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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
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meine Mutter bei dir studiert hat. Kann das sein?«
    Er wirkte inzwischen schwer deprimiert. »Ich weiß es nicht. Sie war eine Schwarze, nehme ich an?«
    »Äh, ja.« Blitzmerker.
    »Aber du bist das nicht. Nicht wirklich.«
    Er musterte ihre helle Haut und ihr glattes Haar. Nicht wirklich . O Mann, und der Typ war Professor.
    Er fummelte an seinem Becher herum. »Äh, Keisha, das ist ein ziemlicher Schock für mich. Ich wollte nie … Na ja, ich habe eine Vasektomie machen lassen, und daran siehst du: Ich wollte nie Kinder haben.«
    »Schon okay. Ich wollte auch nie ’nen Vater haben.« Miss Frechdachs! Und stimmte das denn überhaupt? Keisha, du erzählst hier doch kompletten Stuss .
    »Wolltest du mir wirklich eine Frage wegen dieses Gerichtsverfahrens stellen?«
    »Ja, schon. Ich weiß nicht, ob ich das machen soll oder nicht. Die werden mir Fragen stellen. Was ist, wenn ich die Antworten nicht weiß? Oder was ist, wenn sie es so hindrehen, dass es aussieht, als ob ich lüge? Dann würden Leute darunter zu leiden haben, ganz ohne Grund.« Sie seufzte. »Schau mal, ich hatte ’nen Plan. Ich hab Geld gespart. Ich wollte … na ja … noch mal von vorne anfangen. Aber jetzt sieht wieder alles ganz anders aus. Dieser Prozess – ich weiß nicht, was ich da machen soll.« Chris saß im Knast. Und wenn sie Ruby nicht bald wiederkriegte, verlor sie sie womöglich endgültig. Aber das konnte sie diesem verdammten Ian Stone ja alles nicht erklären.
    Er schwieg einen Moment. Dann fragte er: »Soll ich dir helfen? Ich könnte deine Aussage gegenlesen – du hast doch eine Aussage gemacht, oder? Ich helfe öfter Leuten, sich auf Gerichtsverfahren vorzubereiten, wenn sie … wenn sie sich mit dem Justizsystem nicht so gut auskennen.«
    »Ja, vielleicht.« Sie kniff die Augen zusammen. Sie wollte nichts von ihm.
    »Studierst du eigentlich hier? Du hast gesagt, du bist fünfundzwanzig.«
    »Nee, ich bin schon fertig.« Fertig mit der Schule, seit sie sechzehn gewesen war, GCSE nur in drei Fächern. Und ihr Vater war Professor!
    »Und bist du … Hast du einen Freund oder so?« Es war kaum mit anzusehen, wie er nach Worten suchte.
    »Nee.« Sie dachte an Chris – den scheußlichen, unvergesslichen Chris. »Ich hab eine kleine Tochter. Ruby.«
    »Ach du meine Güte!« Er lächelte matt. »Dann bin ich … Dann bin ich ja Großvater. Wie ist sie denn so?«
    »Ruby? Supersüß. Ein ganz besonderes Kind. Und hat schon echt viel mitgemacht im Leben.«
    Es war einfach zu viel. Ihre dicke alte Mum, die mit einem Herzinfarkt umgekippt war, während sie die Kleine betreute, der gewalttätige Scheißkerl von einem Vater, dieser pferdeschwanztragende Hippie als möglicher Großvater und, was das Schlimmste war: Miss Halb-und-Halb Keisha Collins als Mutter. Weder schwarz noch weiß. Zu ängstlich, um vor Gericht aufzutreten und die Wahrheit zu sagen, obwohl ein unschuldiger Mann deswegen womöglich in den Bau wanderte. »Scheiße.« Sie weinte. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit, und dann auch noch vor dem verdammten Ian Stone. Er wusste ja nicht, dass sie eigentlich nie weinte, nicht mal geweint hatte, als ihre Mutter gestorben war, und auch nicht, als man ihr Ruby weggenommen hatte. Er glaubte jetzt bestimmt, sie wäre eine dieser dummen Tussis, wie Charlotte, bei denen es manchmal nur eine bestimmte Fernsehwerbung brauchte, schon heulten sie los.
    »O Gott.« Ian Stone sank in sich zusammen. »Tut mir leid. Ich bin nicht gut in so was. Bitte … bitte nicht weinen. Ich wollte nicht ablehnend reagieren … Es ist nur alles ein bisschen viel für mich. Woher soll ich wissen, ob ich wirklich … Oh, bitte …«
    Er hörte sich so verängstigt an, dass sie tief durchatmete und ihre Augen mit einer Willensanstrengung zwang, mit den Tränen aufzuhören. Schluss mit der Heulerei, Keisha, du dumme Kuh .
    »Es tut mir sehr leid«, sagte er noch einmal. »Ich verspreche dir, ich werde tun, was ich nur kann, um dir bei dem Verfahren zu helfen. Aber bitte erwarte ansonsten nicht zu viel von mir. Ich habe nicht viel zu geben.« Er sah müde aus in seiner lächerlichen Strickweste. Ein dummer Mensch, der allmählich alt wurde.
    »Ich erwarte nie viel«, entgegnete sie und wischte sich übers Gesicht. »Wenn man viel erwartet, wird man nur enttäuscht.«
    »Warte – hier.« Er zog aus einer Tasche einen Serviettenfetzen hervor. »Hast du einen Stift? Das sind meine E-Mail-Adresse und meine Telefonnummer.« Er schrieb es auf. »Wirst du dich bei

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