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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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die Tür nicht verschlossen war», schränkte Lanigan ein. «Andererseits spielte es überhaupt keine Rolle für jemand, der einen Schlüssel besaß.»
    «Auf wen spielen Sie an?»
    «Auf einen gewissen Paff. Kennen Sie ihn? Er gehört Ihrer Gemeinde an.»
    «Meyer Paff?»
    «Ja. Er hatte einen Schlüssel, und er war an jenem Abend zur passenden Zeit an Tarlow’s Point.»
    Rabbi Small antwortete nicht gleich. «Hören Sie, Lanigan», sagte er schließlich, «ich bin natürlich nicht voll informiert. Ich erhebe auch keinen Anspruch auf volle Information; ein Mordfall ist Sache der Polizei. Aber wenn Mitglieder meiner Gemeinde in den Fall verwickelt sind und Sie auf meine Mithilfe zählen wollen …»
    «Nur immer mit der Ruhe, Rabbi! Ich hatte ohnehin vor, Sie ‹voll zu informieren› …» Er verließ den Raum und kam gleich darauf mit einer Aktentasche zurück, der er ein Schriftstück entnahm. «Hier – die Kopie von Paffs Aussage.»
    Der Rabbi las das Protokoll, dann sah er auf. «Das klingt alles ziemlich offen und ehrlich», meinte er.
    «Das ist auch mein Eindruck. Aber in Verbindung mit einigen weiteren Fakten wird es trotzdem ganz interessant … Er war also am Tatort – das sagt er selber. Nun kommt aber hinzu, dass er den Toten kannte: Moose hat für ihn gearbeitet.»
    «Das besagt nicht viel. Mr. Paff ist Mitglied verschiedener Clubs und kennt vermutlich die meisten jungen Sportler in Barnard’s Crossing.»
    «Zugegeben. Aber es geht weiter: Die Polizei von Lynn hat seit einiger Zeit ein Auge auf die dortige Kegelbahn geworfen. Die Kollegen halten es für möglich, dass da Rauschgift gehandelt wird … Und wer hat abends dort gearbeitet? Moose Carter, in dessen Tasche wir welches fanden. Wer ist der Besitzer der Kegelbahn? Meyer Paff.»
    «Wollen Sie sagen, dass Moose das Zeug vertrieben hat und Paff ihn deswegen umbrachte?»
    «Das wäre doch vorstellbar», sagte Lanigan nachdenklich.
    «Vorstellbar ist eine ganze Menge.» Der Rabbi zuckte die Achseln. «Aber ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass Sie Meyer Paff ernstlich verdächtigen.»
    «Ach ja? Und warum nicht?»
    «Weil Sie dann kaum die jungen Leute mühsam hier zusammengetrommelt und den ganzen Abend vorgenommen hätten.»
    «Richtig», schmunzelte Lanigan. «Aber im Gegensatz zu Ihnen fand ich das Gespräch recht aufschlussreich.»
    «Wirklich?»
    «Es hat mir bestätigt, was ich die ganze Zeit vermutet hatte: Alles weist eindeutig auf Jenkins hin … Sie haben natürlich Recht», fügte er hinzu: «Die Sache mit der Haustür ist wichtig.»
    «Hm … Also Jenkins?»
    «Ja. Die ganze Geschichte beginnt in dem Augenblick, als Moose zu der Gruppe stößt. Er beginnt, Jenkins anzupöbeln … na ja – aufzuziehen. Alle Aussagen stimmen darin überein, dass der junge Neger stocksauer geworden ist.»
    «Aber er hat sich nichts anmerken lassen. Er hat die ganze Zeit kein Wort gesagt», bemerkte der Rabbi. «Auch darin stimmen die Aussagen überein.»
    «Richtig. Und es wäre wahrscheinlich besser gewesen, wenn ihm der Kragen geplatzt wäre. So hat er sich zusammengenommen, hat alles runtergeschluckt und … na, ‹ aufgeladen›, ja? Erst als Moose eingewickelt war, sagt er, eigentlich sollte man den Kopf auch drunterpacken … Jacobs sagt, es sei ein bissiger Witz gewesen, aber … In jedem Witz dieser Art steckt ein Stück Wahrheit.»
    «Hm … Sprechen Sie weiter.»
    «Nächster Punkt: Jacobs lässt die Haustür unverschlossen. Außer ihm weiß das zu diesem Zeitpunkt niemand … Erinnern Sie sich? Er sagt, er hat als Letzter das Haus verlassen und dann das Schloss blockiert. Dann gingen sie zu Epsteins und berieten darüber, ob sie Moose abholen müssten; und da fragte Gorfinkle, wie sie denn überhaupt ins Haus kommen sollten. Erst dann erzählte Jacobs, das Schloss sei blockiert: Es ist ein normales Sicherheitsschloss mit diesen beiden Knöpfen; mit dem einen bringt man das Schloss zum Zuschnappen, beim anderen wird es blockiert – das heißt, die Tür ist zu, kann aber durch einfaches Aufklinken geöffnet werden … Und nun erklärt Jenkins plötzlich, er muss nach Hause, weil er am nächsten Morgen sehr früh nach New York fahren will.»
    «Und Sie meinen, er hat unterwegs bei der Hillson-Villa angehalten und …?»
    «Ich bin so gut wie sicher. Er hatte die Gelegenheit – das heißt das Transportmittel: sein Motorrad. Und er hatte ein Motiv … Er ist der Einzige, von dem wir mit Sicherheit wissen, dass er ein Motiv

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