Am Strand des Todes
sich. »Komm jetzt«, befahl er. »Hör auf,
so zu ziehen«, jammerte das kleine Mädchen, »Papi, sag ihm,
er soll damit aufhören!«
»Laß sie los, Robby«, mischte Glen sich ein. »Und du bleibst
bei deinem Bruder!«
Sobald sich die Tür hinter den Kindern geschlossen hatte,
klappte Glen das Schlafsofa auf, das er und Rebecca benutzt
hatten. Er nahm eines der Bettücher heraus, klappte es
sorgfältig wieder zu und trat vor die Tür.
Er trug Rebecca bis ans äußerste Ende des Vorbaus, wo er
sie mit Tränen in den Augen in das Tuch schlug. Von der Tür
aus blickte er noch einmal zurück. Wenn es ihm gelang, die
Kinder rasch über den Vorbau zu bringen, würden sie nicht
sehen, was da nur wenige Schritte von ihnen entfernt lag.
Dann nahm er alle Kraft zusammen und ging wieder in die
Hütte.
Robby und Missy saßen dicht nebeneinander auf dem
unteren Bett, zu ihren Füßen eine braune Tasche. Ihre traurigen
Gesichtchen blickten zu ihm auf.
»Mami ist tot?« fragte Robby, als ob er die Antwort schon
kennen würde.
»Ja, sie ist tot«, sagte Glen tonlos.
»Warum?« wollte Missy wissen. In ihrer Stimme war nichts
als kindliche Neugier, und Glen wurde jetzt erst bewußt, daß
Rebeccas Tod für sie noch gar nicht faßbar war…
»Ich weiß nicht«, sagte er leise, »ich weiß nicht, wie es
geschehen konnte.«
»Müssen wir von hier weg?« wollte Robby wissen.
»Weg?«
»Weil wir unsere Kleider eingepackt haben.«
»Ich bringe euch für die Nacht zu Brad und Elaine«, erklärte
Glen, »ich werde später auch dort schlafen, nachdem ich noch
einige Dinge hier erledigt habe.«
»Gehen wir jetzt sofort?« fragte Missy.
»Ja, sofort.« Glen gelang sogar ein kleines Lächeln.
»Draußen regnet es noch immer schrecklich, deshalb möchte
ich, daß ihr ganz rasch zum Auto lauft – ja?«
Die beiden Kinder nickten eifrig.
»Ich gehe voraus und öffne die Tür – und dann lauft ihr um
die Wette. Der Sieger bekommt eine Überraschung.«
»Was denn?« wollte Robby wissen.
»Wenn ich es dir sagen würde, wäre es doch keine
Überraschung mehr!«
Er führte sie zur Vordertür und öffnete sie. Dann
kommandierte er: »Auf die Plätze, fertig, los!«
Die Kinder liefen mit aller Kraft auf den alten VW-Bus zu.
Er griff nach der Tasche, schloß die Tür und folgte ihnen.
»Oh, mein Gott!« entfuhr es Brad Randall, als er Glen Palmer
mit den Kindern vor sich stehen sah. Ein Blick in Glens Augen
und auf die tränenverschmierten Gesichter von Robby und
Missy genügte, um ihm zu sagen, daß etwas Schreckliches
geschehen sein mußte.
Elaine hatte seinen Ausruf gehört und kam aus dem
Wohnzimmer.
»Glen? Was ist denn los?« Doch auch sie wußte Bescheid,
nachdem sie die drei kurz angeschaut hatte. Impulsiv kniete sie
sich zu den Kindern und nahm sie in die Arme. Das kleine
Mädchen konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, und
gleich darauf ließ auch Robby seinem Schmerz freien Lauf.
Elaine drückte die Kinderköpfe an sich und flüsterte immer
wieder: »Tut mir ja so leid, mein Gott, wie mir das leid tut…«
Glen räusperte sich mühsam. »Können Sie… können
Sie…?«
Elaine verstand sofort.
»Ich kümmere mich um sie, natürlich, und Brad wird Sie
begleiten.«
Brad, der bis jetzt wie erstarrt dabeigestanden hatte, schien
plötzlich zum Leben zu erwachen. Er griff nach seinem Mantel
und schob dann Glen Palmer zur Tür.
Elaine brachte die beiden Kinder ins Wohnzimmer und
setzte sie aufs Sofa. Dann ging sie rasch durchs ganze Haus
und überprüfte alle Fenster. Schließlich verriegelte sie auch
noch die beiden Türen und vergewisserte sich, ob sie wirklich
verschlossen waren.
Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, starrte Missy
gedankenverloren ins Feuer und schien sie zunächst überhaupt
nicht zu bemerken. Aber als sich Elaine neben ihr niederließ,
griff das kleine Mädchen plötzlich nach ihrer Hand, drückte sie
und lächelte zu ihr auf.
»Alles wird gut werden«, sagte sie leise, »wirklich, ich weiß
das.«
Elaine brach in Tränen aus und drückte das tapfere kleine
Wesen an sich.
Glen und Brad trugen Rebecca in die Hütte und legten sie
vorsichtig auf den Boden. Glen fachte das Feuer an, während
Brad eine erste Untersuchung des Leichnams vornahm.
»Sie wurde erwürgt«, sagte er kurz aufblickend und dann,
fast unhörbar, »ihr Genick ist gebrochen.«
»Oh, großer Gott«, schluchzte Glen, »es muß furchtbar für
sie gewesen sein.«
»Das können wir nicht wissen«, versuchte Brad ihn zu
trösten. »Der Körper hat ganz
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