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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Erschossenen hätte gegen meines gedrückt worden sein können, so nachhaltig hatte es sich mir eingeprägt. Ich hatte das Gefühl, als lohte mein Gehirn in Weißglut; dem Polizeihauptmann knickten die Knie ein, als erlitte er, weil ihn infolge seiner Tat Gewissensbisse überwältigten, einen Schwindelanfall. Keinerlei Schuld trübte seine Seele. Die Oberschwester stützte ihn, als er zu stürzen drohte.
    »Joanna«, sagte Lester, rüttelte an mir. »Nicht.«
    Einen Moment lang verharrte der Polizeihauptmann in völliger Reglosigkeit; dann schüttelte er den Kopf und stapfte weiter. Wir überholten ihn und die Oberschwester, zählten die Aufzüge der rechten Seite ab, bis wir vor dem fünften Lift standen. Während die Türflügel auseinanderglitten, die schneeweißen Wände der Kabine enthüllten, fragte ich mich, ob wir den Weg entdeckt haben mochten, auf dem wir mehr erreichen könnten, als wir uns je erhofft, es je befürchtet hatten. »Was ist los, Joanna?« fragte Avi.
    »Es ist einfach abscheulich hier«, sagte ich. »Dieses Haus weckt in jedem die schlechtesten Eigenschaften, vermute ich …«
    »Die Leute hätten nichts, würden sie's nicht selber verschulden …«
    »Avi, halt bloß den Mund!« Wir fuhren hinauf; ich betrachtete Lester, der dicht neben mir blieb, genau wußte, was ich empfunden hatte und noch empfand. »Es gab keinen Grund für das, was er getan hat …«
    »Der Polizeihauptmann?« fragte Avi. »Aus seiner Sicht muß ein Grund vorhanden gewesen sein. Manchmal verlieren Menschen einfach die Geduld, sonst nichts.«
    »Sogar göttliche Rache ist alles andere als heilige Vergeltung«, sagte Lester, ergriff meine Hand. »Vergiß das nicht.«
    »Wir müssen vorsichtig sein«, sagte Avi, zückte aus dem Sakko die Brieftasche und hob sie aufgeklappt hoch, damit man sofort den Dryco-Dienstausweis erkennen konnte. »Stellt euch hinter mich, aber in die Ecken, damit man euch sieht. Haltet die Arme mit den Handflächen nach vorn.«
    Die Aufzugkabine hielt, die Tür öffnete sich. »Dryco«, rief Avi laut, streckte die Brieftasche vorwärts, als böte sie tatsächlichen Schutz. Ein hochgewachsener Mann in blauer Uniform hatte etwas vor dem Wanst baumeln, das an ein Salvengeschütz erinnerte, richtete die Waffe auf Avis Zwerchfell. Ein jüngerer Mann kam heran, nahm Avi die Brieftasche aus der Hand, lächelte dabei, als pflückte er den letzten, makellosen Herbstapfel vom Baum.
    »Geht klar«, meinte er zu dem Bewaffneten, gab Avi, indem er unentwegt lächelte, die Brieftasche zurück. Ich besah mir die Waffe des anderen Wächters genauer, obwohl ich von Schußwaffen nur wußte, was ich bei im Einsatz erlebten Exemplaren schon hatte beobachten können. Das Ding ähnelte einem Halbdutzend zusammengeschweißter, mit zwei Handgriffen ausgerüsteter Gewehre.
    »So etwas führen Sie in einem Krankenhaus?«
    »Hat höhere Feuerkraft«, sagte der Wächter. »Man muß ja ordentlich was heimgeigen können.«
    »Wir möchten zu Jensen«, sagte Avi. »Ein Fall von Permanenter Hyperfunktion. Er ist hier abgeliefert worden. In welchem Zimmer liegt er, und wo finden wir's?«
    »Dreihundertachtundzwanzig«, antwortete der Mann, holte Plaketten mit dem Firmenlogo auf waldgrünem Hintergrund aus der Tasche, teilte sie an uns aus. »Bei PH sind höchsten dreißig Minuten Besuchszeit erlaubt. Sie sollen keiner Reizüberflutung ausgesetzt werden.«
    »Wir haben nichts dergleichen vor«, beteuerte Avi, steckte sich die Plakette ans Revers. Der Wächter betätigte einen Knopf, und ein Summer ertönte; eine Stahltür entschwand in einen Schlitz in der Decke. Die Wände des Flurs, den wir dahinter erblickten, hatte man in Hellblau gestrichen; ins Blau gekleckste, weiße Tupfer mit verwaschenen Rändern sollten wohl, soweit ich ihren Sinn durchschaute, Wolken darstellen.
    »Was meinst du mit Permanenter Hyperfunktion?« fragte ich Avi.
    »Die Bezeichnung bezieht sich auf seine Verfassung«, sagte er. »Man schätzt hier eine präzise Terminologie. Es ist gut, man kennt und verwendet einschlägige Fachausdrücke.«
    »Was war das für eine Schußwaffe?« wollte Lester erfahren.
    »Eine Terminator-Orgel«, erklärte Avi. »Sechs Zwanzig-Millimeter-Magnum-Läufe nach dem Gatling-Rotationsprinzip montiert. Verschossen wird Hohlladungsmunition im Einzelfeuer. Zusätzlich verspritzt ein in der Mitte angeordnetes Rohr Salzsäure.«
    »Seit wann kennst du dich mit Knarren aus?« fragte ich.
    »Man lernt dazu.« Eine Gruppe Ärzte

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