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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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genommen; er ist viel schärfer geworden als vorher Ted. Dafür waren nur wenige Leute dabei, während Ted vor versammelter Gemeinde mit ihm Schlitten gefahren ist. – Also gut; zweite Runde: Gorfinkle kuscht nicht; im Gegenteil, er fordert Paff heraus: Wehr dich, Paff, wenn du dich traust; ich kneif den Schwanz nicht ein – nun gerade nicht! Ich mach sogar meinen Freund Epstein zum Vorsitzenden der Ritualkommission, zu deinem Nachfolger … Ich weiß, dass er nach Ansicht vieler Leute nicht besonders geeignet ist, und normalerweise hätte ich ihn niemals gewählt. Aber jetzt tu ich’s aus Daffke – nur um dir zu zeigen, wer hier der Boss ist … Friss oder stirb!»
    «Und er hat’s natürlich gefressen?»
    «Meyer Paff? Der nicht! So leicht gibt der nicht auf. Der bereitet sich auf die nächste Runde vor. Nach der Vorstandssitzung hieß es, er mobilisiert seinen Anhang; er will aufs Ganze gehen … Es heißt sogar», flüsterte er vertraulich, «dass er aus der Gemeinde austreten und eine eigene Synagoge gründen will.»
    «Nur weil Roger Epstein die Ritualkommission bekommt? Na, hör mal!»
    «Deswegen und wegen einiger anderer Dinge.» Er fühlte sich in die Defensive gedrängt. «Es hat schon seit langem geschwelt.»
    Sie sah ihn an. «Und wo stehst du in der Sache?»
    «Das ist’s ja gerade. Ich sitze zwischen Stuhl und Bank … Ich wurde seinerzeit von Schwartz ernannt, und meine Amtszeit läuft noch ein Jahr. Mit Ben Gorfinkle, Roger Epstein und den Übrigen komm ich ganz gut aus. Andererseits bin ich auch mit Meyer Paffs Clique befreundet. Schließlich rufen wir Dr. Edelstein, wenn, Gott behüte, jemand bei uns krank ist … Es steht ganz bei mir, auf welchen Gaul ich setze. Vermutlich werden jetzt beide Seiten versuchen, mich zu keilen.»
    Seine Tochter Betty stürmte ins Zimmer. Sie war von kleinem Wuchs, wie ihre Eltern; das lange blonde Haar war seitlich gescheitelt und fiel ihr über die Schultern. Am Haaransatz schimmerte es schwarz durch; eine frische Tönung war wieder fällig. Ihre unschuldigen dunklen Augen wirkten dank Lidschatten und dunklem Lidstrich altklug. Der Pullover spannte sich über kessen Brüsten, und beim Gehen wiegte sie sich herausfordernd in den Hüften.
    Die Mutter sah sie fragend an.
    «Morgen Abend gibt’s ein Picknick draußen an Tarlow’s Point», berichtete sie. «Didi Epstein wollte wissen, ob ich mitkomme.»
    Marks schoss seiner Frau einen vielsagenden Blick zu, den sie geflissentlich übersah. «Hast du zugesagt, Liebling?»
    «Ja. Sie sagt, Stu Gorfinkle holt mich ab. So gegen fünf.»
    «Wer ist sonst noch dabei?», fragte Mrs. Marks.
    «Sue Arons und Gladys Shulman und Bill Jacobs und wahrscheinlich auch Adam Sussman – weißt du, alle College-Studenten, die für die Ferien nach Hause kommen.»
    «Das wird sicher nett», meinte ihre Mutter, «so viele alte Freunde wieder zu sehen …»
    «Siehst du, es geht schon los», triumphierte ihr Mann, nachdem Betty gegangen war.
    «Was geht los?»
    «Sie schmeißen sich an … Solange Betty in die High School ging, haben sie sich einen Dreck um sie gekümmert – diese Didi Epstein und der junge Gorfinkle taten immer, als wären sie was Besseres.»
    «Unsinn! Sie war letztes Jahr auch zu Didi Epsteins Examensfeier eingeladen.»
    «Da war die ganze Klasse eingeladen.»
    «Aber sie haben sich auch schon vorher um sie bemüht – als sie ins College aufgenommen wurde … Sie hat in ihrem kleinen Finger mehr Grips als die anderen alle zusammen in ihren Köpfen, und das spüren sie natürlich. Stu Gorfinkle ist erst überall abgewiesen worden, bis ihn dann endlich dieses College in Massachusetts genommen hat. Und Didi hat mit Ach und Krach die Kunstgewerbeschule in Boston geschafft. Und dieser Grünschnabel Sussman … Ich weiß noch, wie seine Mutter bei einem Mittagessen des Frauenvereins geprahlt hat, ihr Sohn habe sich in Harvard, Yale und Columbia beworben – und wo ist er gelandet? In einem miesen kleinen College in Ohio, von dem noch kein Mensch gehört hat!»
    «Na schön. Aber denk dran, was ich gesagt habe!»
    «Gut, gut, aber ich bin todsicher, dass …»
    Das Telefon klingelte. «Für dich, Dad!», rief Betty.
    «Wer ist denn dran?»
    «Mr. Paff.»
    Marks schenkte seiner Frau ein triumphierendes Lächeln und ging zum Apparat.
17
    Am Sonntagabend gab es bei den Gorfinkles gewöhnlich nur einen kleinen Imbiss. Heute aber war Stuart zu Hause, und Mrs. Gorfinkle wäre sich wie eine Rabenmutter vorgekommen, wenn sie

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