Am Sonntag blieb der Rabbi weg
in die Debatte verwickeln.
Als ihm Lanigan vorgeschlagen hatte, sämtliche jungen Leute, die an dem Picknick teilgenommen hatten, zu einer ungezwungenen Aussprache zusammenzutrommeln, hatte er seine Bedenken geäußert:
«Das geht aber nicht ohne die Zustimmung der Eltern.»
«Dann machen Sie den Eltern klar, dass ich lediglich den genauen Sachverhalt erfahren will – sonst nichts. Ich habe bestimmt nicht vor, mir einen Sündenbock rauszupicken. Ich will bloß die Geschichte in allen Einzelheiten hören, das ist alles.»
«Sie werden verlangen, dass ihre Anwälte dabei sind», gab der Rabbi zu bedenken.
«Kommt nicht infrage! Ja, meinen Sie vielleicht, ich komme weiter, wenn mir bei jeder Frage einer von diesen Wortverdrehern über den Mund fährt? Wenn’s der eine nicht tut, so tut’s der andere … Ich kenn doch die Brüder!»
«Vielleicht kann ich erreichen, dass sich alle auf einen Anwalt einigen.»
«Glauben Sie an den Klapperstorch? Und wenn’s durch ein Wunder doch dazu käme, müsste der Bursche zwangsläufig so vorsichtig sein, dass er jede freiwillige Aussage von vornherein unterbinden würde.»
«Ja, dann …» Der Rabbi lächelte. «Dann können Sie sich Ihren Plan wohl in den Kamin schreiben.»
«Früher oder später knöpf ich mir die Bande doch vor», knurrte Lanigan. «Hier liegt einwandfrei Einbruch vor, und das betrifft sie alle miteinander … Zugegeben, sie kriegen mildernde Umstände, und vermutlich gibt es keinen Richter, der sie verurteilen würde. Aber das ändert nichts daran, dass sie fast alle in einen Mordfall verwickelt sind – direkt oder indirekt; zumindest als potenzielle Zeugen. Und das reicht aus, um sie erst mal in Gewahrsam zu nehmen … Wenn dann erst das Semester wieder anfängt, werden sie im eigenen Saft schmoren – sie und ihre Eltern.»
Der Rabbi hatte schließlich widerwillig zugestimmt und Mr. Jacobs ersucht, die betroffenen Eltern zu einer Aussprache zu bitten.
Man traf sich im Arbeitszimmer des Rabbis, der kurz die Sachlage schilderte, im Weiteren aber nicht in die Diskussion eingriff. Er saß hinter seinem Schreibtisch und hörte aufmerksam zu. Ausnahmsweise führte Gorfinkle einmal nicht das große Wort. Der Rabbi vermied es, in seine Richtung zu blicken.
«Wenn dieser Lanigan meine Tochter verdächtigt, etwas mit dem Mord an diesem … diesem Kicker zu tun zu haben – na ! Erst soll er mal Beweise bringen!», keifte die Mutter von Betty Marks. «So eine Unverschämtheit! Und ich soll ihm erlauben, sie zu vernehmen! Und ohne Anwalt!»
«Er verdächtigt sie doch gar nicht, Mrs. Marks!», versuchte sie Roger Epstein zu beruhigen. «Er will nur so schnell wie möglich Licht in die Affäre bringen. Wenn wir nicht mithelfen, kommt er nicht vorwärts. Und dann wird auch der Fall nicht gelöst.»
«Na und?», schnaubte Mrs. Marks. «Ist das vielleicht unser Bier?»
«Und ob … Schauen Sie: Solange der Fall nicht gelöst und der Mörder nicht überführt ist, bleibt der Verdacht an unseren Kindern hingen. Und das wollen wir doch alle nicht.»
«Hinzu kommt, dass die Kinder tatsächlich eingebrochen haben», meinte Mr. Shulman. «Das steht eindeutig fest … Wenn wir der Polizei nicht helfen, kann sie dafür sorgen, dass Anklage erhoben wird. Meine Gladys hat gleich nach den Ferien ein wichtiges Examen. Soll sie ein ganzes Semester verlieren, bloß damit ich Lanigan ärgern kann? Außerdem habe ich volles Vertrauen zu meiner Gladys.»
«Wollen Sie damit sagen, dass ich kein Vertrauen zu meiner Betty …»
«Ich bin sicher, dass Sie ihr blind vertrauen können, Mrs. Marks», warf Epstein rasch ein.
«Ich denke, Bill ist alt genug, um zu wissen, was er sagt», meinte Mr. Jacobs. «Von mir aus kann Lanigan ihn ausfragen.»
«Na, Bill war ja auch dabei, als sie die Leiche fanden», bemerkte Sussman. «Bei ihm liegt der Fall ganz anders als bei Stu Gorfinkle.»
«Seh ich nicht ein», widersprach Gorfinkle senior. «Stu war ja überhaupt nicht im Haus. Erst als sie den Jungen holen wollten …»
«Ach so – Sie meinen, er ist aus’m Schneider, was?» Sussmans Stimme klang ein wenig schrill. «Daher Ihre Bereitschaft, mit der Polizei zusammenzu…»
«Wenn wir so weitermachen», unterbrach Arons, «sitzen wir morgen früh noch hier … Worum geht’s überhaupt, Leute? Lanigan möchte unsere Kinder befragen – ganz formlos. Nun ist er ohne jeden Zweifel berechtigt, sie zu befragen; wir hingegen sind berechtigt, die Anwesenheit eines Anwalts zu
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