Amber-Zyklus 07 - Das Blut von Amber: der Titel
läßt.«
Sie lächelte, und für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, als ob sie auf mich zu schwankte. Es schien fast so, als ob sie von mir in die Arme genommen werden wollte. Doch wenn ich mich täuschte, benähme ich mich wie ein Tölpel, wenn ich es täte. Und unter den gegebenen Umständen wollte ich es mit ihr ohnehin nicht zu Vertraulichkeiten kommen lassen, da ich keine Ahnung hatte, welches Spiel sie trieb. Also erwiderte ich ihr Lächeln, streckte die Hand aus, um ihren Arm zu drücken, und sagte: »Danke.« Dann wandte ich mich ab. »Ich denke, ich werde mich jetzt mal um ein Bad kümmern.«
Ich begleitete sie zur Tür und ließ sie hinaus.
Es war ein gutes Gefühl, die Stiefel auszuziehen. Und es war ein noch viel besseres Gefühl, mich lange und ausgiebig im warmen Wasser aufweichen zu lassen.
Später schritt ich in frisch herbeigerufener Kleidung die Treppe hinunter und erspähte eine Seitentür, die von der Küche aus auf die Terrasse hinausführte. Vinta, ebenfalls gebadet und neu eingekleidet, in einer braunen Reithose und einer weiten beigefarbenen Bluse, saß an der Ostseite der Terrasse an einem Tisch. Zwei Gedecke waren dort aufgelegt, und ich sah eine Kaffeekanne und ein Tablett mit Obst und Käse. Ich ging dorthin, Blätter unter den Füßen zerdrückend, und setzte mich.
»Hast du alles zu deiner Zufriedenheit vorgefunden?« fragte sie mich.
»Vollkommen«, antwortete ich.
»Und hast du Amber über deinen derzeitigen Aufenthaltsort verständigt?«
Ich nickte. Random war etwas verstört gewesen, daß ich einfach aufgebrochen war, ohne ihm Bescheid zu sagen, doch andererseits hatte er nie verlangt, daß
ich das tun müsse. Er war jedoch weniger verstört, als er erfuhr, daß ich nicht allzuweit weg war, und er räumte schließlich sogar ein, daß ich vielleicht weise gehandelt hatte, im Anschluß an einen so überaus merkwürdigen Überfall zu verschwinden. »Sei auf der Hut, und halt mich auf dem laufenden«, waren seine letzten Worte gewesen.
»Gut. Kaffee?«
»Bitte.«
Sie goß mir eine Tasse ein und deutete auf das Tablett. Ich nahm einen Apfel und biß hinein.
»Die Dinge sind ins Rollen geraten«, bemerkte sie hintergründig, während sie für sich selbst eine Tasse einschenkte.
»Das läßt sich nicht leugnen«, bestätigte ich.
»Und deine Schwierigkeiten sind vielfältig.«
»Stimmt.«
Sie nippte an ihrem Kaffee. »Hast du Lust, mir davon zu erzählen?« fragte sie schließlich.
»Sie sind ein wenig zu vielfältig«, entgegnete ich. »Du sagtest gestern abend, daß auch du eine sehr lange Geschichte zu erzählen habest.«
Sie lächelte verhalten. »Sicher hast du das Gefühl, daß du mir zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als unbedingt nötig trauen solltest«, sagte sie. »Das verstehe ich. Warum solltest du jemandem trauen, wenn es nicht sein muß, während irgendeine Gefahr lauert, ein Geschehen, das du nicht ganz durchschaust? Habe ich recht?«
»Das leuchtet doch als gesunde Verhaltensweise ein, oder?«
»Doch ich versichere dir, daß dein Wohlbefinden mir sehr stark am Herzen liegt.«
»Siehst du in mir ein Mittel, um an Caines Mörder heranzukommen?«
»Ja«, sagte sie, »und weil sie auch zu deinen Mördern werden könnten, möchte ich sie gern erwischen.«
»Willst du damit sagen, daß der Wunsch nach Vergeltung nicht dein wichtigster Beweggrund ist?«
»So ist es. Es geht mir eher darum, einen Lebenden zu schützen, als einen Toten zu rächen.«
»Diese Betrachtungsweise ist jedoch rein akademisch, wenn es sich in beiden Fällen um dasselbe Individuum handelt. Glaubst du, daß es so ist?«
»Ich bin mir nicht sicher« sagte sie, »daß es Luke war, der dir gestern abend diese Männer nachgeschickt hat.«
Ich legte den Apfel neben die Tasse und trank einen großen Schluck Kaffee. »Luke?« fragte ich. »Welcher Luke? Was weißt du von einem Luke?«
»Lucas Reynard«, antwortete sie unbeirrt, »der eine Gruppe von Söldnern im wilden Pecos-Gebiet im nördlichen New Mexico ausgebildet und sie mit Munition bewaffnet hat, die in Amber detoniert, um sie dann alle nach Hause zu schicken, wo sie auf seinen Befehl zum Einrücken und zum Transport hierher warten - damit sie einen Versuch unternehmen, den dein Vater bereits vor vielen Jahren unternommen hat.«
»Ach, du Scheiße!« entfuhr es mir.
Das erklärte eine ganze Menge - zum Beispiel Lukes Auftauchen im Armeedrillich damals im Hilton in Santa Fe, als er mir die Geschichte aufgetischt hatte, daß
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