.Am Vorabend der Ewigkeit
ist's schon besser.«
Poyly schnitt die Fesseln durch. Yattmur rieb sich die Gelenke und strich die Haare zurück. Dann schritt sie voran, dicht gefolgt von dem Paar.
Die Natur des Waldes begann sich bald zu ändern. Er lichtete sich. Bald waren nicht mehr genug Zweige da, und sie mußten tiefer hinabklettern. Die Wipfel waren ganz nah und ließen die Sonne durch. Unten lagen große Felsen, auf denen nur Nesselmoos und Kriechpflanzen wuchsen.
Die Morchel gab Auskunft:
»Die Feige kann nicht überall wachsen. Hier ist nur Gestein, da finden ihre Wurzeln keine Nahrung. Habt keine Sorge und geht weiter.«
Endlich erreichten sie festen Grund, denn die Zweige waren zu schwach geworden, um sie zu tragen. Sie standen auf einem Felsen. Yattmur hob plötzlich einen Arm.
»Hört! Da kommen einige Hüpfer. Das sind die Tiere, die wir fangen.«
Unter ihrer Felseninsel erstreckte sich eine Ebene. Der Boden war nicht weich und sumpfig, wie Gren und Poyly immer angenommen hatten. Er war fest und von Spalten durchzogen. Seine Farbe war rot und schwarz. Es wuchsen nur wenige Pflanzen.
»Die Felsen haben merkwürdige Gesichter«, hauchte Poyly.
»Ruhig!« warnte Yattmur. »Sie kommen.«
Aus dem Schutz des Waldes traten seltsame Geschöpfe. Sie wirkten zierlich und zerbrechlich, dabei aber auch unbeholfen und plump. Ihre Art der Fortbewegung war langsam und wirkte fast hilflos. Sie erinnerten an die längst ausgestorbenen Känguruhs. Die Vorderpfoten waren verkrüppelt, während die Hinterläufe lang und kräftig aussahen. Mit ihnen sprangen sie über geringe Entfernungen.
Gren und Poyly hatten diese Lebewesen noch nie gesehen.
Yattmur nahm ein dünnes, geflochtenes Seil, das sie um den Leib gewunden trug. An verschiedenen Stellen waren Steingewichte. Als sie es auswarf, wurde es zu einem Netz, das sich über einige der Hüpfer herabsenkte. Drei von ihnen waren gefangen. Yattmur sprang zu ihnen und band sie fest, ehe sie fliehen konnten. Sie wehrten sich nicht.
Poyly rief plötzlich:
»Gren – sieh nur! Ein Ungeheuer! Dort ...!«
»Das ist doch nichts«, meinte Yattmur verächtlich.
Trotzdem beobachteten sie das sich ihnen bietende Schauspiel mit großer Aufmerksamkeit. Gegen einen Felsblock gelehnt, entfaltete sich ein silberner Ballon. Er wurde immer größer und praller. Dann öffnete sich ein breiter Spalt. Einige der Hüpfer rannten auf den Spalt zu. Mit einem Satz verschwanden sie darin. Der Spalt schloß sich wieder und die Kugel wurde langsam kleiner. »Was ist das?« fragte Gren verwundert. »Ein Grünmagen«, erwiderte Yattmur. »Habt ihr noch nie einen Grünmagen gesehen? Hier gibt es viele von ihnen, aber sie kleben an den Felsen und können sich nicht bewegen. Keine Gefahr. – So, und nun muß ich diese Hüpfer zum Stamm bringen.«
Sie kamen an dem Grünmagen vorbei. Die Stelle, an der die Hüpfer gefangen waren, war deutlich zu erkennen. Mit seinem einen Auge betrachtete die teuflische Pflanze die Menschen, dann schloß es sich. Gren und Poyly sahen nur noch Felsen. Die Tarnung war vollkommen.
»Es kann uns nichts tun«, beruhigte die Morchel. »Es ist nichts als ein riesiger Magen, der auf Futter wartet.«
Sie folgten Yattmur durch das unübersichtliche Gelände. Es ging bergan. Der Wald blieb zurück. Die Hirtin trieb die gefangenen Hüpfer vor sich her. Sie schien den beiden Fremden nun nicht mehr zu mißtrauen. Im Gegenteil, sie war richtig fröhlich geworden.
»Wir sind jetzt im Gebiet meines Stammes.«
»Rufe sie herbei und sage ihnen, daß wir Freunde sind. Ich möchte mit ihnen sprechen.«
Yattmur legte die gefalteten Hände vor den Mund und stieß einen schrillen Pfiff aus. Augenblicklich tauchten überall hinter den Felsen Männer und Frauen auf. Sie waren bewaffnet. Sogar in den Zweigen der vereinzelt wachsenden Bäume regte es sich.
Gren und Poyly blieben ruhig stehen und ließen sich betrachten.
Yattmurs Stamm bestand in der Hauptsache aus Frauen, die ihre Blößen mit Blättern und Blumen bedeckt hatten. Alle trugen Waffen, und fast alle waren so schön wie Yattmur. Manche hatten Seile um den Leib geschlungen.
»Hirten«, sagte Yattmur, »ich bringe euch zwei Fremde, Poyly und Gren, die bei uns bleiben möchten.«
Gren fand es an der Zeit, auch etwas zu sagen.
»Wir sind Wanderer, die als Freunde kommen. Nehmt uns auf. Wir benötigen Ruhe und Frieden. Später werden wir euch zeigen, was wir können.«
Eine untersetzte Frau trat vor und hielt ihnen die Handflächen
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