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Am Schwarzen Berg

Am Schwarzen Berg

Titel: Am Schwarzen Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Katharina Hahn
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streichelte seinen Arm, stockte an dem großen Pflaster. »Was hast du da gemacht?« »Ach, nichts, nur eine Zecke.« Für einen kurzen Moment blieb sie an ihn gelehnt sitzen. Dann stand sie auf. »Emil, wirklich, das kann ich jetzt nicht auch noch brauchen.«
    Carla ließ ihre Haarspange aufschnappen, kämmte sich damit ein paar Strähnen aus der Stirn und steckte den Zopf neu auf. Sie ging zur Tür. »Es hat keinen Sinn. Wir müssen ihn irgendwie wieder hochbringen. Er hat ja nur uns. Hajo kümmert sich um eine vernünftige Medikation. Natürlich haben wir auch solche Patienten. Aber beim eigenen Kind, da bist du plötzlich wie der erste Mensch. Und wir kommen nicht an ihn ran. Er sagt praktisch nichts. Als hätte er ein Kissen auf dem Gesicht.« Sie nahm Emils Hand und drückte sie kurz. »Vielleicht könntest du mit ihm reden, daß er mal duschen geht und mehr ißt. Ihr hattet doch immer so ein gutes Verhältnis. Bei Hajo schaltet er auf stur.« Gemeinsam verließen sie das Zimmer.
    Carlas Brüste waren groß und weich gewesen, mit weit ausufernden hellbraunen Warzenhöfen. Sie nannte sie ihre ›Schlittentitten‹. Carla hatte nach Emils Penis gegriffen und ihn in den Spalt zwischen ihren Brüsten gesteckt. Sie drückte das Fleisch mit beiden Händen zusammen und lehnte den Kopf zurück, um ihr Werk mit einem Lächeln zu betrachten. Doch während des Vögelns klagte sie über Schmerzen im »unteren Rücken« und bat Emil nach einer Weile, er möge aufhören, sie könne nicht mehr. Außerdem holze er wie in einem schlechten Porno, das hätte sie nicht erwartet. Er sehe eher nach Tantra aus. Emil wußte noch, daß er, obwohl ihn diese Beurteilung kränkte, einen Lachanfall bekommen hatte. Ihm fiel nicht ein, wie oft sie miteinander geschlafen hatten. Es konnten höchstens drei oder vier Mal gewesen sein. Er erinnerte sich nicht mehr genau daran, nur noch an die penetrante Aufgeräumtheit des Nachbarhauses, den Geruch von Kartoffelpüree und eine Stimmung aus leichter Gereiztheit und Ungenügen, die von ihnen beiden ausgegangen war. Bei Carla wußte er bis heute nicht, weshalb sie sich darauf eingelassen hatte. Er nahm an, daß sie sich langweilte, etwas ausprobieren wollte, von Freundinnen wilde Geschichten über Schlüsselparties und Partnertausch zu hören bekommen hatte. Möglicherweise entsprangen ihre Sehnsüchte auch Ernest Bornemanns ›Liebeslexikon‹ oder Dr. Alex Comforts ›Joy of Sex‹. Die orangegelben Paperbacks standen in der zweiten Reihe hinter Hajos Reiseführern und historischen Romanen. Emil hatte sie beim Stöbern im spärlich bestückten Bücherregal der Raus sofort bemerkt. Von ihrer kurzen Geschichte war Emil und Carla eine kumpelhafte Vertrautheit, fast schon Komplizenschaft, geblieben, hervorgegangen aus der gemeinsamen Beteiligung an einem krummen Ding, aus dem man gerade noch ungeschoren rausgekommen war.
    Hinter der Kinderzimmertür klirrte es, man hörte Stöhnen. Carla riß die Tür auf. Emil trat hinter ihr ein. Auf dem Teppich lag der zerbrochene Teller zwischen braun gewordenen Apfel- und Bananenstücken. Peter stand mit bloßen Füßen zwischen den Trümmern. Er drehte ihnen den Rücken zu. Sein T-Shirt lag auf dem Bett. In der rechten Hand hielt er eine längliche Scherbe, mit der er sich in raschen, sichelnden Bewegungen über den Rücken fuhr und seinen Ausschlag aufkratzte. Das schabende Geräusch war ebenso schrecklich wie die helle Röte des Blutes auf der scharfen, weißen Porzellanklinge. Carla schrie. Fast gleichzeitig waren sie bei ihm, packten seine Hände und drückten ihn auf das Bett. Er leistete keinen Widerstand, was ihren Überfall fast lächerlich wirken ließ. Peter sackte so schnell in sich zusammen, daß sie mit ihm in die Knie brachen und ins Taumeln gerieten. Auch über die eingesunkene Bauchdecke liefen Schnitte. Die Brustwarzen schauten aus dem blassen Oberkörper wie zwei blinde rote Augen. Emil rappelte sich wieder auf, zog sein T-Shirt aus und streifte es Peter über den Kopf. Er ließ sich anziehen wie eine Puppe, Emil bog die schlaffen Arme um, strich den Stoff über dem krummen Rücken glatt. Blutflecken blühten auf dem hellblauen Untergrund wie Tintenkleckse auf einem Löschblatt. Carla kroch unterdessen am Boden herum und sammelte Scherben und Obstreste ein. »Papa muß gleich dasein, ich habe vorhin schon in der Praxis angerufen. Er macht noch Hausbesuche, dann ist er bei dir. Er wird dich wieder auf die Beine bringen, min Jung. Wir schaffen

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