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Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni

Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni

Titel: Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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Restaurant des Warwick war eines der besten in Portland. Das Menü war exquisit und der Wein ausgezeichnet, aber weder Essen noch Trinken konnten Cardonis Zorn besänftigen. Justine würde nun in sein altes Haus zurückkehren und sich im Bad räkeln, so wie sie es während ihrer Ehe getan hatte. Sie würde sich den Gestank der Gefängniszelle von der Haut waschen und sich hämisch freuen, weil sie frei und sein Plan durchkreuzt war.
    Als der Zimmerservice ihm eine Flasche zwölf Jahre alten Single Malt Scotch brachte und die Teller abräumte, war die Sonne bereits hinter den Horizont gesunken. Cardoni stand am Fenster und sah hinab auf die funkelnden Lichter der Stadt. Der Anblick besänftigte ihn und half ihm, das Gefühl, versagt zu haben, zu überwinden. Negative Gedanken mussten verbannt werden. Positives Denken war nötig, wenn er den Verlust seiner Hand und seines Berufs und seine Jahre im Exil rächen wollte.

54
    Bobby Vasquez wartete bereits, als Justine Castle aus dem Gefängnisaufzug kam. Er trug ein Sportsakko, ein sauberes blaues Oxford-Hemd und gebügelte Kakis. Er hatte sich sogar rasiert, um einen guten Eindruck zu machen. Justine blieb kurz stehen und musterte den Privatdetektiv. Er trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Dann streckte Justine die Hand aus.
    »Sie müssen Mr. Vasquez sein.« Ihr Händedruck war fest, die Haut fühlte sich kühl an.
    »Ja, Ma'am«, erwiderte Vasquez und dachte dabei, dass sie für jemanden, der mehrere Wochen im Gefängnis verbracht hatte, erstaunlich gefasst wirkte.
    »Steht Ihr Auto draußen?«
    Vasquez nickte.
    »Dann bringen Sie mich von hier weg! Wir können unterwegs reden.«
    Vasquez besaß einen zehn Jahre alten Ford. Normalerweise sah es darin aus wie auf einer Müllkippe, aber er hatte die leeren Chipstüten, die alten Socken und den anderen Abfall entsorgt, bevor er zum Gefängnis fuhr. Justine Castle hatte mehr Klasse als seine übliche Klientel. Außerdem machte sie ihn ein wenig nervös. Am Nachmittag im Gericht hatte er ihre Konfrontation mit Cardoni mitbekommen.
    »Wissen Sie, wo ich wohne?«, fragte Justine, als Vasquez losfuhr.
    »Ja, Ma'am. Ich war in Ihrem Haus, als wir Dr. Cardoni verhafteten.«
    Eine Weile fuhren sie schweigend. Vasquez warf Justine einen Blick zu. Sie hatte die Augen geschlossen und genoss ihre ersten Augenblicke der Freiheit.
    »Nun, Mr, Vasquez«, sagte sie einige Zeit später, »sagen Sie mir, was Sie von meinem Exgatten denken.«
    »Hat Miss Jaffe Ihnen das nicht gesagt?«
    »Ich will es von Ihnen hören«, sagte Justine und wandte ihm den Kopf zu, damit sie ihn ansehen konnte.
    »Ich glaube, er ist nicht menschlich. Ich halte ihn für einen Mutanten, für ein Monster.«
    »Ich sehe, wir haben dieselbe Meinung über Vincent.«
    »Ich kenne kaum jemanden, der nicht so denkt.«
    »Wird er versuchen, mich zu töten, Mr. Vasquez?«
    »Ich glaube, er muss töten, und er wird bei Ihnen keine Ausnahme machen.«
    »Wird die Polizei ihn stoppen können?«
    »Ehrlich gesagt, nein. Er wird wieder verschwinden. Und irgendwo wieder auftauchen. Früher oder später wird er sich ein neues Anwesen kaufen und wieder mit seinen Experimenten beginnen. Ich glaube, er kann nicht davon ablassen. Ich glaube, er will überhaupt nicht aufhören.«
    »Was kann man dann tun, um ihn zu stoppen?«, fragte Justine und streckte entschlossen ihr Kinn vor.
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte er, obwohl er es zu wissen glaubte.
    »Wir beide hassen Vincent, Mr. Vasquez, und keiner von uns glaubt, dass die Polizei in der Lage ist, ihn unschädlich zu machen. Ich bin mir sicher, dass er versuchen wird, mich zu töten. Wenn nicht heute oder morgen, dann irgendwann, wenn ich es am wenigsten erwarte.«
    Vasquez spürte, wie Justine ihn mit ihrem Blick durchbohrte.
    »Ich will nicht in Angst leben«, sagte sie.
    »Was schlagen Sie vor?«
    »Wie groß ist Ihr Verlangen, Vincent zu stoppen, Mr. Vasquez? Wie weit würden Sie gehen?«

55
    Vincent Cardoni schlief die Nacht durch und wachte um neun Uhr auf. Er hätte gern gejoggt, doch er wollte sich nicht mit den Reportern herumschlagen, die mit Sicherheit auf ihn lauerten, und deshalb schob er die Möbel zur Seite und machte Gymnastikübungen. Danach duschte er und bestellte sich beim Zimmerservice ein leichtes Frühstück. Er versuchte, die Zeitung zu lesen, merkte aber, dass er sich nicht konzentrieren konnte. Er ging zum Fenster. Vor der großartigen Kulisse der schneebedeckten Kuppen des Mount Hood fuhr

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