Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni
diesem Grant? Dieser Bulle hat mich schon im Haus nach ihm gefragt.«
Frank erzählte ihm von den Ermittlungen wegen Breachs Schwarzmarkthandel mit Organen, von dem Tipp aus Montreal und der erfolglosen Razzia auf dem privaten Flughafen.
»Es sieht aus, als seien die Organe in dem Haus in Milton County entnommen worden, aber die Polizei ist sicher, dass Grant nicht der Operateur war. Sie glauben, dass er einen Partner hatte.«
»Und sie glauben, dass ich dieser Partner bin?«, fragte Cardoni ruhig.
Frank nickte.
»Na ja, da irren sie sich.«
»Wenn sie sich irren, dann hat sich jemand verdammt große Mühe gegeben, um dir die Sache anzuhängen. Wer hasst dich so, dass er das tun würde, Vince?«
Bevor Cardoni etwas erwidern konnte, ging die Tür auf und der Wärter kam mit einem Plastiksack voller Kleider herein. Frank sah auf die Uhr. Es war neun Uhr vierzig. »Wir haben nur noch zwanzig Minuten bis zu der Kautionsanhörung. Ich habe dir aus deinem Haus einen Anzug, ein Hemd und eine Krawatte mitgebracht. Zieh das an, und wir treffen uns dann vor Gericht wieder. Lies dir die Polizeiberichte sehr sorgfältig durch! Du bist ein intelligenter Kerl, Vince. Hilf mir, Klarheit in diese Sache zu bringen.«
Die Kautionsanhörung fand im Obergeschoss des Gerichtsgebäudes in einem Saal aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg unter Vorsitz des Richters Patrick Brody statt. Frank saß mit seinem Mandanten an einem Tisch, Scofield an einem anderen. Hinter den Schranken des Gerichts befanden sich ungepolsterte Holzbänke für Zuschauer. Meistens saßen dort nur ein paar Rentner und einige persönlich Interessierte, aber bei dieser Anhörung war der Saal gesteckt voll. Transporter mit den Logos von Fernsehsendern auf den Seiten und Satellitenschüsseln auf den Dächern verstopften die Straße vor dem Gerichtsgebäude, und Parkplätze, die es normalerweise reichlich gab, waren ebenso wenig zu finden wie Hotelzimmer in einem Umkreis von zwanzig Meilen. Die Kombination von Serienmord, illegalem Organhandel und einem attraktiven Arzt, der von der Boulevardpresse bereits Dr. Tod genannt wurde, hatte Reporter aus den ganzen Vereinigten Staaten und sogar aus dem Ausland nach Cedar City gelockt.
Während Frank darauf wartete, dass Fred Scofield seinen ersten Zeugen aufrief, sah er sich im Gerichtssaal um und entdeckte Art Prochaska ganz hinten auf einem Platz in der Nähe des Fensters. Frank hatte schon einige von Martin Breachs Angestellten verteidigt, aber noch nie Prochaska. Trotzdem erkannte der Anwalt ihn sofort und fragte sich, was er wohl bei dieser Anhörung tat.
Richter Brody schwang sein Hämmerchen, und Scofield rief Sean McCarthy auf und bat ihn, den Fall gegen Cardoni darzulegen. Dann holte der Staatsanwalt verschiedene forensische Experten in den Zeugenstand, bevor er seinen letzten Zeugen aufrief.
Ein Frau durchquerte den Saal und trat in den Zeugenstand. Sie trug einen eleganten Hosenanzug, einen grünen Kaschmirpullover mit Rollkragen und Perlohrringe. Karamellfarbene Haare fielen ihr in sanftem Schwung auf die Schultern. Mit ihren jadefarbenen Augen warf sie Cardoni einen kurzen Blick zu und ignorierte ihn dann. Frank hatte die Frau noch nie gesehen, sein Mandant aber kannte sie offensichtlich, denn er erstarrte und schaute sie wütend an.
»Würden Sie für das Protokoll bitte Ihren Namen nennen«, forderte der Gerichtsdiener sie auf.
»Dr. Justine Castle«, erwiderte sie mit fester Stimme, die bis in den hintersten Winkel des Saals drang.
»Welchen Beruf haben Sie, Dr. Castle?«
»Ich bin Ärztin und absolviere im Augenblick eine Assistenzzeit in allgemeiner Chirurgie am St. Francis Medical Center in Portland.«
»Wo haben Sie Ihre Ausbildung erhalten?«
»Ich habe einen Bachelor of Science in Chemie in Dartmouth gemacht, einen Master in Biochemie an der Cornell und meinen Doktor der Medizin am Jefferson in Philadelphia.«
»Haben Sie zwischen dem College und dem Medizinstudium gearbeitet?«
»Ja. Ich habe zwei Jahre lang als Forschungschemikerin für eine Pharmafirma in Denver, Colorado, gearbeitet.«
»Wie ist Ihre Beziehung zu dem Angeklagten Vincent Cardoni?«
»Er ist mein Ehemann«, antwortete Justine knapp.
»Lebten Sie zum Zeitpunkt seiner Verhaftung wegen der vorliegenden Anklage mit ihm zusammen?«
Justine drehte sich zu Cardoni um und starrte ihn direkt an. »Nein. Ich zog aus, nachdem er mich geschlagen hatte.«
Im Zuschauerraum regte sich Unruhe, und Richter Brody rief zur Ordnung,
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