Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)
war und es sich bei den flüchtigen jungen Frauen um Rachel und ihre Freundin Mel handelte, die ihre Wut an der Verlobten des Angeklagten ausließen? Er seufzte und steckte sein Notizbuch ein. Wie groß war die Chance, dass er das jemals würde beweisen können?
Keisha
Als Keisha und Chris das Gericht verließen, war die Mittagszeit schon vorbei, und Keisha hatte einen Mordshunger. Stinkwütend war sie außerdem.
Als sie nach Hause kamen, machte Chris sofort den Fernseher an. Es wurde gezeigt, wie Daniel Stockbridge zu einem Polizeitransporter abgeführt wurde. Chris schaltete ein bisschen hin und her und blieb schließlich bei Sky Sports hängen. Er sah Keisha nicht an. Auf dem ganzen Heimweg hatte er kaum ein Wort mit ihr gesprochen. Jetzt sagte er, immer noch ohne sie anzusehen: »Mach uns mal was zu essen.«
Sie ging in die Küche und war immer noch stinksauer. Es war schon seltsam genug gewesen, dass er sie geweckt und dahin mitgeschleppt hatte, aber die Härte war, als sie sah, wie er den beiden Mädels, Rachel und Mel, zunickte, als sie in die Gerichts-Cafeteria kamen. Was machten die denn hier, die Mädels aus dem Club? Einen Moment lang hatte sie rotgesehen: War diese Schlampe Rachel etwa hier, um sich Chris zu angeln?
Er sprach kurz mit den beiden. »Hinterher«, sagte er. »Auf dem Klo – falls sie geht. Sonst draußen. Und denkt dran: Schnappt euch den Geldbeutel.«
Sie nickten, mit grimmigem Blick, und als Keisha fragte: »Was geht denn hier ab?«, schauten sie nur, als wären sie Zwei Engel für Charlie, und keiner erklärte ihr irgendwas. Während der Verhandlung warteten sie in der Eingangshalle, und als die Blondine aus dem Club aus dem Saal gerannt kam, weinend und würgend, folgten Rachel und Mel ihr aufs Klo.
Chris gab Keisha einen Stups. »Los. Geh in den Saal und schau mal, wie’s ausgegangen ist.«
»Was? Wovon redest du?« Sie verstand nicht, weshalb sie alle hier waren: die reiche Blondine aus dem Club, Rachel und Mel, Chris und sie …
Er stupste sie energischer. »Geh da rein, klar? Ich will wissen, ob sie ihn verknackt haben.«
Keisha ging zur Tür des Gerichtssaals. Sie hatte ein sehr ungutes Gefühl im Bauch. Aus der Damentoilette drang ein verängstigtes Kreischen. Keisha blickte sich noch einmal zu Chris um und ging dann nicht in den Saal, sondern auf die Toilette. Als sie reinkam, lag die Blondine auf dem Boden, und das Geräusch, das sie machte – es war einfach lächerlich. Die beiden traten sie, und sie hätte sich nicht mal gegen eine Fliege wehren können, das war offensichtlich. Und dann das Blut …
Keisha, immer noch in der Küche, wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Chris fragte: »Hey, hast du nicht gehört? Was ist denn los mit dir?«
»Wieso sind wir da hingegangen?« Sie stand da und hielt die Macaroni & Cheese -Verpackung in der Hand, neunundneunzig Pence von Sainsbury’s. Die heimgekehrte Mikrowelle brummte vor sich hin. Sie war frisch geputzt gewesen, und ohne die vielen Spaghetti-Hoops -Flecken hatte Keisha sie kaum wiedererkannt. »Ich versteh das nicht. Ist der etwa tot, dieser Typ aus dem Club? Den wir da getroffen haben?«
Chris kam in die Küche, warf einen Blick in den Kühlschrank und nahm sich ein Bier heraus. »Du musst mal einkaufen gehen. Da ist nur noch eins übrig.«
»Was? Nein, hör doch mal zu. Wieso sind wir da hingegangen, zu diesem Gericht?«
Er öffnete die Flasche an der Tischkante. »Ich bin ein Freund der Familie. Wollte ihm die letzte Ehre erweisen und zusehen, dass dieser Typ dafür verknackt wird.«
»Seit wann denn das? Ich dachte, du bist da hin, um aus diesem Anthony Geld rauszukriegen. War das nicht der Grund, weshalb du in diesen Club gegangen bist?«
»Stimmt, er war ein Geschäftspartner.«
Keisha fühlte sich, als würde in ihrem Bauch ganz langsam ein Wut-Vulkan ausbrechen. »Deine verdammten Geschäfte! Gehört dazu auch, ahnungslose Mädels zusammenschlagen zu lassen? Du hast ihr die beiden doch auf den Hals gehetzt, diese Rachel und ihre Freundin.«
Er zuckte mit den Achseln. »Der Typ hat ihren Bruder abgestochen. Da ist es ja wohl klar, dass sie sauer auf die Tussi sind.«
»Die … die haben ihr einen Zahn ausgeschlagen!« Keisha hatte natürlich schon Schlägereien mit angesehen und war auch selbst an vielen beteiligt gewesen, aber noch nie an einer, wo jemand weinend und hilflos am Boden lag und aus dem Mund blutete wie ein Schwein. Dieses weiße Mädel war vermutlich noch nie im Leben geschlagen
Weitere Kostenlose Bücher