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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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erhielt die Arbeitskraft vierzig Cents netto pro Stunde.
    »Wo möchtest du sprechen?« fragte mich Avalon; sie hatte Jimmys Mantel geborgt und zugeknöpft. Er reichte bis zum Boden.
    »Am anderen Ende, wo wir allein sein können.«
    »Die Leute können uns nicht hören«, sagte sie. »Sie achten ohnedies nicht auf uns.«
    Ich rieb meine Hände aneinander, sie zu wärmen; lieber hätte ich sie an Avalon gerieben. Jeder Datenverarbeiter saß in einer kleinen, halboffenen Kabine, den Blick auf den Bildschirm gerichtet, Kopfhörer über den Ohren, während die Finger über die Tastatur glitten. Über einem der Abteile blinkte ein rotes Licht. Einer der Instandhaltungsroboter rollte hinüber und sperrte den Stock auf, in den die Füße der jungen Frau geschlossen waren. Dann führte er sie durch den Raum zur Toilette; ihr weißer Stock half ihr, den Weg zu ertasten. Das System hatte Schwachstellen; einige Angestellte verloren den Verstand – sie wurden gefeuert –, und manche erblindeten. Diejenigen, deren Finger die richtigen Zeichen verfehlten, bekamen Tastaturen in Blindenschrift, deren Kosten ihnen vom Lohn abgezogen wurden.
    »Was also gibt es?« fragte sie, als wir das andere Ende des Raumes erreicht hatten. Ich erzählte ihr, was Mister Dryden gesagt hatte.
    »Was meinst du?« fragte ich schließlich.
    »Hört sich wundervoll an«, sagte sie, ohne zu lächeln.
    »Ja …«
    »Ein Rauchvorhang von Worten«, flüsterte sie, »und dahinter ein Haufen Scheiße.«
    »Das finde ich nicht.«
    »Ich traue ihm nicht«, sagte sie.
    »Ich weiß.«
    »Du traust ihm?« fragte sie. »Warum?«
    »Ich kenne ihn länger. Heute sprach er zu mir, wie er es früher zu tun pflegte.«
    »War er vernünftiger als sonst in letzter Zeit?«
    »In mancher Weise, ja.«
    »In einer Weise, die dir nützen kann?«
    »Die uns nützen kann.«
    »Oder zu nützen scheint, nicht? Wie, wenn es bloß den Zweck hätte, uns hereinzulegen?«
    »Warum sollte er das tun?«
    »Warum tut er, was er tut? Und warum tut sein Vater, was er tut? Sie sind beide total übergeschnappt.«
    Ich mochte das noch immer nicht zugeben, aus welchem Grund auch immer. »Ich weiß«, sagte ich.
    »Und du denkst, er sei weniger verrückt als sein Vater?«
    »Sagtest du nicht vor ein paar Stunden, daß du etwas unternehmen würdest, wenn ich es nicht täte?«
    »Ja.«
    »Was?« fragte ich. »Was willst du tun?«
    Sie lehnte sich an die Wand, verschränkte die Arme auf der Brust.
    »Wenn er es auf uns abgesehen hat«, fuhr ich fort, »wird er uns kassieren, so oder so. Aber wir werden zusammen sein. Nicht wahr?«
    Ihre Augen leuchteten auf; ich beschloß offener als bisher zu sein – eine passendere Gelegenheit würde sich kaum bieten.
    »Ich liebe dich«, sagte ich. Das hatte ich bisher noch nie zu jemandem gesagt, aber es drückte die Gefühle aus, die ich für sie empfand, seit ich sie zuerst gesehen hatte. »Wenn er es ehrlich meint, werden wir eine Zeitlang zurechtkommen. Vielleicht mehr als das. Alle beide.«
    Sie nickte, ließ die Arme sinken.
    »Was auch geschehen mag, wir werden zusammen sein. Möchtest du das nicht? Wenn du es nicht willst …«
    Sofort legte sie die Arme um mich und drückte mich fest an sich. Ich fühlte, wie die Knochen in meinem Rücken knackten, als sie drückte, hob die Hände zu ihrem Gesicht und streichelte beide Seiten.
    »Ich traue ihm nicht«, sagte sie. »Wir sollten uns bereithalten, beizeiten das Weite zu suchen.«
    »Gemeinsam.«
    »Auf Gedeih oder Verderb, Schamlos«, sagte sie.
    »Zusammen«, sagte ich. »Du bist dabei?«
    »Sag mir, was zu tun ist«, sagte sie. Wir gingen zurück zum Aufzug, ganz geschäftsmäßig und korrekt, während ich ihr Stichworte zuflüsterte. An beiden Enden des Raumes gingen rote Blinklichter an, und Instandsetzungsroboter rollten dahin und dorthin. Samstag, dachte ich. Nach den langen Stunden des morgigen Tages sollten wir uns nie mehr lebend trennen.
     

4
    B EVOR ICH GING , zog ich meine hohen schwarzen Schnürstiefel, dunkle Hosen, eine Trainingsbluse und darüber meinen Krylarmantel an. Ich verließ das Gebäude um acht – Mister Dryden und Avalon waren noch in ihrer Stadtwohnung im einhundertsten Stock, und so konnte ich ungehindert umherstreifen. Ich steckte meine Scheckkarte ein und ging hinaus. Diese Woche gab es eine Prämie; nicht soviel, wie ich erhofft hatte – soviel war es nie. Meine Arbeit für Mister Dryden brachte mir im Jahr viertausend Dollar ein. Enid und ich, die gemeinsam ein

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