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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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ich bin nicht hineingegangen … Sagen Sie mal, was soll das alles?»
    «Ach, es gab da ein bisschen Ärger, und jetzt müssen wir der Sache nachgehen», sagte Jennings leichthin. «Also, wann waren Sie dort?»
    «Ich war um halb neun vor dem Haus verabredet. Ich kam etwas später, und ich dachte, bei dem Regen kommt sowieso keiner. Als dann tatsächlich weit und breit kein Mensch zu sehen war, bin ich gleich weitergefahren.»
    «Kamen Sie nicht auf den Gedanken, dass sich Ihre Freunde vielleicht auch verspätet hatten? Ich finde es merkwürdig, dass Sie nicht gewartet haben.»
    Paff zuckte mit den Achseln. «Ursprünglich hatten wir uns zu viert verabredet. Dann rief der Erste an und entschuldigte sich – er könne nicht kommen. Und gleich darauf sagt der Zweite ab. Da war ich schon sauer und hatte keine rechte Lust mehr. Na, und das Gewitter … Ich dachte, was soll’s – zwei haben mich versetzt, jetzt darf ich wohl auch mal einen versetzen! Aber das ist mir nicht geglückt: Wie ich nämlich nach Hause komme und bei ihm anrufe, sagt er, er ist erkältet, und bei dem Dreckwetter geht er nicht aus.»
    «Danke», sagte Jennings und klappte sein Notizbuch zu. «Das wär’s wohl … Aber der guten Ordnung halber möchte ich Sie bitten, noch mit zur Wache zu kommen und eine Aussage zu machen.»
    «Was war denn das, wenn nicht ’ne Aussage?»
    «Ich meine, offiziell. Mit Protokoll und Unterschrift.»
    «Sagen Sie mal, muss das …»
    «Es dauert nicht lang. Höchstens eine halbe Stunde», versicherte Jennings.
    «Na schön. Ich kann ja morgen früh vorbeikommen zum Unterschreiben.»
    «Ich glaube, dem Chef wär’s heute Abend lieber.»
    «Wie – jetzt gleich?»
    «Warum nicht? Sie sind ja noch angezogen. In zehn Minuten sind wir unten, und ich fahr Sie wieder zurück.»
    Paff war alles andere als begeistert, aber ihm fiel kein plausibler Grund zur Ablehnung ein. «Na schön, ich sag rasch meiner Frau Bescheid und zieh ein Paar Schuhe an.» Er war schon an der Tür, da blieb er stehen und drehte sich noch einmal um: «Sagen Sie, was ist denn eigentlich passiert? Wurde eingebrochen, oder …»
    «Wie kommen Sie darauf?», fragte Jennings rasch.
    «Na ja, das soll schon öfter passiert sein, heißt es.»
    Jennings nickte. «Ja, wieder mal ein Einbruch … Aber diesmal haben wir einen Toten gefunden – einen Angestellten von Ihnen», fügte er befriedigt hinzu.
40
    «Ich sage so was nicht gern zu einem Geistlichen, aber …»
    «Ich bin kein Geistlicher.»
    «… aber Sie sind höllisch unverfroren, Rabbi. Die jungen Leute berichten, dass sie einen ihrer Freunde ermordet aufgefunden haben – und Sie verlangen von mir, dass ich sie laufen lasse!»
    «Warum nicht?»
    «Da ist ja noch einiges andere.» Lanigan zählte die Argumente an den Fingern ab: «Erstens Einbruch …»
    «Damit hat Stu Gorfinkle nichts zu tun.»
    «Beim zweiten Mal war er auch dabei.»
    «Das war kein Einbruch. Die Tür stand offen.»
    «Lassen wir die Haarspalterei, Rabbi! Zweitens befanden sie sich mit einer Person im gleichen Raum, die im Besitz von Rauschgift war …»
    «Das haben sie nicht gewusst.»
    «Das Gesetz macht da keinen Unterschied – nicht hier in Massachusetts. Drittens: In dem Haus, in dem sie eingebrochen waren, wurde ein Mord begangen. Viertens: Sie könnten diesen Mord begangen haben. Und fünftens haben sie keine Anzeige erstattet … Und da verlangen Sie, dass ich sie laufen lasse!»
    Lanigans Gesicht war vor Entrüstung noch röter als gewöhnlich.
    «Ja, ich verlange, dass Sie sie freilassen», beharrte der Rabbi. «Es sind keine Landstreicher ohne festen Wohnsitz, sondern Kinder ehrbarer Bürger dieser Stadt. Wenn Sie sie vernehmen wollen, werden sie sich Ihnen zur Verfügung stellen … Es stimmt, dass sie technisch einen Einbruch begangen haben – in der Situation verständlich; sie bestreiten es auch gar nicht. Wenn die Staatsanwaltschaft deswegen Anklage erheben will, werden sie vor Gericht erscheinen … Das angebliche Rauschgiftdelikt dagegen beruht auf einem Gesetz, das man hier sicherlich nicht wörtlich auslegen darf – oder würden Sie etwa sämtliche Fahrgäste einer Straßenbahn verhaften lassen, weil einer unter ihnen Rauschgift in der Tasche hatte? Dieses Gesetz soll es doch nur ermöglichen, Personen festzunehmen, die im Verdacht stehen, etwas mit Rauschgift zu tun zu haben, aber nicht im Besitz der Drogen angetroffen werden. Oder meinen Sie, die Jungen hätten Marihuana geraucht, während sie auf Stu

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