Am Ufer (German Edition)

Werbekampagne, klappbare Aufsteller und Etiketten inklusive, die Ausarbeitung der Philosophie des Weines, die dann just mit der Andeutung begann, den Önologen doch gegen einen auszuwechseln, den die Verlagsgruppe zum Medienstar machen wollte, weil er einer großen Holding des Getränkebetriebs angehörte, mit der man enge Beziehungen pflegte und die in Wirklichkeit eine der Hauptfinanzquellen war. Franciscos Artikel in allen Blättern der Verlagsgruppe, seine geschliffenen Kommentare, seine Bewertungen bei den Weinmessen hatten keinen unwesentlichen Einfluss darauf, den Ruf jener Winzerbetriebe zu konsolidieren, die heute die teuersten Weine verkaufen. Und er erreichte es, dass seine Frau mehr wurde als eine Köchin, die aus Langeweile ein kleines Lokal aufmachte: Vier Tische und eine Feuerstelle, sagten die beiden, um die Sache runterzuspielen, als sie kurz vor der Eröffnung in Madrid nach Olba kamen (das war, glaube ich, der letzte Besuch, bei dem sie dabei war), etwas Einfaches, so etwas wie eine bürgerliche Gaststube von früher. Es wäre schön, wenn du dir die Zeit nähmest, versprich, dass du an dem Tag kommst, lud mich Francisco ein, wohl wissend, dass ich es nicht einmal in Erwägung ziehen würde. Allein schon: mit welchem Anzug? Welcher Krawatte? Ich besaß nichts, was nach den Kleidungsregeln der neuen Zeiten statthaft gewesen wäre. Leonor schweigend an seiner Seite, als kennten wir beide uns gerade einmal vom Sehen. Kurze Zeit später gab sie Erklärungen ab: Im Restaurant am Herd zu stehen sei eine Verlängerung ihrer Tätigkeiten als Hausfrau, verriet sie in den bunten Blättern der Sonntagsbeilagen, die ihr Mann ihr vermittelte, während er selbst die Welt bereiste und Nase und Geschmackspapillen bei Burgundern, Rhein- und Moselweinen trainierte (ich weiß gar nicht, wie du verkosten kannst, dein Geruchssinn muss doch vom Koks ruiniert sein. Übertreib mal nicht, ich nehme es nur alle Jubeljahre, nur wenn ich herkomme, um ganz abzuschalten und ein wenig mit dir zu plaudern, ach ja, die alten Zeiten), an Crépinettes,aromatisiert mit Trüffeln aus dem Piemont, Carpaccio vom Kobe-Rind; dazu füllte er, seine Spezialität, die Mösen von fünf Kontinenten mit Sahne ab. In ihrem Esszimmer wurde die Hausfrau indes zur ersten Spanierin mit zwei Michelin-Sternen und bekam die höchsten Bewertungen in den gastronomischen Führern, eingeschlossen jene, die Vinofórum herausgab. Aber heute gibt es sie nicht mehr; die Sterne, die ihr Stolz waren, sind erloschen, und ihr Witwer lässt sanft eine Kreuz-Drei fallen und sagt:

»Das Leichteste, um aufzufallen, ist, extravagante oder dumme Dinge anzustellen. Sich durch Arbeit hervorzuheben ist sehr viel schwieriger. In der Lokalzeitung zu erscheinen, wenn der Vertrag zur Renovierung der Umkleideräume und der Stufensitze im Fußballstadion unterschrieben wird, oder bei der Überreichung eines Schecks an die Feste-Kommission, mit dem dieses Jahr die Stiere bezahlt werden sollen: Das ist das Leichteste. So gut wie keiner ist bereit, für solches Gedöns Geld zu vergeuden. Am Tag der Eröffnung bekommst du einen Applaus oder aber, wenn du, vor Bürgermeister und Presseleuten, den Scheck mit deiner aufgedruckten Unterschrift der für Sport zuständigen Stadträtin überreichst, das war’s dann schon, und selbst in diesem Moment wirst du von der Nachbarschaft (Begünstigte eingeschlossen) kritisiert – man schimpft dich Verschwender, Angeber und fragt sich, ob du nicht mit irgend etwas Verbotenem handelst, Drogen, Waffen, oder ob du Geld wäsche betreibst, um die Knete zu verdienen, die du jetzt hin aus schmeißt. Statt eine Stufe aufzusteigen, hast du deinen Niedergang eingeleitet. Nach drei Monaten haben alle die Geschichte mit dem Scheck vergessen, was bleibt, ist der Verdacht, dass du nicht sauber bist.«
    »Geld rauszuwerfen, damit man deiner gedenkt, das macht doch kein Schwein. Damit bleibst du allein, die Leute heben das Geld für gewöhnlich lieber auf«, stimmt Bernal zu.
    An diesem leuchtenden Wintermorgen jedoch bin ich es – einer der Harmlosen –, der nach dem Bühnenbild sucht, in dem er in einerintimen Inszenierung einen Teil des Ehrenkodexes wiederherstellen kann, Kammertheater, Reparatur dessen, was die Geschichte zerbrochen hat. Ich bereite alles vor, Vater, ich übernehme es, dich an den Ort rückzuführen, an dem du einst bleiben wolltest und wegen uns nicht geblieben bist, ich stelle den versehrten Körper deiner Würde wieder her, um sie der