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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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gesehen.«
    Doch ich wußte, daß er recht und ich unrecht hatte. Zum Glück kam Random in diesem Augenblick zurück.
    »Ich konnte sie nicht ganz davon überzeugen, daß es eine Ehre war«, sagte er, »aber sie wird es tun.«
    Dann unterhielten wir uns eine Zeitlang über allgemeinere Dinge, vor allem darüber, was wir während der vergangenen Jahre so alles getrieben hatten. Ich erinnerte mich an Randoms Neugier bezüglich Geistrad und erwähnte das Projekt. Er wechselte sofort das Thema und vermittelte den Eindruck, daß er es für ein Gespräch unter vier Augen aufheben wollte. Nach einiger Zeit begann Martin zu gähnen, und das war ansteckend. Random beschloß, uns eine gute Nacht zu wünschen, und läutete nach einem Diener, der mir mein Zimmer zeigen sollte.
    Ich bat Dik, der mich in meine Unterkunft geführt hatte, mir etwas Zeichenmaterial zu besorgen. Er brauchte etwa zehn Minuten, um alles aufzutreiben, was ich benötigte.
    Es wäre ein langer, schwieriger Weg zurück gewesen, und ich war müde. Also setzte ich mich an einen Tisch und begann mit dem Entwurf eines Trumpfes für die Bar des Klubs auf dem Land, in den mich Bill am Abend zuvor mitgenommen hatte. Ich arbeitete etwa zwanzig Minuten lang, bevor ich zufrieden war.
    Jetzt war es nur noch eine Frage des Zeitunterschieds, etwas, das der Veränderung unterlag, da das 2,5 : 1-Verhältnis zwischen Amber und dem Schatten, den ich bis vor kurzem bewohnt hatte, lediglich eine Faustregel darstellte. Es war durchaus möglich, daß
    ich meine Verabredung mit dem namenlosen Einbrecher bereits verpaßt hatte.
    Ich legte alles beiseite, bis auf den Trumpf. Ich stand auf.
    Jemand klopfte an meine Tür. Ich hatte große Lust, nicht zu antworten, doch meine Neugier gewann. Ich durchquerte den Raum, entriegelte die Tür und öffnete sie.
    Fiona stand davor, zur Abwechslung das Haar offen tragend. Sie war mit einem reizvollen grünen Abendgewand gekleidet und mit einer juwelenbesetzten kleinen Nadel geschmückt, die aufs hübscheste zu ihrer Haarfarbe paßte.
    »Hallo, Fi«, sagte ich. »Was führt dich hierher?«
    »Ich habe gespürt, daß du mit bestimmten Kräften arbeitest«, antwortete sie, »und ich wollte nicht, daß dir etwas zustößt, bevor wir unser Gespräch geführt haben. Darf ich hineinkommen?«
    »Natürlich«, sagte ich und trat zur Seite. »Aber ich bin in Eile.«
    »Ich weiß, aber ich kann dir vielleicht von Nutzen sein.«
    »Wie das?« fragte ich, während ich die Tür schloß.
    Sie sah sich im Raum um, und ihr Blick fiel auf den Trumpf, den ich soeben vollendet hatte. Sie verriegelte die Tür und trat an den Tisch.
    »Sehr hübsch«, bemerkte sie, während sie meine Arbeit betrachtete. »Dorthin willst du dich also begeben? Wo ist das?«
    »Es ist die Bar des ländlichen Klubs an dem Ort, woher ich soeben gekommen bin«, antwortete ich. »Ich bin dort mit einem Unbekannten um zweiundzwanzig Uhr Ortszeit verabredet. Hoffentlich erfahre ich dabei etwas darüber, wer versucht hat, mich umzubringen, und warum, und vielleicht bekomme ich auch Informationen über andere Dinge, die mir seit einiger Zeit Sorgen bereiten.«
    »Geh nur«, sagte sie, »und laß den Trumpf hier. Dann kann ich ihn benutzen, um zu spionieren, und wenn du plötzlich Hilfe brauchen solltest, dann bin ich zu Stelle, um sie zu leisten.«
    Ich streckte den Arm aus und drückte ihr die Hand. Dann bezog ich Stellung neben dem Tisch und konzentrierte meine Aufmerksamkeit.
    Nach einer Weile nahm die Szene Tiefe und Farbe an. Ich versenkte mich in die hervortretenden Strukturen, und alles kam auf mich zu, wurde größer, überflutete meine unmittelbare Umgebung. Mein Blick suchte die Wanduhr, an die ich mich erinnerte, rechts neben der Bar...
    21.48. Es hätte nicht knapper sein können.
    Jetzt sah ich die Gäste, hörte ihre Stimmen. Ich hielt Ausschau nach dem besten Platz für mein Auftauchen. Es gab eigentlich keinen am rechten Ende der Bar, in der Nähe der Uhr. Also gut...
    Ich war da. Versuchte so auszusehen, als ob ich schon die ganze Zeit über dagewesen wäre. Drei der Gäste wandten die Augen in meine Richtung. Ich lächelte und nickte. Bill hatte mich einem von ihnen am Abend zuvor vorgestellt. Einen der anderen beiden hatte ich bei der Gelegenheit gesehen, jedoch nicht mit ihm gesprochen. Diese beiden erwiderten mein Nicken, was den dritten offenbar zufriedenstellte und davon überzeugte, daß ich real war, da er seine Aufmerksamkeit sofort wieder der Dame in seiner

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