Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni
Gefängnis zu behalten.« Die Richterin stand auf. »Gehen wir in den Gerichtssaal und geben wir dies zu den Akten! Ich werde Dr. Castle ohne weitere Auflagen freilassen. Halten Sie sich in Ihren Ausführungen knapp, Mr. Greene, aber sorgen Sie auch dafür, dass die Presse die Gründe für Ihren Antrag versteht! Ms. Jaffe, Sie können sprechen, wenn Sie es für nötig halten, aber missbrauchen Sie meinen Gerichtssaal nicht als Kanzel. Sie haben bereits gewonnen.«
»Keine Angst, Euer Ehren. Ich habe nicht vor, im Saal das Wort zu ergreifen.«
»Sehr gut.«
Amanda betrat vor ihrem Vater und Justine den Gerichtssaal. Die Nachricht von dieser Anhörung war an die Öffentlichkeit durchgesickert, und jeder Platz war besetzt. Amanda überflog die Reihen und bemerkte mehrere bekannte Gesichter. Vasquez hatte einen Platz weit vorne ergattert. Amanda nickte ihm zu und entdeckte dann Art Prochaska in der letzten Reihe. Zwei Reihen vor ihm saß Dr. Carleton Swindell, der Verwaltungschef des Krankenhauses, den Amanda als potenziellen Charakterzeugen befragt hatte. Aber der Mensch, dessen Anwesenheit Amanda am meisten überraschte, saß neben seinem Anwalt in der ersten Reihe direkt hinter dem Tisch der Verteidigung. Als ihre Blicke sich kreuzten, lächelte Vincent Cardoni kalt. Amanda blieb wie angewurzelt stehen.
Cardoni wandte seine Aufmerksamkeit nun Justine zu. Amanda hatte ihrer Mandantin Cardonis neues Aussehen beschrieben, aber sie merkte, dass es für die Ärztin dennoch ein Schock war, ihn so zu sehen. Sie wollte Justine trösten, hielt aber inne, als sie merkte, dass es nicht mehr nötig war. Justine erwiderte Cardonis Starren mit einem Blick abgrundtiefen Hasses. Frank sah, was passierte, und trat zwischen Justine und Cardoni.
»Guten Nachmittag, Vincent«, sagte Frank mit ruhiger, sachlicher Stimme.
»Wie ich sehe, vertrittst du inzwischen eine weniger erstrebenswerte Klientel«, erwiderte Cardoni.
»Ich möchte dich bitten, dich wie ein Gentleman zu verhalten.
Wir sind hier in einem Gerichtssaal, nicht in einer Bar.«
»Ritterlichkeit zeigt man ja eigentlich nur Ladys gegenüber.« Franks Züge verdunkelten sich. »Aber ich werde mich benehmen, aus Rücksicht auf unsere Freundschaft.«
»Danke.«
Frank setzte sich neben Amanda, direkt vor Cardoni. Damit bekam Justine den Platz, der so weit wie möglich von ihrem Exgatten entfernt war. Richterin Campbell betrat den Gerichtssaal. Als sie Platz genommen hatte, stellte Mike Greene seinen Antrag auf Änderung der Freilassungsbedingungen für Justine. Er trug dazu eine stark verkürzte Version der Gründe vor, die er im Richterzimmer für die Umkehrung der Anklageposition in Bezug auf die Freilassung dargelegt hatte. Amanda fiel es schwer, sich in Cardonis Nähe auf Mikes Worte zu konzentrieren.
Richterin Campbell verkündete schnell ihre Entscheidung und verließ den Saal. Kaum dass sie verschwunden war, stand Justine auf, drehte sich langsam um und ging zu dem Geländer, das den Zuschauerraum abtrennte. Ihr Gesicht war nur wenige Zentimeter von dem Cardonis entfernt. Amanda hatte noch nie ein Gesicht gesehen, das so weiß vor Zorn war. Als Justine sprach, war ihre Stimme kaum zu verstehen, aber Amanda glaubte sie sagen zu hören: »Das ist noch nicht vorbei, Vincent.«
53
Reporter bedrängten Vincent Cardoni, als er den Gerichtssaal verließ. Roy Bishop bahnte für sie beide einen Weg durch die Menge und rief immer wieder: »Kein Kommentar.« Die Reporter riefen Cardoni ständig Fragen zu, während er die Marmortreppe in die Eingangshalle hinunterstieg. Vor dem Gerichtssaal wartete eine Limousine auf ihn. Er und sein Anwalt stiegen ein, und der Fahrer brachte sie zum Warwick , einem kleinen, luxuriösen Hotel wenige Blocks vom Willamette entfernt, wo Cardoni eine Suite gebucht hatte. Er wollte jetzt, da man seine Identität aufgedeckt hatte, nicht mehr in die enge Kellerwohnung zurückzukehren, die er als Andrew Volkov gemietet hatte.
Der Übertragungswagen eines Fernsehsenders folgte der Limousine, aber der Fahrer der Limousine meldete seine Gäste telefonisch im Hotel an, und der Sicherheitsdienst verwehrte den Reportern den Zutritt zur Lobby. Nach einer kurzen Besprechung fuhr Bishop in der Limousine davon, und Cardoni nahm den Aufzug zu seiner Suite. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, entledigte er sich seiner Kleidung und nahm eine dampfend heiße Dusche. Danach zog er sich einen Bademantel über und rief den Zimmerservice an. Das
Weitere Kostenlose Bücher