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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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meinem Zimmer hätte sie sich nie so verhalten. Ich gab nach.
    »Was wollte sie dir sonst noch beibringen?«
    »Wie man Bier trinkt. Das war so ekelhaft.«
    »Mir wollte sie zeigen, wie man küßt. Ich wußte schon, wie das geht, aber sie wollte es mir zeigen.«
    »Wie zeigen?«
    »Sie hat mich geküßt.«
    »Auf den Mund?«
    »Genau, und sie wollte ihre Zunge hineinstecken, aber ich ließ sie nicht.«
    »Sie wollte die Zunge hineinstecken?«
    »Bei Loris großem Mundwerk muß die ja wohl irgendwo hin.«
    »Wie fühlte sich das an? Gut?«
    »Da wir es ohne Zunge machten, war es schon in Ordnung.«
    »Zeig es mir auch«, sagte Katherine und brachte ihr Gesicht ganz nahe zu meinem.
    »Spitz die Lippen!« sagte ich und küßte sie. Sie saß da, als hätte sie gerade etwas gegessen, was sie noch nie zuvor probiert hat.
    »Wenn man einen Jungen küßt, hält es dann länger vor?«
    »Es hält dann stundenlang, tagelang, weil man sich da gegenseitig mit der Zunge die Zähne putzt.«
    »Lo!« rief Katherine entsetzt aus. »Küß mich länger, damit ich weiß, wie das ist.«
    »Aber nur ohne Zunge.«
    »Okay.«
    Wir küßten uns länger. Das war nett, aber sonst nichts. Sie lächelte. »Wie hat dir das geschmeckt?« fragte ich sie.
    »Einmal noch, komm, nur noch einmal.«
    »Kat, du bist verdorben.«
    »Stimmt gar nicht. Ich will mir einfach nur merken, wie es sich anfühlt.«
    »Weißt du das immer noch nicht?«
    »Bitte!«
    »Na gut.«
    An dieser Stelle hätte ich eigentlich nicht nachgeben sollen, Anne. Um ihr den Mund zu stopfen, gab ich ihr einen richtig dicken Saugkuß. Und genau in dem Moment ging die Türe auf und ihre Mutter platzte herein. Sie sagte kein Wort, schloß die Türe sofort wieder und ging den Gang hinunter. »O mein Gott, o mein Gott«, preßte Katherine hervor.
    »Du wolltest ja immer weiterküssen«, sagte ich, aber sie hörte mir gar nicht zu. Außer »O mein Gott« brachte sie nichts heraus.
    »Was passiert jetzt?« fragte ich, weil mich ihr Gezitter langsam auch in Panik versetzte.
    »Weiß ich nicht.«
    Wir saßen eine halbe Stunde lang nur so da und hörten gar nichts. Katherine lag wie gelähmt auf ihrem Bett, während es mir zu langweilig wurde und ich mich auf ihren Computerstuhl setzte und eine Zeitschrift durchblätterte, als sei nichts gewesen. Aber das schien ihr nicht zu helfen.
    Dann klopfte es an der Tür, und ihre Mutter sagte »Katherine?«, bevor sie eintrat. »Dein Vater hat sich bereits hingelegt. Lolas Bett habe ich auf der Couch hergerichtet. Sagt Gutnacht.«
    »Darf Lo nicht bei mir schlafen?«
    »Du weißt, was wir ausgemacht hatten?« Ein Blick auf Katherine genügte, um zu wissen, daß sie nicht die geringste Ahnung hatte, wovon die Rede war. Dann sagte sie mit rabenschwarzer Miene »Okay« und sah dabei aus, als wolle sie sterben. »Weiß Lola, wo das Bad ist? Und hat sie alles, was sie braucht?« fragte Katherines Mutter. Katherine nickte nur. »Gut, dann sagt euch Gutnacht.« Ich nahm meinen kleinen Rucksack und folgte ihrer Mutter ins Wohnzimmer, wo Laken und Decken auf dem Sofa ausgebreitet waren. »Danke«, sagte ich. Ihre Mutter nickte nur leicht und ging.
    Ein paar Minuten saß ich nur so da, stand dann auf und ging in den Flur und zum Bad. Als ich abschließen wollte, fiel mir auf, daß das Schloß fehlt und an seiner Stelle ein Loch ist. Ich stopfte Klopapier in das Loch und schloß die Tür. Während ich mir die Zähne putzte, hielt ich mit einem Fuß die Tür zu, damit niemand hereinplatzen konnte. Ich weiß nicht genau, warum da jemand hätte kommen sollen, aber so habe ich es gemacht. Kaum fünf Stunden in deren Wohnung, und schon verwandelte ich mich auch in eine ebenso verrückte Person wie die.
    Ein Pickel an meinem Kinn lenkte mich ab; ich versuchte ihn auszudrücken und werkelte fünf Minuten vor dem Spiegel herum. Nachdem ich mir das Gesicht gewaschen hatte, hockte ich mich auf die Toilette, um zu pinkeln. Ich setzte mir gerade einen neuen Tampon ein, um ganz sicher zu gehen, als ich sah, daß das Klopapier nicht mehr im Loch steckte. Und auf dem Boden lag es auch nicht, Anne! Ich stand sofort auf und ging zur Tür, machte sie auf und sah auf den Gang, aber: keiner da. Es war dunkel. Das Licht war aus, vom Bad und vom Wohnzimmer abgesehen. Ich hörte Katherine stöhnen, als habe sie einen schlechten Traum. Fast wäre ich hineingegangen zu ihr, um nachzusehen, wie es ihr geht, weil ich ja wußte, daß sie nicht zusperren kann. Aber dann hatte ich doch Angst

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