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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Täter war: Warum hat er dann die Folie nicht wieder zurückgeschlagen? Das wäre doch das einzig Vernünftige gewesen. Dann wäre kein Mensch auf die Idee gekommen, der Junge sei vielleicht keines natürlichen Todes gestorben. Erst die Total-Verpackung liefert den Beweis für den Mord … Und Jenkins ist kein Dummkopf! Einen solchen Schnitzer hätte er nie gemacht.»
    Lanigan zog die Schultern hoch. «Vielleicht hat er einfach durchgedreht …»
    «Nachdem er zwanzig Minuten lang in aller Ruhe herumgesessen hat?»
    «Woher wissen Sie, dass er so ruhig war? Vielleicht war er in Panik … Wer sagt uns überhaupt, dass er zwanzig Minuten lang da war? Moose muss viel rascher erstickt sein. Und das mit dem Wagen, der vor dem Haus geparkt haben soll – das ist doch ein Märchen! Wer fährt schon so spät da hinaus – bei einem Gewitter obendrein? Höchstens ein Liebespaar. Aber Liebespaare parken im Allgemeinen nicht ausgerechnet unter Laternen … Nein, Rabbi – den geparkten Wagen hat er einfach erfunden, um uns irrezuführen. Damit wir glauben, jemand ist nach ihm noch im Haus gewesen oder was auch immer.»
    Er sah den Rabbi an, aber der sagte nichts. Lanigan schüttelte den Kopf und fuhr fort:
    «Halten wir uns an das Wesentliche: Jenkins war wütend, weil Moose ihn durch den Kakao gezogen hatte. Den Gedanken, ihm die Folie über den Kopf zu ziehen, hatte er vorher schon – das bestreitet er ja auch gar nicht. Er wollte mit Moose abrechnen; auch das gibt er offen zu. Er gibt sogar zu, dass er das Zimmer betrat, in dem Moose lag … Alles Weitere liegt doch auf der Hand: Er steht da, betrachtet Moose, es fällt ihm alles wieder ein, was er hat schlucken müssen; er erinnert sich auch an seinen eigenen, zunächst nicht ernst gemeinten Vorschlag – na ja. Und dann tut er’s eben … Wenn Sie das nicht akzeptieren, Rabbi, dann bleibt Ihnen nur der große Unbekannte. Oder …» Er machte eine vielsagende Pause. «Oder es bleiben Ihnen Ihre jungen Freunde Gorfinkle und Jacobs.»
52
    Sie hatten nicht direkt etwas dagegen; sie waren nur nicht besonders angetan von der Idee. Roger Epstein konnte das nicht verstehen.
    «Ich denke, wir brennen alle darauf, in solchen Fällen aktiv zu werden?», fragte er ratlos. Zu Brennerman gewandt, fuhr er fort: «Du hast doch selber gesagt, der Tempel müsse aktive Sozialarbeit leisten … Und du, Ben – du hast feierlich erklärt, du willst mit deinem Programm einen sozialen Akzent setzen. Aber das gilt offenbar nur, wenn es um Südstaatenprobleme geht, ja? Wenn es weit weg ist von Barnard’s Crossing?»
    «Aber das stimmt doch nicht, Roger!», wehrte Gorfinkle ab. «Es geht uns um soziale Gerechtigkeit, ja – aber doch vor allem um Gerechtigkeit . Hast du nicht eben die Nachrichten gehört? Ich habe meinen Schwager angerufen – ich wollte Näheres erfahren. Er sagt, der Bericht stimmt; er hat es von Lanigan persönlich … Vielleicht täusche ich mich, aber ich habe den Eindruck, dieser junge Neger … Wie heißt er wieder? Ach ja, Jenkins … dieser Jenkins ist der Täter.»
    «Das meine ich auch», sagte Brennerman.
    «Na klar», sekundierte Jacobs.
    «Wie könnt ihr so sicher sein?», fragte Epstein.
    «Na, hör mal – du glaubst doch selbst nicht, dass er wegen ein paar Zigaretten zurückgefahren ist!», sagte Gorfinkle.
    «Vergiss eines nicht, Roger», warnte Jacobs: «Unsere Kinder sind in die Affäre verwickelt – deine Didi ebenso wie mein Bill und Bens Stu.»
    «Ja eben: Stell dir doch vor, dein Bill war in der Lage von diesem Jenkins …» Epstein schlug auf den Tisch. «Egal, ob er’s getan hat oder nicht – er hat das Recht auf einen fairen Prozess.»
    «Na, den kriegt er doch auch! Wir sind schließlich nicht in Alabama oder sonst irgendwo im Süden … Keine Angst, es wird ihn schon keiner lynchen.»
    «Er hat ja nicht einmal einen Anwalt!», entrüstete sich Epstein.
    «Wenn das dein einziger Kummer ist, kann ich dich beruhigen», sagte Gorfinkle. «Soviel ich weiß, ist noch nicht formell Anklage erhoben. Und wenn es dazu kommt, wird das Gericht einen Pflichtverteidiger bestellen, falls er selbst keinen hat oder sich keinen leisten kann.»
    «Ja, ich weiß. Dafür steht dann eine feste Summe zur Verfügung – fünfhundert Dollar, glaube ich. Und was für einen Anwalt man dafür kriegt, das ist ja leicht vorstellbar.»
    «Was sollen wir denn also deiner Ansicht nach tun, Roger?»
    «Beweisen, dass wir nicht nur Phrasen dreschen, verdammt nochmal! Jenkins hat

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