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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
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gespottet hatte, weil die nicht vorhergesehen hatte, dass sie eine aufs Maul kriegen würde, und die es wirklich besser hätte wissen müssen. Aber irgendwie war sie trotzdem verblüfft, als er die Hand hochriss und sein Ring ihr an den Wangenknochen knallte und sein Fuß an ihr Knie.
    »Du blöde Kuh!«, schrie er und schlug noch einmal mit der Faust zu. »Du gehst nirgendwohin.« Die schartige Tischkante kam mit schockierender Geschwindigkeit auf ihr Gesicht zu. »Du redest mit gar keinem!«
    Nein, man sah es nie kommen, so gut man es auch hätte wissen müssen.
    Charlotte
    Nachdem man Charlotte schließlich fortgebracht hatte, um ihre Gesichtsverletzungen zu versorgen, kam ein junger Reporter des Lokalblatts, vierundzwanzig Jahre alt und frisch von der Journalistenschule, der gerade seine routinemäßigen Gerichtsberichte fertig getippt hatte und immer auf der Suche nach einer guten Story war, die seine Karriere aus den Niederungen der Hofnachrichten und Kofferraumflohmärkte empor ins Rampenlicht zu heben vermochte, auf die Idee, in der Nachrichtenredaktion der Metro -Zeitung anzurufen. Er begann nach weiteren Bankern zu recherchieren, die von der Rezession in den Zusammenbruch getrieben worden waren – Morde, Selbstmorde, Schießereien –, und entwarf in groben Zügen einen Artikel über die Banker Butchers , wobei er auf den Seitenrändern seines Notizbuchs mit in Frage kommenden Alliterationen spielte.
    Anrufe wurden getätigt und Namen gegoogelt. Während Charlotte noch darauf wartete, die Lippe genäht zu bekommen, war es schon groß in den Nachrichten: Mordanklage gegen Londoner Banker . Bald schon häuften sich die Anrufe auf Charlottes Handy. Doch es steckte immer noch auf stumm gestellt in ihrer Tasche, während sie im Royal Free Hospital saß und darauf wartete, dass man ihr das Gesicht wieder zusammenflickte.
    Es war schon nach acht, als Charlotte endlich das Krankenhaus verlassen konnte, nachdem sie dort stundenlang mit einem Eisbeutel am Gesicht hatte ausharren müssen, der wie eine verdreckte alte Tiefkühltruhe stank. Ein indischer Vertretungsarzt betupfte ihr mit einem Lokalanästhetikum den Mund und zog ihr dann einen Faden durch die Lippe – um Himmels willen: tatsächlich durch die Lippe . Bei dem Sturz auf das Waschbecken war ihr unten ein Zahn ausgeschlagen worden, und sie hatte ihn in einer klebrigen Blutlache ins Krankenhaus getragen. Es sei schon zu spät, um ihn wieder einzupflanzen, sagte man ihr. Wenn ihr Mund verheilt war, könne sie ein Implantat bekommen.
    Es war die Vorstellung, eine Zahnlücke zu haben, die sie am meisten zum Weinen brachte, mehr noch als die Rippenprellungen, die sie um Atem ringen ließen, die Platzwunde an der Lippe und das blaue Auge. Ihr fehlte jetzt ein Zahn – als wäre sie eine alte Obdachlose! Sie hatte sich sonst bei Spritzen immer wie ein Kleinkind angestellt, nun aber war sie so benommen, dass sie nur schweigend dasaß. Tränen schossen ihr in die Augen, und der Arzt musste sie mit einem Stück Mull forttupfen. Wenn sie weiter auf ihre Wunden weinte, würden sie nie verheilen, sagte er.
    Gegen neun Uhr hatte Charlotte schließlich den kurzen Heimweg vom Krankenhaus zu Fuß zurückgelegt und wollte nur noch schlafen, für immer schlafen und nie mehr aufwachen.
    Im Hinterkopf plagte sie eine Liste der Dinge, um die sie sich bald würde kümmern müssen. Wie zum Beispiel, dass Dan im Gefängnis saß, jetzt, in diesem Augenblick. Und dass er so schnell nicht wieder entlassen werden würde. Das Schlimmste aber – das Allerschlimmste … Doch an die Hochzeit vermochte sie jetzt nicht zu denken. Das war zu groß, um es auf sich zu nehmen, als sollte man direkt in die Sonne sehen. Sie würde einen Anwalt engagieren müssen, und zwar diesmal einen guten. Sie würde Simon erklären müssen, warum sie heute nicht ins Büro gekommen war. Irgendwie hatte sie geglaubt, wenn Dan erst mal wieder auf freiem Fuß wäre, würden sie beide sich frohgemut auf den Weg zur Arbeit machen.
    Doch sie war kaum zu Hause angekommen, als an der Haustür Sturm geklingelt und von der Straße her nach ihr gerufen wurde, laut genug, um das ganze Haus zu wecken. »Charlotte! Charlotte! Bist du da? Ja, genau, Phil. Ruf die Polizei.«
    Ach du Scheiße. Es war ihre Mutter.
    Charlottes Mutter war, wie ihre Tochter, von zierlicher Statur und trug ihr ergrauendes blondes Haar in einer vernünftigen Kurzhaarfrisur. Als sie Charlotte erblickte, brach sie in Tränen aus. »Wieso gehst du

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