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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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wenn du sie hörst?«
    »Engel«, sagte Lester. »Millionen Engel, die rumfliegen.«
    »So etwas stelle ich mir ja schlimmer als Mücken vor«, bemerkte Bernard. »Du hast jetzt keine Schwierigkeiten, das Wohnzimmer zu sehen, oder?« Offenbar hatte Lester damit keinerlei Probleme: Er schüttelte den Kopf.
    »Der Hund döst im Korb. Deine Schwester ist in ihrem Zimmer. Mama liegt im Bett. Papi berät sich mit himmlischen Geistern. Alles in der Welt steht bestens. Was tust du? Liest du etwas?«
    Avi kniete hin, schob ein Buch über den Fußboden; es schlitterte bis unmittelbar vor Lesters Füße. Sobald er es sah, streckte er einen Arm aus und hob es auf. Schweiß hatte sein Haar durchfeuchtet.
    »Du bist für dein Alter ein eifriger Leser, habe ich erfahren. Was liest du gerade?«
    »Erzählungen«, sagte Lester, der sich den Buchumschlag besah. »Edgar Allan Poe.«
    »Gute Abendlektüre. Ist das kein fürchterlich schwieriges Buch für einen Jungen deines Alters?«
    »Mir gefällt's«, sagte Lester. »In der Schule behaupten sie, es wär für mich zu schwierig. Ist's aber nicht. Papi findet's gut, daß ich viel lese.«
    »Vermutlich hat deine Mutter eigene Ansichten.«
    »Früher fand sie's auch richtig«, lautete Lesters Antwort. »Sie sagt, Papi treibt mich an. Daß er jeden antreibt.«
    »Antreiberei wird irgendwann zum Zwang, nicht wahr?«
    »In letzter Zeit haben sie viel gezankt.«
    »Weshalb?«
    »Wegen allem.«
    »Um Religiöses? Um Gott?« Lester nickte. »Haben sie nicht beide anfangs an ein und denselben Gott geglaubt?«
    »Doch.«
    »Dein Vater ist episkopalkirchlicher Priester?« Erneut nickte Lester. »Ursprünglich haben sie gemeinsam an einen Gott der Liebe geglaubt? Und jetzt glaubt deine Mutter an einen Gott des Zorns? Tja, jedem das seine. Verkompliziert die Sache überflüssigerweise, würde ich sagen. Wie hat dein Vater einmal deine Mutter bezeichnet, Lester? Du kennst dich doch mit ungewöhnlichen Wörtern aus, du kannst es wiederholen. Was hat er ihr nachgesagt?«
    »Charisma.«
    »Klingt wie eine Krankheit, nicht?« fragte Bernard. »Wie ein Fremdwort für Tollwut. Gott beißt die Gläubigen und läßt sie dann mit Schaum vorm Mund allein. Papi hielt davon wenig, was?«
    »Ich mag's nicht, wenn sie sich streiten.«
    »Betest du abends zu Gott, er möchte dafür sorgen, daß sie damit Schluß machen?« Lester nickte abermals, senkte anschließend den Kopf zurück auf die Knie, als wäre das Gewicht des Schädels zu hoch, um es ohne Stütze zu tragen. »Manche Gebete erhört Gott. Wie ist übrigens das Wetter?«
    »Es hat gegossen.«
    »Ich nehme an, du sprichst von Regen. Was man so Wolkenbruch nennt, ja? Wie spät ist es jetzt? Siehst du die Standuhr? Neben der Tür zum Zimmer deiner Schwester? Wieviel Uhr ist es?«
    »Halb drei.«
    »Da kommt deine Schwester«, rief Bernard. »Siehst du sie?«
    »Nein«, sagte Bernard, verbarg das Gesicht. »Hör auf.«
    Bernard seufzte und kramte ein Foto aus den Papieren, hielt es sich vor die Augen, während er weiterredete. »Du siehst sie.«
    Vorsichtig gab Avi einer der Schaufensterpuppen einen Schubs; sie rollte auf gut geölten Rädern auf Lester zu und kam unweit der Stelle, an der er hockte, zum Stehen.
    »Aufhören«, sagte Lester, hielt nach wie vor die Augen verdeckt.
    »Hast du deine Schwester denn nicht lieb?« fragte Bernard. »Du hast sie doch lange nicht gesehen. Du hast nicht vergessen, wie sie aussieht. Ein mageres, kleines Mädchen. Aber größer als du. Glatte braune Haare und Zahnklammer. Grüne Augen. Du siehst sie genau vor dir.«
    »Hör auf!« schrie Lester.
    »Du bist ja schon ein ziemlich großer Bub, Lester. Es wird bestimmt gutgehen …«
    »Lassen Sie's gut sein, Bernard«, verlangte ich. »Sehen Sie nur, was Sie da anrichten. Beenden Sie diese …«
    Thatcher packte mich am Arm, zog mich näher zu sich hinüber. Lester hob den Kopf und schaute die Puppe an, lächelte trotz Tränen. »Bets …«, sagte er; damit schwand das Lächeln. »Betsy. Sag doch was …!«
    »Kann sein, die Katze hat ihre Zunge gefressen«, scherzte Bernard. »Sie möchte wissen, ob du Hunger hast, Lester. Sie macht dir zu essen, was du haben willst. Bist du hungrig?« Lester schüttelte den Kopf. »Was hat sie an?«
    »Einen weißen Pullover«, sagte Lester. »Eine blaue Jeans. Segeltuchschuhe mit rosa Schnürsenkeln.«
    Bernard schmunzelte. »Einen ausgeprägten Blick für Details hast du entwickelt. Was macht sie dir normalerweise am Wochenende zum

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