Am Ziel aller Wünsche? (German Edition)
hob die Hand und rief etwas auf Arabisch.
"Komm, lass uns meinen Großvater begrüßen."
Catherine schlang sich einen Schal wie einen Gürtel um die Taille und schob die Kanten der Jacke übereinander, was die Schicklichkeit des Kleidungsstücks beträchtlich steigerte.
Er nahm sie bei der Hand und führte sie zum größten Zelt, vor dem sich eine Abordnung versammelt hatte. In der Mitte der von Fackeln beleuchteten Gruppe stand ein Mann, der fast so groß war wie Hakim. Die zerfurchte, wettergegerbte Haut und die rot-weiß karierte Kopfbedeckung, die allein von Scheichs getragen wurde, wiesen ihn als Hakims Großvater aus.
Er trat vor, um sie zu begrüßen. "Du bist in meinem Volk willkommen." Er hatte Catherine zu Ehren Englisch gesprochen, eine Geste der Höflichkeit von einem so befehlsgewohnten Mann.
Hakim ließ Catherine los und umarmte den alten Mann. "Vater meiner Mutter, ich danke dir für deinen Gruß." Dann kehrte er zu ihr zurück und nahm ihre Hand fest in seine. "Großvater, das ist meine Frau Catherine."
Der Beduine kniff die Augen zusammen. "Du meinst, deine Braut."
Sie schaute Hakim fragend an, doch dessen Aufmerksamkeit galt allein seinem Großvater. Es folgte ein rascher Wortwechsel auf Arabisch. Hakim klang verärgert, sein Großvater unerbittlich.
Am Ende gab Hakim ihre Hand frei.
Eine schöne Frau trat hinter dem Mann hervor, der zur Rechten des Scheichs stand. Sie trug die schwarze Tracht der Beduinenfrauen, allerdings war ihr Gewand mit roten Mustern bestickt, und ein schwarzer Seidenschal bedeckte ihr Haar und ihren Hals.
Sie lächelte Catherine an. "Ich bin Latifah, Ahmed bin Yusefs Frau und Hakims Schwester. Du sollst mit mir gehen."
Catherine sah Hakim erneut hilflos an.
Diesmal begegnete er ihrem Blick mit finsterer Miene. "Mein Großvater erkennt unsere Ehe nicht an, weil er nicht als Zeuge zugegen war. Es wurde entschieden, dass du heute Nacht im Zelt meiner Schwester schlafen sollst. Du bist sicher erfreut über diese Wendung." Er neigte leicht den Kopf. "Du musst meine Schwester begleiten." Er streckte die Hand aus, als wollte er Catherine berühren, ließ dann jedoch den Arm wieder sinken. "Da ich in den Augen meines Großvaters und seines Volkes noch nicht dein Ehemann bin, hat er entschieden, dass es dich entehren würde, wenn ich dich berührte."
Seine Worte verwirrten sie, aber wie es schien, hatte sie in dem alten Scheich einen ahnungslosen Verbündeten.
Latifah lächelte noch immer. "Komm. Wir haben viel zu tun und viel zu bereden."
10. Kapitel
Am späten Nachmittag des folgenden Tages gelangte Catherine zu dem Schluss, dass "viel zu tun" die Untertreibung des Jahres war.
Offenbar war eine Beduinenhochzeit eine ebenso aufwändige Angelegenheit wie die Trauung, die bereits hinter ihnen lag. Sie fragte sich, wann sie Hakim wiedersehen würde. Seit ihrer Ankunft hatte sie sich im Zelt seiner Schwester aufhalten müssen, und auf ihre Frage hin hatte Latifah lächelnd die Schultern gezuckt. Wann immer ihr Großvater ihm einen Besuch gestattete, schien sie sagen zu wollen.
Nahm er in seiner Überheblichkeit an, sie würde die Zeremonie mitmachen, oder fürchtete er, sie könne auf ihrer Weigerung beharren?
Sie wusste selbst nicht, was sie wollte. Es war zu viel passiert und sie zu sehr verletzt, und sie konnte froh sein, wenn es ihr gelang, den Tag ohne Tränenausbrüche zu überstehen. Glücklicherweise machte Latifah es ihr leicht, indem sie Schweigen als Zustimmung deutete und Freude dort vermutete, wo keine war.
Während der Vorbereitungen für die Hochzeit, gegen die Catherine sich innerlich sträubte, redete Latifah unablässig. Sie war sehr nett und freundlich. Sie hatte Catherine erzählt, dass sie bis zu ihrem achten Lebensjahr in Kadar aufgewachsen war. Sie hatte ihr auch anvertraut, warum Hakim danach bei König Asad gewohnt hatte, während Latifah zu ihrem Großvater gezogen war. Die Erinnerung an Latifahs Bericht ließ Catherine schaudern.
Der Putschversuch vor zwanzig Jahren hatte ihre Eltern getötet. Latifah und Hakim wären ebenfalls fast gestorben, doch dem zehnjährigen Jungen war es gelungen, sich mit seiner Schwester aus dem unter heftigem Beschuss liegenden Palast zu schleichen und den Stamm seines Großvaters in der Wüste aufzuspüren. Als sie die Beduinen fanden, waren die Kinder beinahe verdurstet und verhungert gewesen, aber sie hatten gelebt.
Catherine dachte an den kleinen Jungen, der seine Eltern verloren und die Verantwortung
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