Am Strand von Acapulco
Verhalten erzählt hast?"
„Doch, Julie, ich brauche nur an ihn zu denken, und ..." Unwillkürlich traten ihr Tränen in die Augen, die sie aber entschlossen wegblinzelte. „Ich liebe ihn, verstehst du, und in vier Wochen fliegt er zurück nach Venezuela, ohne die Zeit vorher nutzen zu wollen." Jetzt rollte Ruth doch eine Träne über die Wange, und als Julie ihre Freundin in den Arm nahm, um sie zu trösten, ließ Ruth ihren Gefühlen freien Lauf.
Sobald sie sich wieder beruhigt hatte, erklärte Julie sanft: „Das habe ich schon kommen sehen."
„Wie meinst du das?"
„Bisher warst du immer so cool, wenn sich einer für dich interessiert hat. Bei Michael zum Beispiel ... Nun, jetzt ist es umgekehrt. Auch wenn ich nicht verstehen kann, warum es gerade Patrick sein muss."
„Weil er so anders ist, so vernünftig und liebenswürdig, wenn er will. Irgendwie habe ich mich gleich zu ihm hingezogen gefühlt, als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe."
„Und was hast du jetzt vor?" fragte Julie. „Und was das Wichtigste ist, wie sieht er dich?"
„Keine Ahnung!"
„Was soll denn das nun wieder heißen?"
„Dass ich es einfach nicht weiß. Er ... Er findet mich anzie hend, zumindest körperlich."
„Dann habt ihr also doch miteinander geschlafen! Ich habe es mir gedacht"
„Nein, als ich in seinem Apartment war, hat er mich nur in den Arm genommen, sich dann aber plötzlich wieder zurückgezogen, und zu allem Überfluss auch noch erklärt, es sei das Beste, wenn ich meinem Vater hinterherfliegen würde."
„Was?"
„Ja, das habe ich auch nicht verstanden. Irgendwie war er plötzlich ganz verändert."
„Und hat er sich seitdem noch einmal gemeldet?"
„Nein, hat er nicht." Julie ließ sich wieder in den Sessel sinken. „Wenn ich doch nur wüsste, was er wirklich für mich empfindet!"
„Ich könnte doch meine Mutter bitten, Patrick und dich am kommenden Wochenende zu uns einzuladen, ohne ihm zu sagen, dass du auch kommst."
„Bloß nicht! Ich will ihn nicht noch einmal treffen, wenn er vorher nicht Bescheid weiß. Vielleicht sollte ich mir das Ganze abschminken."
„Wie."
„Lass uns über etwas anderes reden, ja? Wie geht es mit Peter? Seid ihr glücklich?"
„O ja, sehr sogar!" erklärte Julie, und Ruth war froh, dass ihre Freundin so bereitwillig das Thema wechselte.
Eine halbe Stunde später servierte Mrs. Lawson das Essen, und danach hörten Julie und Ruth Musik-CDs und sprachen über ge meinsame Freundinnen und andere Dinge aus den Zeiten im Internat.
Erst sehr viel später, als Ruth schließlich ganz allein in ihrem Bett lag, gestattete sie sich, wieder an ihre merkwürdige Beziehung zu Patrick zu denken, und es folgte eine weitere schlaflose Nacht.
5. KAPITEL
Am nächsten Morgen, einem Samstag, gingen die beiden Freundinnen noch gemeinsam einkaufen, bevor Ruth Julie zum Bahnhof brachte.
Gerade als Ruth wieder zu Hause war, klingelte das Telefon, und Michael Freeman meldete sich am anderen Ende der Leitung. Seit dem Wochenende in Wiltshire hatte er schon einige Male angerufen und versucht, sich mit Ruth zu verabreden. Aber sie fand immer irgendwelche Ausreden. Nun lud er sie zu einer Party ein, und obwohl Ruth keine Lust hatte auszugehen, schien ihr die Aussicht auf einen Samstag allein zu Hause auch nicht verlo ckend. Mrs. Lawson würde ihre Schwester in Edgware besuchen und erst Sonntagmittag wiederkommen.
Also sagte Ruth Michael zu und verbrachte den Rest des Nachmittags damit, zu überlegen, was sie anziehen sollte. Schließlich entschied sie sich für eine beige Hüfthose und eine schwarze Spitzenbluse, unter der sie lediglich einen BH tragen wollte. Die Sachen standen ihr hervorragend, aber Ruth fand trotzdem keinen Gefallen an ihrem Spiegelbild.
Michael sah das allerdings völlig anders. Er war begeistert, und nachdem er Ruth ein entsprechendes Kompliment gemacht hatte, meinte er: „Ich dachte schon, ich hätte irgendeinen Aus satz oder du hättest einen neuen Freund, weil du meine Einladungen immer ausgeschlagen hast."
„Ich bitte dich, Michael!" Ruth schlüpfte in ihren Jeansmantel. „Komm, gehen wir.
Wo findet die Party denn statt?"
„In einer WG in Kensington. Erinnerst du dich noch an Frank?"
„Der mit dem Dobermann?"
„Genau."
Als sie dort ankamen, war das Drei-Zimmer-Apartment bereits zum Bersten voll mit Leuten und die Musik so laut, dass man sein eigenes Wort nicht verstand. Die Fluchtmöglichkeit „Küche" fiel auch aus, weil sich dort halb London zu
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