Am Rande Der Schatten
schlief und nahm ihre einzige Mahlzeit des Tages ein - ihr Gewicht wurde weniger, verwünscht sei es, wenn auch langsam. Jede Nacht kehrte sie in den Wald zurück, weil es möglich war, dass etwaige Magie, mit der der Wald belegt war, von der Tageszeit beeinflusst wurde.
Am dritten Tag kam Ariel in Sichtweite des Waldes selbst, und die Trennlinie zwischen dem Eichenhain und dem eigentlichen Wald war krass - offensichtlich magischer Natur. Trotzdem, sie beeilte sich nicht. Stattdessen bewegte sie sich noch langsamer voran. Vorsichtiger. Am fünften Tag zahlte ihre Geduld sich aus.
Ariel war dreißig Schritt von der Linie zwischen dem Eichenhain und dem Wald entfernt, als sie den Schutzzauber spürte. Sie blieb so abrupt stehen, dass sie beinahe gestürzt wäre. Ungeachtet des Schmutzes setzte sie sich hin und schlug die Beine übereinander. Die nächste Stunde verbrachte sie einfach damit, den Schutzzauber zu berühren und zu versuchen, ein Gefühl für seine Beschaffenheit und Stärke zu bekommen, ohne eigene Magie zu benutzen.
Dann stimmte sie einen leisen Singsang an. Obwohl sie bis tief in die Nacht arbeitete und sich doppelt und dreifach versicherte, dass sie recht hatte und dass ihr nichts entgangen war, fand sie nur simple Zauber. Einer registrierte lediglich, ob ein Mensch die Grenze überschritten hatte. Der zweite, ein wenig kompliziertere, markierte den Eindringling. Es war ein
schwacher Zauber, der sich an Kleidung und Haut heftete und sich nach nur wenigen Stunden auflöste. Ezra - Ariel stellte eine Vermutung an, aber sie hielt sie für eine sehr gute - hatte den Zauber so niedrig über die Erde gebreitet, dass er vielleicht die Schuhe des Eindringlings markierte, so niedrig, dass er vom Unterholz verdeckt wurde.
Doch das eigentlich Schlaue daran war die Platzierung. Wie viele Magi hatten die augenfällige Linie dreißig Schritt hinter dieser gesehen und waren direkt durch die Falle gelaufen, bevor sie ihre Verteidigungsschilde erhoben hatten?
Jetzt, da sie die Falle gesehen hatte, würde es einfach sein, sie zu umgehen, aber das tat Schwester Ariel nicht. Stattdessen schrieb sie ihre Entdeckungen in ihr Tagebuch und kehrte nach Torras Bend zurück. Wenn ihr irgendwelche Irrtümer unterlaufen waren, würde sie sterben, bevor sie das Gasthaus erreichte. Auf dem Weg dorthin war sie daher reichlich angespannt. Bei dem Gedanken daran, Ezras uralte Magie niederzureißen, sang ihre Seele, aber sie gab den Verlockungen der Arroganz nicht nach.
Die Briefe der Sprecherin wurden schriller und forderten, dass Ariel Jessie fand, dass Ariel etwas tat, um ihr zu helfen, die auf keimende Krise mit den Leibeigenen abzuwenden. Ariel hielt die Augen offen, in der Hoffnung, eine Frau zu finden, die den Zwecken ihrer Schwester vielleicht dienen konnte, aber die Bewohner von Torras Bend waren eifrig darauf bedacht, jedes Kind wegzuschicken, das auch nur die geringste magische Begabung zeigte. Ariel würde hier nicht finden, was Istariel brauchte.
Also ignorierte sie die Briefe. Es gab eine Zeit und einen Ort für Hast. Der Ort war nicht hier, und die Zeit war nicht jetzt.
25
»Viridiana Sovari?«
Beim Klang ihres Namens blieb Vi auf dem überfüllten Marktplatz wie angewurzelt stehen. Ein schmutziger kleiner Mann wackelte nervös mit dem Kopf. Er hielt ihr einen Brief hin, aber sie nahm ihn nicht entgegen. Er achtete peinlich darauf, ihr nicht zu nahe zu kommen, und er gaffte sie nicht an, daher vermutete sie, dass er eine Ahnung davon hatte, was sie war. Er lächelte unterwürfig, warf einen Blick auf ihre Brüste und starrte dann verstockt auf seine Füße.
»Wer bist du?«, fragte sie.
»Niemand Wichtiges. Nur ein Diener unseres... gemeinsamen Herrn«, sagte er, während er die Menge um sie herum betrachtete. Ihr Herz wurde zu Eis. Nein, das konnte nicht sein. Er hielt ihr abermals den Brief hin, und sobald sie ihn entgegengenommen hatte, verschwand er in der Menge.
» Moulina «, stand in dem Brief zu lesen. »Wir sind in der Tat neugierig zu erfahren, woher du wusstest, dass Jarl nach Caernarvon gehen würde, aber dass du es wusstest, sagt uns, dass du in der Tat die Beste bist. Wir wünschen außerdem, dass du dich um Kylar Stern kümmerst. Wir bevorzugen es, ihn lebend in die Hände zu bekommen. Falls dies nicht möglich ist, verlangen wir seinen Leichnam und all seine Habe, wie nichtig sie auch erscheinen mag. Bring sie uns unverzüglich.«
Vi faltete den Brief zusammen. Der Gottkönig konnte
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