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Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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angesichts ihres jähen Wutanfalls zusammen. Barush Sniggle zwang sich einen Moment später zu einem Lachen.
    »Du kleiner Hosenscheißer, du Abschaum der Gosse, wenn du noch einmal mein Haar berührst, schwöre ich, dass ich dich in Stücke reißen werde«, sagte Vi zitternd.
    Er beschimpfte sie und riss den Lederriemen heraus, mit dem sie sich die Haare zurückgebunden hatte. Ihr Haar fiel ihr zum ersten Mal seit Jahren offen über die Schultern. Sie stand nackt und entblößt dar, und die Männer lachten.
    Sie geriet außer sich. Sie fluchte, und ihre magische Gabe durchströmte sie so mächtig, dass es schmerzte. Ihre Arme
sprengten sich aus der Umklammerung der Männer frei, und sie brach Tom Grau und dem Leibwächter gleichzeitig einige Rippen. Bevor Tom sich krümmen konnte, griff sie ihm mit einer Hand in die Haare. Sie stach ihm die Finger in die Augenwinkel, tief in die Höhlen, und riss seine Augen heraus. Sie wirbelte herum, und Männer schrien durcheinander und rannten davon, und in ihrer Verwirrung und in ihrem Zorn wusste sie nicht einmal, welchem von ihnen sie nachjagen sollte.
    Vi wusste nicht, wie viel Zeit verging, während sie ihre Scham und ihren Zorn an den beiden Männern ausließ.
    Als sie wieder zu sich kam, das Haar mit einem blutdurchtränkten Lumpen bedeckt, saß sie auf einer kleinen Veranda. Der Shinga und die Jungen waren geflohen. Es war niemand auf der Straße, außer ihrem unerschütterlichen Pferd, das still dastand, bis sie es rief, ganz wie sie es ausgebildet hatte, und zwei wie Menschen geformte Klumpen lagen auf der Straße.
    Während sie unsicher auf das Pferd zuging, kam sie unmittelbar an dem vorbei, was einst Tom Grau und der Leibwächter gewesen waren. Die Leichen waren zerfetzt. Sie hatte - Nysos - sie hatte niemals eine Waffe gezogen, und sie hatte dies angerichtet. Ihr Magen krampfte sich zusammen, und sie erbrach sich auf die Straße.
    Es ist nur ein einfacher Auftrag. Der Gottkönig wird mir verzeihen, dass ich Jarl nicht getötet habe. Ich werde eine Meisterin sein. Ich werde Hu Gibbet nie wieder im Bett oder irgendwo sonst dienen müssen, niemals wieder. Ich töte Kylar, dann bin ich frei. Du bist nah dran, Vi. So nah. Du kannst es schaffen.
     
     
    Schwester Jessie al’ Gwaydin war tot. Davon war Ariel überzeugt. Die Dorf bewohner hatten sie seit zwei Monaten nicht
mehr gesehen, und ihr Pferd stand immer noch im Stall des Gastwirts. Das sah Jessie gar nicht ähnlich, wohl aber das Eingehen von Risiken. Dummes Mädchen.
    Schwester Ariel kniete sich hin, nachdem sie den Eichenwald erreicht hatte, nicht um zu beten, sondern um ihre Sinne auszusenden. Weiter als bis zu diesem Eichenhain waren die Einheimischen nicht bereit, in Richtung des Iaosischen Forstes, auch Ezras Wald genannt, zu gehen. Die Bewohner von Torras Bend rühmten sich ihres Sinnes fürs Praktische. Sie fanden nichts Abergläubisches oder Törichtes daran, um den Jäger den gleichen großen Bogen zu machen, wie ihre Vorfahren es getan hatten. Die Geschichten, die sie ihr erzählt hatten, waren keine wilden Übertreibungen. Tatsächlich waren sie gerade wegen ihres Mangels an Einzelheiten glaubwürdig.
    Jene, die in den Wald hineingingen, kamen nicht wieder heraus. So einfach war das.
    Also fischten die Dorf bewohner in dem sich dahinschlängelnden Roten Fluss und sammelten bis zum Rand des Eichenhains Holz, aber dort machten sie halt. Die Wirkung war verblüffend. Jahrhundertealte Eichen grenzten direkt an kahle Felder. An einigen Stellen waren jüngere Eichen gefällt worden, aber sobald die Bäume ein gewisses Alter erreichten, fassten die Dorf bewohner sie nicht mehr an. Der Eichenhain hatte sich über Jahrhunderte hinweg langsam ausgedehnt.
    Sie konnte hier nichts spüren, nichts als die Kühle eines Waldes, konnte nichts riechen als saubere, feuchte Luft. Als sie sich erhob und langsam durch das niedrige Unterholz ging, hielt sie ihre Sinne geschärft, blieb regelmäßig stehen und machte halt, wenn sie den Eindruck hatte, dass sie auch nur das geringste Zittern in der Luft wahrnahm. Auf diese Weise kam sie nur langsam voran, aber Ariel Wyant Sa’fastae
war bekannt für ihre Geduld, selbst unter den Schwestern. Außerdem war es Tollkühnheit, die zu Jessie al’ Gwaydins Tod geführt hatte. Wahrscheinlich.
    Obwohl der Eichenhain nur eine Meile breit war, brauchte sie lange, um ihn zu durchqueren. Jeden Nachmittag kehrte sie, nachdem sie ihr Vorankommen markiert hatte, in das Gasthaus zurück,

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