Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni
auf dem Willamette Richtung Swan Island ein Tanker unter der Hawthorne Bridge hindurch. Der Anblick hätte ihn eigentlich friedlich stimmen müssen, doch Gedanken an Justine drängten sich immer wieder in seinen Kopf.
Der Tag verging langsam. Am späten Nachmittag war Cardoni absolut gelangweilt und er hatte noch immer keinen Plan, was er mit seiner Exfrau anstellen sollte. Kurz nachdem der Zimmerservicekellner das Abendessen abgeräumt hatte, entdeckte er den billigen weißen Umschlag, den jemand unter der Tür durchgeschoben hatte. Der Umschlag trug keinen Absender. Cardonis Name stand maschinengeschrieben auf der Vorderseite. Er setzte sich aufs Sofa und öffnete ihn. Drinnen befanden sich zwei Blatt Papier. Das erste war eine Kartenskizze der 1-5. Ein Rastplatz einige Meilen südlich von Portland war eingekreist. 23 Uhr stand in Maschinenschrift auf der Karte.
Das zweite Blatt war die Fotokopie eines Tagebucheintrags: Donnerstag: Auch nach vier Tagen Schmerzzuf ügung Schlafentzug und minimaler Nahrungsgabe ist Objekt noch immer kämpferisch. 8:10: Objekt gefesselt und geknebelt und in Wandschrank am Ende des Gangs im ersten Stock gebracht. Lichter im Haus ausgeschaltet, davongefahren, dann geparkt und zurückgekehrt. Vom Wald aus Haus beobachtet. 8:55: Objekt verlässt Haus, nackt und barfuß, bewaffnet mit Küchenmesser. Erstaunliche Charakterstärke. Wird eine Herausforderung sein, ihren Willen zu brechen. 9:00: Objekt erschrocken über mein plötzliches Auftauchen, greift mit Messer an, doch Taser stoppt sie. Objekt schockiert über die Mitteilung dass Fesseln absichtlich nur locker verknotet, um festzustellen, wie schnell sie sich im Vergleich zu anderen Objekten befreien kann. Weint, als ich ihr Trainingskapuze und Handschellen anlege. Werde unverzüglich mit Schmerztoleranzexperimenten beginnen, um festzustellen, ob die Enttäuschung der Fluchthoffnung ihren Widerstand geschwächt hat.
Cardoni sah auf die Uhr. Es war drei viertel neun. Er las den Tagebucheintrag noch einmal, bevor er ins Schlafzimmer ging. Staatsanwälte und Polizisten behaupteten, Roy Bishop sei ein Verteidiger, der eigentlich nicht nur neben, sondern auch statt seiner Mandaten auf der Anklagebank sitzen sollte. Ein Vorzug Bishops war der, dass er auch Dienste leistete, die andere, weniger kostspielige Anwälte nicht zu leisten bereit waren. Cardoni öffnete einen kleinen Koffer, den Bishop für ihn abgeliefert hatte, und nahm eine Pistole und ein Jagdmesser heraus.
Mike Greene hob nach dem zweiten Klingeln ab. »Hi, Sean. Ich hoffe, Sie haben gute Nachrichten.« »Würden Sie es als eine gute Nachricht bezeichnen, wenn ich beweisen könnte, dass Cardoni es war, der am Abend von Justine Castles Verhaftung die Notrufnummer anrief und auch das Telefonat tätigte, das sie zu der Farm lockte? Ich habe eben den Bericht des Beamten noch einmal gelesen, der als Erster am Tatort war. Im Farmhaus gab es keinen Telefonanschluss, also fragte ich mich, wie Cardoni Dr. Castle und die Neun-eins-eins angerufen hat. Volkov hatte ein Handy. Die Aufzeichnungen der Telefongesellschaft zeigen, dass er am Abend von Dr. Castles Verhaftung die Neun-eins-eins und die Privatnummer seiner Exfrau anrief.«
»Tolle Arbeit, Sean!«
»Reicht das jetzt für Cardonis Verhaftung?«
»Treffen Sie mich in Richterin Campbells Haus. Mal sehen, was sie denkt.«
Vasquez kannte ein Zimmermädchen, das im Warwick arbeitete. Ihr Freund war Kellner beim Zimmerservice. Für fünfzig Dollar waren die beiden bereit, Vasquez auf seinem Handy anzurufen, wenn der Arzt sein Zimmer verließ. Für weitere fünfzig Dollar ließ ihn einer der Parkhauswächter in einer Lücke nur wenige Autos von Cardonis Wagen entfernt parken. Um zehn nach neun sagte ihm das Zimmermädchen, dass Cardoni unterwegs sei. Vasquez duckte sich in seinen Sitz und wartete. Augenblicke später kam der Chirurg aus dem Aufzug und stieg in sein Auto. Er trug Jeans, einen schwarzen Rollkragenpullover und eine schwarze Windjacke.
Vasquez hatte keine Probleme, Cardoni auf die 1-5 Richtung Süden zu folgen. Es herrschte nur wenig Verkehr, deshalb blieb er immer ein gutes Stück hinter dem Arzt. Als Cardoni in einen Rastplatz einbog, folgte ihm Vasquez. Cardoni parkte vor dem Toilettenhäuschen aus Beton. Das einzige andere Fahrzeug auf dem Rastplatz war ein Sattelschlepper, der Getreide geladen hatte. Er stand in der Nähe der Toiletten. Im Vorbeifahren sah Vasquez, dass das Führerhaus leer war.
Vasquez parkte am
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