Am Strand von Malibu
ein Schlag. Es geschah so unvermittelt, dass sie ins Stolpern kam. Glücklicherweise hatte sie so dicht an der Polsterbank gestanden, dass sie sich einfach darauf fallen lassen konnte.
Ihre Bluse stand nicht nur offen, sondern hatte sich auch hochgeschoben, so dass ihre Taille unbedeckt war. Mit bebenden Fingern versuchte sie, ihre Kleidung wieder zu ordnen. Sie wagte dabei nicht, Joe ins Gesicht zu sehen.
Eine Zeit lang herrschte gespanntes Schweigen. Olivia spürte, dass auch Joe Schwierigkeiten hatte, seine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Bestimmt war er über sich selbst entsetzt, wozu er sich von ihr hatte hinreißen lassen. Olivia schämte sich maßlos für ihr herausforderndes Verhalten.
Schließlich hob sie den Kopf. Tapfer hielt sie Joes durchdringendem Blick stand. „Es tut mir Leid", sagte sie schließlich leise.
„Bitte nicht", antwortete er, und Olivia wusste wieder nicht, was er damit meinte.
Wollte er, dass sie schwieg oder dass sie sich nicht auch nicht entschuldigte?
Er atmete tief durch. „Ich muss jetzt wirklich duschen. Können Sie sich solange allein beschäftigen?"
Olivia nickte nur. Ohne ein weiteres Wort verließ er den Wintergarten. Sie hörte ihn durchs Wohnzimmer gehen. Dann verloren sich seine Schritte auf dem Flur. Erst jetzt löste sich ihre innere Anspannung. Sie atmete tief aus und ließ sich in die Polster zurücksinken.
Was hatte sie nur getan?
Als sie über ihr Verhalten nachdachte, konnte sie ein Stöhnen nicht unterdrücken. Sie richtete sich wieder auf und stützte die Ellenbogen auf die Knie. Mit beiden Händen strich sie sich die Haare zurück. Da sie im Hotel keine Zeit mehr für eine aufwendige Frisur gehabt hatte, hatte sie die Haare mit einem Band im Nacken zusammengefasst. Das hatte sich bei der heftigen Umarmung gelöst.
Schlagartig wurde Olivia bewusst, wie sie aussehen musste: die Haare unordentlich, die Bluse über der Hose, der Mund ohne die geringste Spur von Lippenstift. Jeder konnte sehen, was sie gerade getan hatte.
„Haben Sie einen Wunsch, Madam? Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen?"
Olivia hob den Kopf. Wie um das Maß ihrer Schande voll zu machen, stand das Hausmädchen plötzlich im Zimmer, das ihr und Benedict vorhin in der Halle begegnet war. Ob Joe sie geschickt hatte, um ihr nachzuspionieren? Oder war sie aus eigenem Antrieb gekommen? Auf alle Fälle empfand Olivia die neugierigen Blicke der jungen Frau als unangenehm.
„Ich ..." Olivia zögerte. Am liebsten hätte sie darum gebeten, telefonieren zu dürfen. Sie hätte sich ein Taxi rufen und verschwinden können, noch ehe Joe fertig geduscht hatte.
Aber nein, sie war kein Feigling. Außerdem hatte sie nichts getan, dessen sie sich hätte schämen müssen. Sie würde bleiben. „Ich möchte gern eine Tasse Tee", sagte sie bestimmt.
„Tee?" Das Dienstmädchen war offensichtlich überrascht. Wahrscheinlich hatte sie erwartet, dass Olivia Champagner oder einen Cocktail bestellen würde. Sie fasste sich jedoch schnell und fragte höflich: „Mit Milch oder Zitrone, Madam?"
„Milch, bitte."
Olivia war froh, als sie endlich wieder allein war. Leider hatte sie vergessen, nach der Gästetoilette zu fragen. Sie musste sich unbedingt kämmen und ihr Make-up erneuern.
Langsam stand sie auf und steckte sich die Bluse in die Hose.
Das also war ihr großer Auftritt als Verführerin gewesen! Sie hatte sich zutiefst blamiert! Warum hatte sie es nur versucht? Joes ablehnende Reaktion auf ihren Kuss am vergangenen Abend hätte ihr doch eine deutliche Warnung sein müssen!
Unruhig ging sie im Zimmer auf und ab. Was war Joe nur für ein Mann? Er hatte eine Affäre mit Diane, sollte aber dem Wunsch seiner Mutter gemäß Anna Fellini heiraten.
Loyal verhielt er sich keiner gegenüber. Olivia bildete sich natürlich nicht ein, Joe ernsthaft in Versuchung geführt zu haben. Dennoch hatte sie deutlich gespürt, dass sie ihn durchaus nicht kalt ließ.
Schon wieder fielen ihr die Haare ins Gesicht, die sie mit beiden Händen zurückschob.
Sie brauchte unbedingt einen Ort, wo sie sich in Ruhe zurechtmachen konnte. Die Genugtuung, sie in diesem aufgelösten Zustand zu sehen, wollte sie Joe nicht geben. Sie blickte sich suchend nach ihrer Handtasche um und war erneut von der Geräumigkeit und eleganten Möblierung des Wohnzimmers beeindruckt. Aber sie hatte keine Zeit, die gepflegte Atmosphäre zu genießen. Sie fand ihre Tasche auf einem Sessel, klemmte sie sich unter den Arm und machte
Weitere Kostenlose Bücher