Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni
anderen Ende des Platzes und stellte den Motor ab. Augenblicke später kam der Trucker aus der Herrentoilette und fuhr davon. Cardoni verließ sein Auto und betrat die Toilette. Fünfzehn Minuten später war er noch nicht wieder aufgetaucht.
Vasquez stieg aus und näherte sich, die Bäume als Deckung nutzend, über den Picknickbereich den Toiletten. Er umkreiste das Betonhäuschen und blieb an der Rückwand stehen, um zu lauschen. Er wollte eben weitergehen, als er meinte, Kampfgeräusche zu hören. Er drückte sich an der Seitenwand entlang und warf schnell einen Blick um die Ecke. Etwas lag im Schatten unter einer Bank. Vasquez war sicher, dass es zuvor noch nicht dort gewesen war. Es sah aus wie ein menschlicher Körper. Er überlegte eben, ob er den Körper näher ansehen oder im Schatten warten solle, als er hinter sich ein Geräusch hörte.
56
Amanda arbeitete eben an einem Antrag auf Beweismittelvorlage, als die Gegensprechanlage summte.
»Mary Ann Jager ist auf Leitung eins«, sagte die Empfangsdame.
Amanda kannte den Namen der Anwältin, die das Farmhaus gekauft hatte.
»Hier ist Amanda Jaffe. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich, äh, ich bin mir nicht sicher, ob ich die richtige Person anrufe.« Jager klang nervös. »Sie vertreten Justine Castle, nicht?«
»Ja.«
»Arbeitet Robert Vasquez für Sie?«
»Ja.«
»Er, äh, hat mich vor ein paar Tagen besucht und sich über ein Grundstück erkundigt. Es ist die Farm, wo diese Leute ermordet wurden. Ich habe gelesen, dass Castle diese Morde zur Last gelegt werden und dass Sie ihre Anwältin sind. Da ich Mr. Vasquez nicht erreichen kann, habe ich beschlossen, Sie anzurufen.«
»Worum geht's?«
»Es war noch jemand hier, der sich nach diesem Anwesen erkundigt hat. Mr. Vasquez hat mir ein Foto von einem Mann gezeigt, aber der war es nicht. Er, äh, er sagte, es würde Geld für mich herausspringen, wenn ich ihm sagen könnte, wer das war. Sind Sie noch interessiert?«
»Ja.«
»Ich habe niemand außer Mr. Vasquez von diesem Mann erzählt, nicht einmal der Polizei, Sie hätten dann also als Einzige diese Information.«
»Wer war es?«
»Mr. Vasquez sagte, er würde mich für die Information bezahlen.«
»Wie viel hat er Ihnen versprochen?«
»Warum kommen Sie nicht einfach mit dreihundert Dollar in mein Büro? Es ist nur ein paar Blocks von Ihrem entfernt.«
Amanda klopfte an Franks Türstock.
»Hast du einen Augenblick Zeit?«, fragte sie, als Frank von seiner Arbeit hochsah.
»Klar. Was gibt's?«
»Ich war eben bei Mary Ann Jager, der Anwältin, die das Anwesen kaufte, wo die Leichen im Fall Castle gefunden wurden. Als Bobby Vasquez sie befragte, sagte sie, dass sich kurz zuvor schon ein anderer nach dem Anwesen erkundigt habe. Bobby zeigte ihr ein altes Foto von Cardoni, aber sie konnte ihn nicht identifizieren. Gestern Abend sah sie den Mann dann in den Abendnachrichten in einem Bericht über Justines Freilassung.«
»Und wer ist es?«
»Cardoni.“
»Aber du hast doch gesagt ...«
»Das Foto, das Vasquez ihr zeigte, war natürlich vor seiner Gesichtsoperation aufgenommen worden.«
Frank runzelte die Stirn. »Das ergibt keinen Sinn. Warum sollte er sich Jager zeigen, wenn ihm die Farm bereits gehört?«
»Das würde er nicht tun.«
»Willst du damit sagen ...?«
»Es gibt einige lose Fäden in diesem Fall, die mir immer Kopfzerbrechen bereitet haben. Zum Beispiel, wer war dieser erste anonyme Anrufer bei Vasquez?«
»Martin Breach, Justine.« Frank zuckte die Achseln. »Es hätte jeder sein können, der einen Groll auf Cardoni hatte.«
»Breach konnte es nicht gewesen sein«, sagte Amanda. »Warum sollte er Cardoni in Polizeigewahrsam sehen wollen, wo er höchstens einen Deal aushandeln könnte, um gegen ihn auszusagen. Breach würde doch viel eher ein Kopfgeld auf ihn aussetzen.«
»Da hast du wahrscheinlich Recht«, erwiderte Frank nachdenklich. »Und auch Justine konnte nicht angerufen haben«, fügte er hinzu.
»Warum nicht?«
»Sie wusste nichts von der Berghütte. Cardoni hatte sie heimlich gekauft.«
»Die Polizei konnte nie beweisen, dass Cardoni die Hütte wirklich gehört. Was, wenn nicht? Was, wenn sie Justine gehörte?«
»Du glaubst, dass Justine verantwortlich ist für die Morde in Milton County?«
»Das behauptete zumindest Cardoni immer.«
Frank überlegte einen Augenblick. Dann schüttelte er den Kopf.
»Das funktioniert nicht. Auch wenn Justine über die Hütte Bescheid gewusst hätte, woher hätte sie
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