«
    »Wenn du mich nicht ausrauben willst, dann mach, dass du wegkommst. Oder bist du ein vollkommener Idiot?«
    Das Lächeln verschwand. »Nun, so ist es«, erklärte er schließlich. »Ich meine, ich raube dich aus. Tom Grau geht keinem Miststück aus dem Weg.« Dann schlug er sich beinahe selbst auf den Kopf, als er versuchte, aus seinem Knüppel zu trinken statt aus dem Weinschlauch. Die Jungen lachten, aber einer von ihnen griff nach den Zügeln ihrer schwarzen Stute.

    »Ich muss mit dem Shinga sprechen«, sagte sie. »Könnt Ihr mich zu ihm führen, oder muss ich jemand anderen finden, der mich überfällt?«
    »Du gehst nirgendwohin, bis du mir dreizehn …«
    Einer der Jungen hüstelte.
    »… ähm, vierzehn Silberstücke gegeben hast.« Sein Blick wanderte über ihre Brüste, und er fügte hinzu: »Und vielleicht ein klitzekleines bisschen dazu.«
    »Wie wär’s, wenn du mich zum Shinga brächtest und ich deine jämmerliche Männlichkeit unversehrt ließe?«, bemerkte sie.
    Toms Miene verdüsterte sich. Er warf einem der Jungen den Weinschlauch zu, trat vor Vi hin und hob den Knüppel. Dann packte er sie am Ärmel und riss sie aus dem Sattel.
    Vi nutzte die Schwungkraft und trat ihm ins Gesicht, bevor sie leichtfüßig auf dem Boden landete, während Tom Grau der Länge nach hinschlug.
    »Kann einer von euch anderen mich zum Shinga bringen?«, fragte sie, ohne Tom zu beachten.
    Sie alle schienen verwirrt darüber, dass Tom mit einer blutigen Nase auf der anderen Seite der Straße gelandet war, aber nach einem Moment des Zögerns sagte ein dürrer junger Mann mit großer Nase: »Shinga Sniggle erlaubt uns nicht, zu jeder Tages- und Nachtzeit zu ihm zu kommen. Aber

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