Am Sonntag blieb der Rabbi weg
sein! Es hatte ihm doch jemand dieses Plastikding über den Kopf gezogen.»
«Wusstest du denn, wie sie ihn ursprünglich hingelegt hatten?»
«Nein, aber …»
«Schau, ich versuche dir klar zu machen, dass du mit der ganzen Sache nichts zu tun hattest: Du hast den Ort nicht ausgewählt. Du bist nicht eingebrochen. Du bist zurückgefahren, um Moose zu holen, weil er krank war und du einen Wagen hattest. Und als du sahst, dass er offenbar sehr krank war, wolltest du möglichst schnell Hilfe holen.»
«Aber Didi und Bill haben gesagt …»
«Daran kannst du dich nicht mehr erinnern. Ich bitte dich – in deiner Erregung … du weißt nur noch, dass sie irgendetwas daherredeten – wie sie ihn auf die Couch gepackt hatten und so. Von den Einzelheiten hast du keine Ahnung. Du warst ja nicht dabei. Du hast nichts gesehen. Du weißt von nichts.»
«Klar. Ich zieh den Schwanz ein und winsle ein bisschen.»
«Genau das!», bestätigte sein Vater befriedigt.
Stu stand auf. «Und hinterher? Wenn alles vorbei ist? Dann kann ich mir ja neue Freunde suchen, wie? Oder einfach in eine andere Stadt ziehen, ja? Ich brauch ja nicht unbedingt jeden Morgen in den Spiegel zu schauen, hm? Ich bin ja bloß ein dummer Junge, und du bist die ausgelernte Führungskraft … Aber jetzt willst du zu schlau sein! Das glaubt mir doch kein Aas – dass ich die ganze Zeit bloß edle Gedanken gedacht habe und sonst nichts … Lanigan glaubt das am allerwenigsten! Nein, Dad – wenn ich mit der Sache nichts zu tun habe, wird mir Lanigan auch nichts anhängen – der nicht … Aber dir kauf ich die väterlichen Sorgen nicht ab: Dir geht’s doch nur um deine Reputation, um Prestige, um … Ach, lass mich doch in Ruhe!» Er ging hinaus und knallte die Tür hinter sich zu.
«Was war denn los?» Mrs. Gorfinkle streckte den Kopf ins Zimmer. «Oh … wo ist Stu? Bist du mit ihm fertig?»
«Ja, ich bin fertig mit ihm», bestätigte Gorfinkle mit zusammengebissenen Zähnen.
«Schon wieder Streit?»
«Da schuftet man und rackert sich ein ganzes Leben lang ab …» Gorfinkle sprach mehr zu sich selber als zu ihr. «Für wen denn eigentlich? Doch für die Kinder, oder? Und das ist dann der Dank …»
49
Jenkins sah Lanigan an, dann den Rabbi, dann wieder Lanigan. «Ich sag Ihnen doch – den ganzen Abend hat er auf mir rumgehackt … Und da wundern Sie sich noch, weil ich keine Lust hatte, ihn nach Hause schaffen zu helfen, damit sein Alter nicht merkt, dass er besoffen war? Von mir aus hätte er ihn skalpieren können! Ich glaube nicht an den frommen Spruch mit der anderen Wange und so.»
«Ich auch nicht», sagte der Rabbi. «Das ist ein christlicher Grundsatz.»
«Und da wollten Sie’s ihm also heimzahlen, ja?» Lanigan sah den Neger erwartungsvoll an.
Der zuckte die Achseln. «Auf die Idee bin ich gar nicht gekommen. Ich wollte bloß weg. Das sind doch alles noch Kinder … Sie sind nett, aber ein bisschen zu jung für mich.»
«Sie wollten also nach Hause – das war alles?», fragte der Rabbi, ein wenig suggestiv.
«Sag ich doch … Es war ein ziemlich mieser Abend … Gott, die Jungs konnten ja nichts dafür; aber geholfen hat mir auch keiner. Ich wollte weg. Ich hatte die Nase voll. Da holte ich mein Motorrad bei Didi ab und fuhr los. Na, und dann fing’s doch gleich wieder an zu regnen … Klar, ich hätte auch zu Didi zurückfahren können. Aber dann fiel mir diese Villa ein – und ich wusste ja, dass die Tür nicht abgeschlossen war.»
«Was war näher, die Villa oder Didis Haus», fragte der Rabbi.
Jenkins zuckte die Achseln. «Die Villa lag auf dem Weg. Zu Didis Haus hätte ich zurück gemusst.»
«An Moose haben Sie natürlich gar nicht gedacht?», fragte Lanigan sarkastisch. «Und schon gar nicht daran, dass er jetzt schön eingepackt war und daher hilflos – ganz abgesehen davon, dass er blau war?»
«Nein. Erst als ich im Haus war», erklärte Jenkins aufgeräumt.
«Immerhin haben Sie Ihr Motorrad im Gebüsch versteckt.»
«Na klar. Ich hatte doch da drin nichts zu suchen, ob die Tür nun offen war oder nicht …» Er sah vom einen zum andern, wie um zu sehen, ob sie seine Situation begriffen. «Ich bin also rein und hab die Tür hinter mir abgeschlossen.»
«Ach? Warum denn?»
«Irgendjemand hat was von der Polizeistreife gesagt. Dass die manchmal kontrolliert da draußen. Ja, und wie ich dann mal zufällig aus dem Fenster schaue, sehe ich gerade einen Wagen herankommen. Vor dem Haus bremst er, fährt ganz langsam
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