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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
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mir melden? Bitte? Wenigstens, was das Verfahren angeht. Da könnte ich dir wirklich helfen.«
    »Ich weiß immer noch nicht, ob ich das machen soll oder nicht.« Sie wollte ihm nicht sagen, dass sie noch nicht mal ihre Aussage fertig geschrieben hatte. Aber sie nahm den Fetzen, faltete ihn zusammen und stopfte ihn in eine Tasche ihrer Jeansjacke. Auf dem Weg nach draußen, vorbei an Räumen mit geisterhafter Schrift an der Tafel und an schicken Computern mit Lämpchen dran, die irgendwie in einem Atemrhythmus zu leuchten schienen, nahm sich Keisha unten am Empfang noch ein paar Studienbroschüren mit. Denn man wusste ja nie.
    Als sie am nächsten Tag erwachte, wurde ihr klar, dass sie eine Entscheidung getroffen hatte. Charlotte war schon auf und sogar schon joggen gewesen; ihre Laufschuhe standen ordentlich neben der Wohnungstür, und ihre Sportklamotten drehten sich schon in der Waschmaschine. Keisha hörte sie telefonieren.
    Charlotte sprach ganz leise. »Kann ich vorbeikommen?«, fragte sie. Mit wem redete sie so? Ganz bestimmt nicht mit einer ihrer Freundinnen. Nein, das konnte nur ein Typ sein, und Keisha hätte alles, was sie besaß (okay, das war echt nicht viel), darauf gewettet, dass es ein bestimmter Bulle war.
    Chris war in einem anderen Teil von London verhaftet worden, im Westen, und saß deshalb in der Haftanstalt Wormwood Scrubs. Keisha musste mit dem Zug hinfahren, und es dauerte eine Ewigkeit. Dann ging sie zum Besuchereingang und sagte: »Chris Dean.«
    Er sah scheiße aus. Das war ihr erster Gedanke. Er sah aus, als hätte er im Freien übernachtet – hatte er ja vielleicht auch. Sein Kopf war unrasiert, und sein Gesicht konnte Keisha unter dem rotblonden Bart kaum erkennen. Er sah so anders aus, dass sie fast gefragt hätte: »Bist du das?« Aber wer hätte es denn sonst sein sollen?
    Er setzte sich hin und starrte sie mit seinen blauen Augen an. Die hatten sich nicht verändert. »Ich hätt’ nicht gedacht, dass du kommst. Ich hab deinen Namen mehr so auf gut Glück aufgeschrieben …«
    »Tja.« Sie unterbrach den Blickkontakt und sah auf die ramponierte Tischplatte hinab.
    »Geht’s dir gut?«, fragte er.
    »Ja.« Seitdem du mich zusammengeschlagen hast, geht’s mir gut, ja , dachte sie. Als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, war seine Faust auf ihre Nase zugerast.
    »Die haben mich wegen dieser Körperverletzung drangekriegt«, sagte er und leckte sich die rissigen Lippen. »Und ich hatte keinen, der ’ne Kaution für mich gestellt hätte.«
    »Und ich soll bei dem Kingston-Town-Prozess aussagen«, platzte sie heraus. Seine Finger sahen ziemlich mitgenommen aus, als hätte er darauf herumgekaut.
    »Für die Anklage?«
    »Nein, für die Verteidigung.«
    Er sagte nichts. Sie saßen da in diesem großen warmen Raum, nur einen kleinen Tisch zwischen sich. Aber er hätte genauso gut auch meilenweit weg sein können. »Als wir uns damals gezankt haben«, begann er, und sie versteifte sich.
    »Als du mich bewusstlos geschlagen hast, wolltest du wohl sagen.«
    »Das wollte ich nicht«, murmelte er.
    »Du hast mir ein blaues Auge gehauen, verdammt noch mal.«
    »Ich war halt einfach wütend. Aber ich wollte dir nie was antun, Keesh.«
    Sie hatte ihn schon mal so erlebt. Nach dem, was er mit Ruby getan hatte. »Sie haben sie uns weggenommen«, sagte sie. »Weißt du das überhaupt? Mum ist gestorben, und deshalb haben sie uns Ruby weggenommen.«
    Ihm zitterten die Hände. »Sorry.«
    »Und wegen dir weiß ich jetzt nicht, ob ich sie überhaupt jemals wiedersehen werde. Meine eigene Tochter.«
    »Ich weiß.«
    »Du bist echt ein Arschloch, weißt du das?« Sie schaffte es nur, das zu sagen, weil er so niedergeschlagen aussah und den Kopf gesenkt hatte.
    »Ja.« Er ließ es sich tatsächlich gefallen, sah sogar so aus, als würde er gleich anfangen zu weinen. Ach du Scheiße , dachte sie, bitte nicht weinen . Sie hätte nicht weiter dasitzen können, wenn er in Tränen ausgebrochen wäre, nicht Chris Dean, nicht der Junge, den sie damals ins Klassenzimmer hatte kommen sehen.
    »Keesh«, sagte er leise und sah sie mit seinen blauen Augen von unten an. »Hast du denen was gesagt über diese Nacht? In dem Club?«
    »Vielleicht.«
    »Hör mal.« Er beugte sich vor. »Die haben mich wegen dieser Körperverletzung drangekriegt, Baby. Dafür kriege ich vielleicht zwei Jahre. Wenn du denen aber auch noch den Rest erzählst – Keesh, dann bin ich im Arsch. Dann werde ich viele, viele Jahre brummen

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